Die Ära Frauenpower endet Eveline Berretta gibt Hauptrolle bei der Volksbühne Ergste ab

Eveline Berretta gibt Hauptrolle bei der Volksbühne Ergste ab
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Gleichberechtigung einmal andersherum. Fast drei Jahrzehnte lang lag der Vorsitz der Volksbühne Ergste in Frauenhänden. Jetzt haben zwei männliche Vereinsmitglieder das Ruder übernommen, nachdem Eveline Berretta (71) bei der Jahreshauptversammlung nicht mehr zur Wiederwahl angetreten war.

„Ich habe es unheimlich gerne gemacht“, sagt die 71-Jährige. Aber angesichts der immer aufwendiger werdenden Organisationsarbeit sei die Überzeugung gereift: „Das können mal andere machen.“

Angefangen als Zuschauerin

Es war im Januar 2010 gewesen, als die Mitglieder der Volksbühne Ergste Eveline Berretta einstimmig zur 1. Vorsitzenden und Nachfolgerin der zuvor anderthalb Jahrzehnte amtierenden Lilo Bothe gewählt hatten. Ein großer Vertrauensbeweis für die Schwerterin, deren Karriere als Zuschauerin begonnen hatte, um die Auftritte von Sohn und Schwiegertochter zu erleben. Die nahmen sie irgendwann zur Seite und fragten: „Willst du nicht eintreten? Reden kannst du doch!“

Volksbühne Ergste in der Rohrmeisterei
Pickepackevoll war die große Halle 3 der Rohrmeisterei immer bei Gastspielen der Volksbühne Ergste, hier bei der Aufführung des Lustspiels „Seitensprünge“. © Bernd Paulitschke (A)

Es dauerte nicht lange, da stand Eveline Berretta schon oben auf der Bühne. „Ich habe drei Rollen gehabt“, erinnert sie sich an die ersten Schritte. Die schönste sei die der todernsten Leiterin eines Altersheims gewesen. So stand es im Drehbuch.

Aber das war absolut nicht einzuhalten, wenn die älteren Menschen beim Frühstück so lustige Sachen machten. Überzeugend gespielt war die Aufführung trotzdem, die mit einem Ohnmachtsanfall endete: „Meine neunjährige Enkelin fragte anschließend: Bist du wirklich in Ohnmacht gefallen?“

Nach der Wahl zur 1. Vorsitzenden war für die Laienspielerei leider keine Zeit mehr. Zusätzlich jeden Mittwochabend zu den Proben zu kommen, sei einfach zu viel gewesen. Nur ein einziges Mal in den 13 Jahren sahen die Zuschauer Eveline Berretta noch in einem Kostüm. Sie sprang ein, weil eine Mitspielerin krank geworden war: „Im dritten Akt in einer kleinen Rolle. Ich habe nur vier, fünf Sätze gesagt.“ Aber das blieb durch die Schminke unvergessen, die aus der sonst eleganten Schwerterin einen Punk machte.

Vor bis zu 400 Zuschauern

„Bei der Organisation hatte ich immer sehr gute Unterstützung von anderen Vorstandsmitgliedern“, berichtet Eveline Berretta. Auch die Verhandlungen mit der Stadt Schwerte seien stets „super“ gewesen. Als diese ihren Giebelsaal im City-Center aufgab, zog die Volksbühne um in die Rohrmeisterei.

Die Gastspiele vor bis zu 400 Leuten seien dort „immer das Highlight“ gewesen. Die Vorsitzende genoss das Bad in der Menge, wenn sie ihre Zuschauer bei der Kartenkontrolle am Eingang persönlich begrüßen konnte. Um die gediegene Deko auf den Tischen hatte sie sich vorher gekümmert.

Eveline Berretta, Volksbühne Ergste
Vor der Premiere von „Treppenhaustratsch“ begrüßte Eveline Berretta die Besucher als Vorsitzende. Bald könnte sie wieder als Spielerin auf der Bühne zu erleben sein. © Bernd Paulitschke (A)

Wenn etwas benötigt wurde: Die Vorsitzende fand immer einen Weg. „Mein großer Vorteil ist, dass ich in Schwerte geboren bin und sehr viele Leute kenne.“ In die Programmgestaltung mischte sie sich aber niemals ein: „Die Spielleitung sucht die Stücke aus.“

Dominierten anfangs noch traditionelle Bauernschwänke, so standen später auch modernere Stoffe auf dem Plan. Diese Richtung würde sich Eveline Beretta auch für die Zukunft wünschen, um jüngere Leute anzusprechen und zum Mitmachen zu begeistern. Von den derzeit 105 Vereinsmitgliedern seien etwa 25 bis 30 aktiv. Neben jungen Mitstreitern könne man aber auch die 50- bis 60-Jährigen gut gebrauchen, die sich meistens zurückhalten, weil sie noch mitten im Arbeitsleben stehen.

Rückkehr auf die Bühne offen

Wenn sich der Vorhang künftig öffnet, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Besucher plötzlich Eveline Berretta vor sich sehen. „Ich habe zu meinem Sohn gesagt: Wenn sie ein Stück für den Herbst aussuchen, vielleicht gibt es dann ein Stück, wo ich eine kleine Nebenrolle spielen könnte.“ Nur die Führungsrolle, die übernehmen jetzt ihre Nachfolger Rainer Hartmann und Marc Gutknecht: „Ich bin der Überzeugung: Die schaffen das.“

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