Die Drogensucht begann im Alter von 15 Jahren. Erst waren es Joints, später nahm er härtere Drogen: sogar Heroin. Die Eltern haben am Anfang nichts bemerkt. Erst als ihr Sohn 17 Jahre alt war, merkte Mutter Dagmar: Da stimmt etwas nicht. Nicht nur er brauchte dringend Hilfe, sondern auch die Familienangehörigen, die mit seiner Sucht konfrontiert waren. Wie wichtig es ist, sich mit anderen betroffenen Eltern auszutauschen, weiß Dagmar aus eigener Erfahrung.
Eine Selbsthilfegruppe in Iserlohn war für sie ein Rettungsanker in dem vier Jahre andauernden Albtraum, bis ihr Sohn schließlich den Kampf gegen die Drogensucht gewann. Das gab Dagmar die Motivation, 2015 die Selbsthilfegruppe „Angehörige von Menschen mit einer Suchterkrankung“ in Schwerte mitzugründen und auch nach zehn Jahren noch ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen. Im Interview mit unserer Redaktion gibt die Schwerterin emotionale Einblicke, wie sie die Zeit während der Drogensucht ihres Sohnes erlebt hat.
Wie ist euer Familienzusammenhalt?
Wir sind eine Familie mit drei Kindern (der Mittlere war von der Suchtkrankheit betroffen), die inzwischen erwachsen sind und auch nicht mehr in unserem Haushalt wohnen. Ich selbst habe als Arzthelferin gearbeitet und mein Mann ist Diplom-Ingenieur. Wir haben einen sehr guten Familienzusammenhalt und treffen uns oft und regelmäßig.
Wie hat alles begonnen?
Angefangen hat die Drogensucht unseres Sohnes (damals 15 Jahre alt) mit Joints. Wir als Eltern haben nichts davon bemerkt – erst im Alter von 17 Jahren. Sein Äußeres veränderte sich, wir wurden bestohlen und um Geld angebettelt, seine Lehre musste unser Sohn abbrechen – ich selbst habe seinen Ausbilder informiert, dass er Heroin und andere Drogen konsumiert. Anfangs dachten wir: unser Sohn doch nicht! Was haben wir falsch gemacht? Wieso wir? Es wechselten sich Hilflosigkeit, große Angst, Wut, Traurigkeit und Selbstzweifel ab.
Welche Schritte wurden dann unternommen?
Wir sind zur Drogenberatung gegangen und wollten wissen, was wir tun können, damit der fast nicht aushaltbare „Spuk“ endlich aufhört. Und dann kam der für mich prägendste, aber auch schlimmste Satz: „Sie können ihrem Kind nicht helfen – das muss er alleine wollen und machen.“ Aber es gab auch den wichtigen und wertvollen Tipp: „Sie können und müssen etwas für sich selbst tun. Gehen Sie und Ihr Mann in die Eltern-Selbsthilfegruppe.“
Wie ging es weiter und welche Maßnahmen gab es?
Für unseren Sohn: immer wieder Entgiftung, Therapie, Rückfall. Später Gefängnis und „Therapie statt Strafe“, wieder Rückfall, einschließlich Alkohol und Beruhigungstabletten. Gerettet hat uns Eltern, nach vier Jahren Albtraum und den an Drogen verstorbenen Freunden unseres Sohnes, tatsächlich der Elternkreis in Iserlohn: Dort konnten wir offen mit anderen betroffenen Eltern über alle unsere Nöte und Sorgen sprechen und nützliche Ratschläge einheimsen.
Mit dabei auch die Erkenntnis, die Sucht unseres Sohnes als Krankheit zu akzeptieren: Das Schimpfen und die Vorwürfe wurden eingestellt und wir hatten das Gefühl, dass sich unser Sohn positiv veränderte. Auch entsprechende Wochenend-Seminare haben uns gestärkt und wir haben auch wieder an unserem eigenen Leben aktiv teilgenommen.
Wie sieht es aktuell aus?
Heute ist unser Sohn drogenfrei, aber wie bei einer Alkoholkrankheit besteht lebenslang die Rückfallgefahr. Wir und seine beiden Geschwister haben ihn nie im Stich gelassen und können offen über seine Drogensucht sprechen.
„Ich war neugierig, wollte einfach was anderes machen, aber ich wollte euch nie wehtun“, sagt unser Sohn heute. Er ist ein toller Mann geworden, der eine kleine Wohnung und eine feste Arbeit hat. Dieses Erleben möchten wir in unserem Schwerter Eltern- beziehungsweise Angehörigenkreis weitergeben. Und Danke an Sängerin Nena für den Song „Wunder gescheh’n“ – eine echte Motivation.
Selbsthilfegruppe „Angehörige von Suchtkranken“
- Die Selbsthilfegruppe „Angehörige von Menschen mit einer Suchterkrankung“ hat sich vor zehn Jahren mit Unterstützung der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (K.I.S.S.) des Kreises Unna gegründet.
- Zwischen zehn und 15 Gruppenteilnehmer treffen sich regelmäßig im Gesundheitsamt Schwerte an der Kleppingstraße 4. Die Teilnahme ist unverbindlich, kostenfrei und berücksichtigt die Privatsphäre, alles Besprochene bleibt in der Gruppe.
- Die Treffen der Selbsthilfegruppe finden jeden zweiten Montag im Monat um 17.30 Uhr statt.
- Ansprechpartnerin zur Kontaktaufnahme: Susanne Götz, Tel. (02304) 240 70 22 und/oder E-Mail susanne.goetz@kreis-unna.de.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 23. Februar 2025.