Uwe Ringelsiep, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Unna, rechnet in den nächsten Tagen infolge der Auswirkungen des Coronavirus mit einer Antragsflut.

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Düstere Schätzung: Im Kreis Unna droht Tausenden Hartz IV wegen Auswirkungen des Coronavirus

rnJobcenter Kreis Unna

Das Coronavirus lähmt die Gesellschaft; und ist deshalb auch eine massive Bedrohung für die Wirtschaft. Das Jobcenter rüstet bereits auf – für düstere Zeiten, die dem Kreis Unna bevorstehen.

von Alexander Heine

Kreis Unna

, 25.03.2020, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Viele Selbstständige trifft die Corona-Krise besonders hart. Kaum noch Umsätze – wenn denn überhaupt noch Geld reinkommt –, die Kosten laufen aber weiter. Kleinst- und Kleinunternehmer strecken sich deshalb nach den angekündigten Hilfsfonds von Bund und Land. Nur: Wann und wie die Gelder fließen sollen, ist vielen noch unklar.

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Wenn die Ersparnisse ausgehen, wird vielen nur noch der Gang zum Jobcenter übrig bleiben. Wer als Selbstständiger nicht freiwillig beziehungsweise mindestens zwei Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld – und fällt direkt ins Hartz IV-Netz.

Schätzung geht von 10.500 zusätzlichen Hartz IV-Anträgen aus

Jobcenter-Chef Uwe Ringelsiep rechnet nicht nur deshalb in den nächsten Tagen und Wochen mit einer Antragsflut. Auch Arbeitnehmer in Kurzarbeit, deren Einkommen je nach Grundgehalt möglicherweise unter das Existenzminimum fällt, werden Unterstützung vom Staat brauchen. Mit rund 10.500 zusätzlichen Hartz IV-Anträgen rechnet Ringelsiep auf Basis von Hochrechnungen des Bundes. Das wären insgesamt rund 7.800 zusätzliche Bedarfsgemeinschaften mit 14.000 bis 15.000 Betroffenen. Zur Einordnung: Aktuell leben im Kreis Unna 34.000 Menschen in 17.700 Bedarfsgemeinschaften von Hartz IV-Leistungen.

Pünktliche Auszahlung von Hartz IV-Geldern oberste Prämisse

Die Behörde sieht sich deshalb vor einer gewaltigen Aufgabe. Zumal die Antragszahlen nicht peu à peu, sondern sprunghaft steigen dürften. Und das schon in kurzer Zeit. Gleichzeitig muss auch das Jobcenter mit seinen rund 550 Mitarbeitern Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus ergreifen. Trotzdem verspricht Ringelsiep: „Leistungen werden pünktlich überwiesen, niemand muss sich Sorgen machen – wir sind vorbereitet.“

Arbeitsvermittler sind in Leistungsfragen geschult, um bei der Bearbeitung von Anträgen anpacken zu können. Mit dem Personalrat sind Vereinbarungen geschlossen, wonach Überstunden und Samstagsarbeit geregelt sind und der Arbeitsrahmen für Mitarbeiter von 6 bis 22 Uhr ausgeweitet ist. So arbeitet das Jobcenter mehr oder weniger zweischichtig, zusätzlich gelten Dienstanweisungen zum Schutz vor der Pandemie. Führungskräfte und ihre Stellvertreter dürfen sich nicht mehr in denselben Räumen aufhalten, Mitarbeiter dürfen keine gemeinsame Mittagspause mehr machen und sitzen, soweit möglich, in Einzelbüros.

„Das schlechteste, was uns passieren könne, wäre eine Durchseuchung.“
Uwe Ringelsiep, Jobcenter Kreis Unna

„Das schlechteste, was uns passieren könne, wäre eine Durchseuchung“, sagt Ringelsiep. Und selbst für eben diesen worst case sind bereits Kooperationsvereinbarungen mit dem Jobcenter Dortmund geschlossen. „Die Leistung muss stehen“, das sei oberstes Gebot, so Ringelsiep. „Wir haben alles Menschenmögliche getan, um auf den zu erwartenden Antragssturm vorbereitet zu sein.“

Zu einer Schätzung der finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise will Ringelsiep sich nicht hinreißen lassen. Nur so viel: Allein im Jobcenter Kreis Unna werden Millionenbeträge zusätzlich zu schultern sein. Der Geschäftsführer ist gleichwohl optimistisch, was die langfristige Entwicklung angeht.