Geistesblitz von Gernot Folkers Erstes NRW-Bürgerbegehren rettete 1994 das Elsebad in Schwerte

Geistesblitz von Gernot Folkers: Bürgerbegehren rettete 1994 das Elsebad
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Das „Laternchen“ gibt es nicht mehr. Schon seit Jahren ist die Traditionskneipe an der Mährstraße in Schwerte geschlossen; heute ist dort die Boutique „Select“ zu finden. Doch die Gesichtszüge von Dr. Gernot Folkers beginnen immer noch zu strahlen, wenn er sich dem schmucken Jugendstilbau nähert.

Es ist der Ort, an dem ihm vor 30 Jahren die Initialzündung für die Rettung des Elsebads in Ergste gelang. Die vervielfältigte Einladung zum ersten Treffen am 3. November 1994 um 19.30 Uhr trägt die Unterschrift des damaligen Ratsherrn der Grünen.

Das Elsebad in Schwerte-Ergste im Jahr 1994
Innerhalb eines Jahres völlig verwahrlost war das Gelände des Elsebads nach seiner Schließung durch die Stadt Schwerte im September 1993. © Dr. Gernot Folkers (A)

1993 schloss die Stadt das Bad

„35 Interessierte kamen“, erinnert sich Dr. Gernot Folkers heute, 30 Jahre später. Das Ergebnis war die Gründung des Trägerkreises „Bürgerbegehren Elsebad“, der die Stadt Schwerte in die Knie zwingen sollte. Denn die hatte Anfang der 1990er-Jahre den Kahlschlag-Beschluss eines sogenannten „Bäderkonzepts“ gefasst.

Zugunsten eines Spaßbad-Neubaus (Freizeit-Allwetter-Bad, wieder abgerissen 2013) wurden neben dem Elsebad auch das Freibad Schützenhof und das Hallenbad Westhofen aufgegeben. Mit Ende der Sommersaison Anfang September 1993 war Schluss in Ergste. Die Anlagen des einst so beliebten Schwimmtreffs, dem Verfall preisgegeben, boten schon bald ein trauriges Bild.

„Wir sind immer mal wieder hin, um trübsinnigen Gedanken nachzugehen“, berichtet Dr. Gernot Folkers. Über den längst niedergetrampelten Zaun war es nicht schwer, auf die Liegewiese und an das trockengelegte Becken zu gelangen. Da kam dem Grünen-Politiker der Geistesblitz.

Kurz vorher hatte er auf einer Veranstaltung seiner Partei von einer neuen NRW-Gemeindeordnung erfahren, die ein Bürgerbegehren ermöglichte. Sie sollte am 17. Oktober 1994 in Kraft treten. In diesem Moment war Dr. Folkers klar: „Das hier ist der richtige Ort dafür.“ Noch konnte man den Beschluss des Stadtrates rückgängig machen. Denn glücklicherweise waren die Abrissarbeiten im Elsebad noch nicht gestartet.

Mehrheit im Stadtrat sagte „Ja“

Der Aufruf führte zu einem „unglaublichen Erfolg“, berichtet der Initiator: „Wir haben 10.000 Unterschriften in vier Wochen gesammelt. Die Listen wurden uns von Leuten aus den Fingern gerissen, die sagten, sie wollten mitsammeln.“ Schon am 1. Dezember 1994 wurden sie der damaligen Bürgermeisterin Ursula Sobelat (SPD) übergeben. Nötig gewesen wären lediglich 4.000 Unterschriften. Innerhalb von sechs Wochen musste der Rat jetzt über das Bürgerbegehren entscheiden.

In seinen Akten hütet Dr. Gernot Folkers den vervielfältigten Rundbrief, mit dem er vor genau 30 Jahren zur Gründung des Trägerkreises Bürgerbegehren Elsebad eingeladen hat.
In seinen Akten hütet Dr. Gernot Folkers den vervielfältigten Rundbrief, mit dem er vor genau 30 Jahren zur Gründung des Trägerkreises „Bürgerbegehren Elsebad“ eingeladen hat. © Reinhard Schmitz

Ein bisschen Ungewissheit verspürte Dr. Gernot Folkers trotzdem bis zu der entscheidenden Sitzung, die am 18. Januar 1995 wegen des erwarteten Zuhörerandrangs extra in die Aula des Ruhrtal-Gymnasiums verlegt worden war: „Es war eine rechtliche Grauzone.“

Die Stadt hätte auf den Gedanken kommen können, dass ihr bereits anderthalb Jahre zuvor gefasster Ratsbeschluss zum Bäderkonzept vielleicht nicht mehr anfechtbar sei. Doch angesichts der breiten Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger, die aus allen Ortsteilen kam, habe die Stadt „klein beigegeben“. Schwerte ging mit dem ersten erfolgreichen Bürgerbegehren in NRW in die Geschichte ein.

Wiedereröffnung im Jahr 1998

„Die Grünen haben den ersten Anstoß gegeben, aber es war keine alleinige Aktion der Grünen“, erklärt Dr. Gernot Folkers. Im Rat hatte seine Partei zusammen mit der SPD eine knappe Mehrheit, aber auch die CDU habe nicht geschlossen gegen das Bürgerbegehren gestimmt.

Bei aller Freude über den Erfolg: „Danach waren meine Nerven zum Bersten gespannt.“ Denn die Stadt hatte ihr „Ja“ an harte Bedingungen geknüpft: Ein privater Träger für das Elsebad musste her. Einmalig sollte es 850.000 Mark Investitions-Zuschuss geben und dann jährlich 100.000 Mark zu den Betriebskosten.

Elsebad Schwerte-Ergste
Unter der Regie des Fördervereins Bürgerbad Elsetal ist das Elsebad zu einer Perle der Bäderlandschaft in der ganzen Umgebung geworden. © Reinhard Schmitz (A)

Doch die Elsebad-Freunde meisterten alle Hürden. 1998 feierte Dr. Gernot Folkers die Wiederöffnung mit einem nagelneuen Edelstahlbecken: „Viel schöner, als es vorher jemals war.“ Dazu hatte unfreiwillig auch die Wirtschaftslage beigetragen: „Damals gab es viele Vorruhestandsregelungen im Ruhrgebiet.“ In Stahlbetrieben schieden Mitarbeiter aus, die oft gerade mal 50 bis 55 Jahre alt waren: „Viele von denen haben mitgemacht. Das war ein Glück.“