Unbesetzte Stellen beim Rettungsdienst in Schwerte DRK: „Wir hätten die Lücke gerne geschlossen“

Unbesetzte Stellen beim Rettungsdienst: DRK und Malteser äußern sich
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Bei der Feuerwehr in Schwerte sind Stand Juni 2024 viele Stellen vakant – von insgesamt 78 Stellen, die zur Verfügung stehen, sind aktuell zehn Stellen nicht besetzt. Das führt dazu, dass regelmäßig Einsatzwagen abgezogen werden müssen. Ein Problem, das die Stadt nach Angaben des Kreises Unna nicht allein hat – gut ausgebildete Notfallsanitäter seien überall rar.

Bei Personal-Engpässen verstärken dann Rettungsdienste aus benachbarten Städten – oder die Freiwilligen Feuerwehren – die Einsatzkräfte. Doch die Feuerwehr der Stadt Schwerte hatte in der Vergangenheit noch weitere Helfer.

Früher haben das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und der Malteser Hilfsdienst die Schwerter Feuerwehr unterstützt – vor allem am Wochenende und in der Nacht. Die Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen bestand seit Ende der 70er- bzw. Anfang der 80er-Jahre.

Doch Anfang 2023 hatten sowohl Malteser als auch DRK die Verträge mit der Stadt Schwerte gekündigt. Es werde immer schwieriger, Personal zu finden, hatte DRK-Vize Martin Kolöchter damals gesagt. Der Konkurrenzkampf war groß – die Stadt hatte gleich zweimal DRK-Mitarbeiter abgeworben.

Feuerwehr-Chef Wilhelm Müller, Martin Kolöchter (DRK) und Alexander Metzler (Malteser) stehen nebeneinander und halten Mineralwasser hoch.
Lange arbeitete man gut zusammen (v.l.): Feuerwehr-Chef Wilhelm Müller, Martin Kolöchter (DRK) und Alexander Metzler (Malteser) gaben im heißen Sommer 2018 Hitzetipps. © Foto DRK

„Kein einvernehmliches Übereinkommen“

Die Malteser begründen ihren Ausstieg auf erneute Anfrage unserer Redaktion eher knapp damit, dass Vertragsverhandlungen zur Fortführung des Engagements in Schwerte zu „keinem für beide Seiten einvernehmlichen Übereinkommen“ geführt hätten. „Die ordentliche Kündigung durch den Malteser Hilfsdienst e.V. erfolgte fristgemäß.“

Martin Kolöchter vom DRK wird heute deutlicher. Er erklärte jetzt, dass es nach vier Jahrzehnten guter Zusammenarbeit mit der Stadt zuletzt „unterschiedliche Wünsche zum Umfang der Dienstzeiten“ gegeben habe. Das habe daran gelegen, dass das DRK grundsätzlich für die Wochenend-Schichten (samstags ab 7 Uhr bis montags um 7 Uhr) eingesetzt worden sei.

Eigentlich unproblematisch. Doch: „Die Qualifikation einer RTW-Besatzung ist heute eine ganz andere“, erklärt Martin Kolöchter. „Früher machte man beim DRK eine Ausbildung zum Sanitäter oder Rettungssanitäter und konnte dann neben der Arbeit am Wochenende auf dem RTW (Anm. d. Red.: Ein RTW ist ein Rettungswagen.) mitfahren.“ Dabei hätten die Einsatzkräfte auch wichtige praktische Erfahrungen gesammelt.

Vor Mauer gelaufen?

Heute dürfen nur noch ausgebildete Rettungsdienstler einen Rettungswagen besetzen, die dafür eine mehrjährige Berufsausbildung absolviert haben. „Jetzt finden Sie mal einen hauptamtlichen, ausgebildeten Notfallsanitäter, der bereit ist, nur am Wochenende zu arbeiten“, sagt Kolöchter. Zumal es auch bei Wochenend-Diensten verpflichtende Ruhetage gebe.

Daher sei das DRK auf die Stadt zugegangen – mit der Bitte, ein anderes Vertragsmodell bereitzustellen und einen Rettungswagen rund um die Uhr auch in der Woche zu besetzen. Doch darauf sei nicht reagiert worden. „Es fühlte sich an, als würde man vor eine Mauer laufen.“ Am Geld könne es nicht gelegen haben, so Kolöchter: „Zumal dieser DRK-Vertrag stets preiswerter war, als wenn städtische Bedienstete, teilweise sogar Beamte, auf dem RTW gefahren wären.“

Letztlich habe das DRK den Vertrag gekündigt, weil man nicht mehr garantieren konnte, den RTW jedes Wochenende besetzen zu können. „Die Stadt hätte uns dann regresspflichtig machen können. Aus Fürsorge für den Verein und wegen der Haftungspflicht des BGB-Vorstandes haben wir die Reißleine gezogen.“

Ein Mann trägt eine Jacke mit der Aufschrift "Malteser". Er steht vor einem Rettungswagen.
Jahrzehntelang waren Malteser und DRK Teil des Schwerter Rettungsdienstes. Zur Beendigung der Zusammenarbeit gibt es unterschiedliche Auffassungen. © picture alliance / Patrick Seege

Doch warum wurde die Zusammenarbeit nicht fortgesetzt? Stadt-Pressesprecher Ingo Rous nimmt dazu auf Anfrage unserer Redaktion Stellung: „Die langjährigen Verträge zwischen den beiden Hilfsorganisationen und der Stadt Schwerte wurden jeweils unabhängig voneinander vom DRK und den Maltesern aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt.“

Die von den Hilfsorganisationen gewünschten Konditionen hätten aufgrund ihres Volumens nicht mehr „im Kontext der bestehenden Vertragswerke, aufgrund von vergaberechtlichen Vorschriften“, umgesetzt werden können. „Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit hätte eine verpflichtende und vor allem zeitintensive Ausschreibung zur Folge gehabt.“

Bei einem Ausschreibungsverfahren, so die Stadt, wäre „im Hinblick auf die aktuelle Marktlage zweifelhaft gewesen, ob die ortsansässigen Hilfsorganisationen einen Zuschlag erhalten hätten“, da landesweit private Anbieter auf dem Markt aktiv seien. „Ein verbindliches Angebot zum Rettungsdienst lag und liegt der Stadt Schwerte nicht vor.“ Es seien bisher auch keine Leistungen ausgeschrieben worden.

Nur noch eigenes Personal

Die Stadt Schwerte hatte damals betont, den Rettungsdienst nur noch mit eigenem Personal bestreiten zu wollen. Alle freien Stellen seien besetzt worden, hieß es im Januar 2023. „Dem Werben eines privaten Anbieters, der in anderen Städten im Kreis Unna bereits die Feuerwehr unterstützt, hat man nicht nachgegeben.“ Gemeint ist an dieser Stelle der private Rettungsdienst Reinoldus, der zum Beispiel in Fröndenberg und Holzwickede im Einsatz ist.

Warum wollte die Stadt im Rettungsdienst nur noch mit eigenem Personal arbeiten? Würde eine Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, wie sie in anderen Kreisstädten üblich ist, nicht grundsätzlich Sinn ergeben?

Dazu nimmt Rous wie folgt Stellung: „Nach den Kündigungen beider Hilfsorganisationen mussten innerhalb von vier Monaten Teile des Rettungsdienstes für die Bürgerinnen und Bürger in Schwerte sichergestellt werden. Die Bereitstellung und Organisation des Großteils des Rettungsdienstes war ja bereits zu diesem Zeitpunkt in städtischer Hand und Verantwortung.“

Große Feuerwehrübung bei Hoesch Schwerter Profile: Malteser, Feuerwehr und DRK arbeiten in einem Sanitätszelt zusammen.
Gemeinsame Feuerwehrübungen wie diese bei Hoesch Schwerter Profile gehören der Vergangenheit an. © Bernd Paulitschke (A)

Im Rahmen einer Vergleichsberechnung sei festgestellt worden, „dass die Durchführung des gesamten Rettungsdienstes in Eigenregie wirtschaftlich und im Zusammenhang mit der Kündigungsfrist der beiden Hilfsorganisationen kurzfristig umgesetzt werden konnte.“. Des Weiteren sei die Durchführung des gesamten Rettungsdienstes mit eigenem Personal „im Hinblick auf einen optimierten Personaleinsatz vorteilhaft, da hinsichtlich der Organisation, Strukturierung und Aufsicht die Verantwortung und Personalhoheit in Gänze bei der Stadt liegt“.

Zur Sinnhaftigkeit der Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen sagt Kreissprecher Max Rolke: „Dies liegt in der Entscheidungshoheit der Stadt Schwerte. Als Träger des Rettungsdienstes achtet der Kreis Unna darauf, dass alles gemäß Vorschrift abläuft. Wie der Rettungsdienst vor Ort umgesetzt wird, ist Sache der Stadt.“ Und die Stadt setzt beim Rettungsdienst offenbar auf eigene Verantwortung und Personalhoheit.

Enttäuschung

Das gesamte Schwerter DRK sei im Rückblick enttäuscht, sagt hingegen Martin Kolöchter. „Es hat uns sehr betroffen gemacht, dass eine historische, über 40-jährige Zusammenarbeit so unglücklich endet.“ Vor allem auch, weil es beim jetzigen Ist-Zustand nur Verlierer gebe: „Dem DRK Schwerte ist seit dem Ausstieg eine wichtige Quelle der Mitarbeiter-Qualifizierung nicht mehr zugänglich, die gerade auch in der ergänzenden Mitwirkung im Katastrophenschutz so wertvoll wäre und überall erwartet wird“, sagt Kolöchter.

„Und sieht man zudem, wie häufig fremde Rettungsfahrzeuge aus anderen Städten in Schwerte Primär-Einsätze fahren, hätten wir als Rotes Kreuz so gerne einen Beitrag geleistet, um diese Lücke zu schließen.“