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„Falscher Polizist“ (22) aus Schwerte packt aus: So agieren die Banden hinter den Kulissen
Landgericht Hagen
Das Schweigen ist gebrochen: Im Prozess gegen vier Schwerter (19, 20, 22 und 44), die als „falsche Polizisten“ deutschlandweit Senioren betrogen haben sollen, gab es am Montag Geständnisse.
Mit ausführlichen Geständnissen ist am Hagener Schwurgericht der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer Bande von „falschen Polizisten“ fortgesetzt worden, die bundesweit zahlreiche Senioren um ihre Ersparnisse gebracht haben soll. „Wir hatten nur das Geld im Kopf“, gab ein 22-jähriger Angeklagter aus Schwerte zu.
Nachdem sein Verteidiger Boris Strube vorweggeschickt hatte, dass der Schwerter stets als Fahrer fungiert und ein volles Geständnis ablegen werde, schilderte der Angeklagte selbst anschließend als erster ausführlich die Abläufe der perfiden Taten zulasten älterer Damen und Herren.
Der erste Kontakt zu den Hintermännern der Betrügerbande in der Türkei sei per Video-Chat erfolgt. Danach seien er und seine mitangeklagten Freunde sofort Feuer und Flamme gewesen, sich durch vorgetäuschte Hilfsdienste unter dem Deckmantel von „falschen Polizisten“ Geld für ausschweifende Zocker- und Drogennächte im Spielcasino hinzuverdienen zu können.
„Das war sozusagen wie Arbeit“
Erst im Nachhinein sei auch ihm als Fahrer klar geworden, dass das abwechselnd von seinen mitangeklagten Freunden in Taschen abgeholte Geld von schamlos ausgenommenen Senioren stammte.
Die Auszahlung des Beute-Anteils zwischen 500 und 1500 Euro habe anschließend der älteste Angeklagte (40) aus Schwerte übernommen. Bei dem größten Betrugs-Coup mit rund 162.000 Euro in Hamburg, habe er sogar einmal 5000 Euro kassiert. „Das war für mich sozusagen wie Arbeit. Wir waren einfach nur Läufer, einfach nur Idioten, die von A nach B gefahren sind“, erklärte der 22-Jährige. „Ich war einfach blind von dem Geld.“
Hintermänner agierten aus der Türkei
Laut Anklage haben sich die Angeklagten zwischen April und Dezember 2018 immer wieder vor zuvor aus der Türkei angerufenen Senioren als Polizisten ausgegeben und insgesamt Ersparnisse in Höhe von 260.000 Euro zur vermeintlichen Sicherung vor kriminellen Bank-Mitarbeitern abgeholt.
Zwei der Angeklagten nannten den Hagener Richtern am Montag die drei Vornamen der anrufenden Hintermänner, die sie nach eigenen Angaben am Rande von Heimatbesuchen auch einmal persönlich kennengelernt hatten. „Das läuft dort wie ein Callcenter“, berichtete einer der Angeklagten.
Der jüngste Angeklagte berichtete zudem, dass er zuletzt von den Hintermännern massiv unter Druck gesetzt worden sei. Auch der 19-Jährige gab zu, sich als Abholer für einen „Hauptkommissar“ ausgegeben zu haben. „Ich schäme mich und habe gar nicht realisiert, wo ich da reingeraten bin.“
Die Hagener Richter halten nach einer vorläufigen Einschätzung allenfalls für zwei der vier Angeklagten noch eine Bewährungsstrafe für möglich.
Der Prozess wird fortgesetzt.