Wie oft ihr Kinderaugen an den Lippen klebten, wenn sie in der Altstadt die schaurigen Sagen vom untreuen Nachtwächter oder von der Weißen Frau erzählte, hat Annette Ernst nie gezählt. Zehn Jahre lang führte sie bis zum Frühling als Laternenfrau von Schwerte Besuchergruppen entlang des Laternenpfades, der mit seinen Scherenschnitten ihre Worte bildlich machte.
Kein Wunder, dass ihr die historisch anmutenden Leuchten rund um den Marktplatz dabei ans Herz gewachsen sind. Umso mehr traf es sie, als die ersten von ihnen plötzlich verschwunden waren. Darunter war zwar noch keine, die eine Lücke in den Sagenweg gerissen hätte. Aber die Maßnahme kündigt die bevorstehende Umgestaltung des Marktplatzes an, die auch den übrigen verschnörkelten Leuchten ihren Standort streitig macht.
Der Anfang wurde am Dienstag (8.11.) auf dem kleinen Marktplatz gemacht. „Es ist so schrecklich“, klagt Annette Ernst, nachdem sie erleben musste, wie dort ein halbes Dutzend der Altstadtlaternen auf der Seite zur Hagener Straße hin abmontiert worden sei. Mitarbeiter eines Elektro-Installationsbetriebs hätten sie abgeschraubt. Wie sie erfuhr, sollten die Gehäuse dort gesäubert und eingelagert werden.
Vorbereitung für Abriss
„Was mit den Lampen passiert, wissen wir noch nicht“, sagt Stadt-Pressesprecher Ingo Rous auf Anfrage. Sie seien als vorbereitende Maßnahme entfernt worden, weil die unansehnlichen Arkaden des früheren Trümmerschutzes auf dem kleinen Markt „relativ kurzfristig“ abgerissen werden sollen. Diese Mauern waren Ende der 1970er-Jahre gebaut worden, als die Tiefgarage unter dem Marktplatz ursprünglich als Atombunker ausgestattet wurde.
Jetzt erinnern in ihrem Beton nur noch einige Bohrlöcher an die Stellen, wo dort Lampen angeschraubt waren. Komplett dunkel ist der kleine Marktplatz dadurch nicht. An der Rückwand des Wohn- und Geschäftshauses auf der gegenüberliegenden Seite ist die Beleuchtung geblieben.

Ebenfalls ausgebaut wurden zwei Strahler in Baumscheiben vor dem City-Centrum auf dem großen Markt. Das sei ebenfalls eine vorbereitende Maßnahme, berichtet Ingo Rous. Denn dort stünden zwei Linden, die für die Neugestaltung des Platzes umgesetzt werden sollen.
Laternen zum Kaufhold-Weg
Ähnliches ist mit den Laternen des Sagenpfades geplant, die am Rande des Marktplatzes in Richtung des Schuhhauses Hanna führen und humorvoll erzählen, wie St. Viktor zu seinem schiefen Turm gekommen ist. Es habe zu dem Thema ein Treffen von Vertretern der Stadt und des Heimatvereins gegeben, sagt Ingo Rous weiter. Dabei sei darüber gesprochen worden, den Lampen einen neuen Standort am benachbarten Norbert-Kaufhold-Weg und an der Kötterbachstraße zu geben: „Bei uns hat sich der Eindruck verfestigt, damit könnte man auch leben.“

Glücklich ist Annette Ernst allerdings noch nicht mit dieser Lösung. „Wir hoffen immer noch, dass der Laternenpfad auf dem Markt bleibt“, sagt sie. Am angedachten neuen Standort sei er doch „nur halb so schön“.

Tatkräftige Hilfe und Unterstützung bei der Umlegung des Laternenpfads wollen die Stadtwerke leisten, die bereits bei dessen etappenweiser Realisierung – Seite an Seite mit der Sparkasse – als Sponsor mitgewirkt hatten. „Ich habe schon mit der Technik gesprochen, um die Bildchen zu retten“, erklärt Unternehmenssprecherin Michaela Zorn-Koritzius.
Sie sollten erhalten bleiben mit dem Ziel, dass der Rundweg wieder möglich werde. Dafür hat sie auch schon mit dem Stadtmarketing Kontakt aufgenommen. Denn dort müssen nach der Verlegung des Pfads die Broschüren neu gedruckt werden, die Stadtbesuchern den Weg entlang der sagenhaften Leuchten weisen. „Der Rundweg ist so eine tolle Touristen-Attraktion“, weiß Annette Ernst.
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