Eine unheimliche Mischung aus Tuten, Bremsen und Quietschen ließ die Luft erzittern. „Es hörte nicht auf“, berichtet Meike-Corina Kühne-Schmitthausen, die es sich am Mittwochabend (31.7.) bei offenen Fenstern in ihrem Wohnzimmer in Schwerte bequem gemacht hatte.
Dabei liegt ihr Grundstück mehrere hundert Meter weit entfernt von der Eisenbahnstrecke nach Fröndenberg und Kassel, abgeschirmt durch etliche Straßenzüge der Gänsewinkel-Siedlung. Trotzdem fragte ihr Mann Thomas Schmitthausen erschrocken: „Fährt die Lok durch unseren Garten?“
Feuerball umlodert Maschine
Zum Glück nicht. Riesige Rauchschwaden hinter sich herziehend, war der in Brand geratene Bauzug auf den Gleisen zum Stehen gekommen, die hinter den Häusern der Straße „Am Sohlenkamp“ entlangführen. Aus ihrem Fenster im Obergeschoss wurde Tochter Henriette Kühne vom Ausmaß der Wolke aufgeschreckt. Mit ihrer Mutter machte die Profi-Fotografin sich auf den Weg, um die Lage zu erkunden. In gebührendem Abstand blieben die beiden stehen. So respektvoll mächtig umloderte der Feuerball, der immer wieder aufgeflackert habe, die Maschine.

„Der ganze Gänsewinkel war in Aufruhr“, berichtet Meike-Corina Kühne-Schmitthausen. Ein Feuerwehrfahrzeug nach dem anderen sei mit Blaulicht in der Straße „Am Sohlenkamp“ vorgefahren. Um 21.31 Uhr – so Einsatzleiter Christoph Elosge – seien die Retter mit dem Stichwort „Brennende Lok auf Bahngleisen“ alarmiert worden. Die starke Rauchentwicklung hätten auch sie schon bei der Anfahrt deutlich sehen können. Ein Arbeitszug, der zur Instandsetzung von Bahngleisen eingesetzt wird, habe in voller Ausdehnung gebrannt.

Nur über die Grundstücke und Gärten der Anwohnerinnen und Anwohner konnten die Feuerwehrleute zu dem Einsatzort auf dem rund vier Meter hohen Bahndamm vordringen. Erschwerend kam hinzu, dass sie sich für den steilen Aufstieg zunächst mit Kettensägen einen Weg durch wild wuchernde Brombeeren, Sträucher und Brennnesseln bahnen mussten.
Dann konnten fünf Mitarbeiter des Bauzugs, die sich selbstständig vor den Flammen in Sicherheit gebracht hatten, nach unten begleitet werden. Untersuchungen durch den Rettungsdienst gaben Entwarnung: Die Männer seien unverletzt gewesen, so Christoph Elosge.

Mit Scheinwerfern ausgeleuchtet
Wegen der einsetzenden Dunkelheit musste der finstere Unglücksort mithilfe von Teleskopmasten und des Scheinwerfers der Drehleiter ausgeleuchtet werden. Erst nachdem die Leitstelle der Deutschen Bahn per Fax bestätigt hatte, dass die Strecke gesperrt war, konnten die Retter das Gleisbett betreten.
Mit Wasser aus zwei C-Rohren und einem Schaumrohr bekämpften sie die Flammen aus dem Zug, der 2.000 Liter Hydrauliköl und 1.500 Liter Diesel mit sich führte. Deshalb wurde auch die Untere Wasserbehörde hinzugezogen. „Um 23.35 Uhr war das Feuer aus“, sagt Christoph Elosge. Eine knappe halbe Stunde später sei die Einsatzstelle an die Notfallmanagerin der Bahn übergeben worden.

„Um 0.13 Uhr waren die Gleise wieder frei“, ergänzt Bundespolizei-Pressesprecherin Pia Leonhardt. Auf einem Nachbargleis konnten die Züge wieder langsam und auf Sicht an dem Bauzug namens „Bremen“ vorbeifahren, der einem externen Bauunternehmen gehört.
Seine Aufschrift verriet weiter, dass es sich um eine sogenannte Gleis- und Weichenstopfmaschine „Unimat“ handelte, mit der der Schotter unter den Schienen verdichtet wird. Die gut 33 Meter lange und 132 Tonnen schwere Maschine wurde am Donnerstagmorgen (1.8.) abgeschleppt und ein paar hundert Meter weiter auf einem Nebengleis des ehemaligen Bahnhofs Schwerte-Ost abgestellt. Techniker, Gutachter und der Ermittlungsdienst der Bundespolizei wollten sie unter die Lupe nehmen.
Für einige offenbar zu nah ans Geschehen drängelnde Schaulustige musste die Bundespolizei Platzverweise erteilen, damit die insgesamt 37 Feuerwehrleute ihre Arbeit ungestört leisten konnten. Herbeigeeilt waren sie von der Hauptamtlichen Wache und dem Rettungsdienst an der Lohbachstraße, von den Löschzügen Schwerte-Mitte und Westhofen sowie von der Löschgruppe Geisecke.
