Angemalter VW
Dieser Wiesen-Käfer fährt seit den 80er-Jahren durch Schwerte
Er ist bekannt wie ein bunter Hund: Der VW-Käfer von Gerlinde Heinrich aus Schwerte-Westhofen kann sich nicht verstecken. Wie und wann kamen die Blumen eigentlich auf das Kultauto?
Seit 1979 ist Gerlinde Heinrich mit ihrem auffälligen VW-Käfer in Schwerte unterwegs. © Foto: Reinhard Schmitz
Es war an einem verregneten Sommerferientag, irgendwann in den 1980er-Jahren. Langeweile plagte Anselm und Caroline, die Kinder von Gerlinde Heinrich. Da kam die Lehrerin auf eine Idee. Sie holte die Plakafarben aus dem Keller, und gemeinsam begann man, ein weiteres Familienmitglied mit leuchtenden Blumen zu bemalen. Der bislang nur perlweiße VW-Käfer wurde zum „Wiesenauto“, wie ihn Gerlinde Heinrichs Schüler an Realschule am Bohlgarten bald tauften.
„Er ist bekannt wie ein bunter Hund“, sagt die Holzenerin. Auch in der Ruhr-Nachrichten-Redaktion, die schon vor 14 Tagen der Geschichte des eigentümlichen Fahrzeugs nachspüren wollte, als über die Produktion des letzten Käfers im VW-Werk Emden im Jahre 1978 berichtet wurde. Doch da stand der Wagen in der Garage, weil die Besitzer verreist waren. Doch sobald er mit dem Tuckern des 34-PS-Motors unter der Heckklappe herausgeholt wird, drehen sich die Leute nach ihm um. Verstecken war unmöglich für Gerlinde Heinrich. Die Schüler erspähten sie überall. „Was haben Sie in Geisecke gemacht? Da wohnen Sie doch gar nicht“, hieß es dann neugierig.
Wildfremde Menschen folgten ihr und sprachen sie an
„Das Auto ist sehr kommunikativ!“ Die Fahrerin nimmt es positiv. Beim Einkaufen folgen ihr manchmal wildfremde Menschen vom Parkplatz bis in den Laden, um sie auf den Käfer anzusprechen: „Oder sie schleichen um das Auto herum, wenn ich herauskomme.“ Nur um mitzuteilen: „So einen hatte ich auch mal.“ Oder in Erinnerungen zu schwelgen von Touren über die Alpen bis an die italienischen Strände.
Die weiteste Tour des „Wiesenautos“ führte nach Genf in die Schweiz. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von Tempo 115. Und nur von Freiburg aus. Denn dort wurde der nagelneue Käfer am 24. November 1961 zugelassen, wie der originale Fahrzeugbrief beweist. Vom Oberlehrer Max Grether, dem Vater von Gerlinde Heinrich. 18 Jahre später übernahm sie den Wagen und überführte ihn nach Schwerte, wo sie ihn hauptsächlich in der näheren Umgebung herumkutschierte.
Einziger Luxus: das offene Verdeck
Das war auch gut so. Denn die ursprünglich Sechs-Volt-Batterie machte häufig schlapp. Dann musste von unterwegs ein Hilferuf zum Ehemann, Prof. Carl-Joachim Heinrich, ausgesandt werden, der immer eine geladene Reservebatterie zu Hause vorrätig hielt. Erst in den 1980er-Jahren wurde die Elektrik auf die heute üblichen zwölf Volt verstärkt. Viele Verbraucher ziehen keinen Strom aus ihren Polen. Ein Radio gab es nie im Armaturenbrett, auch keinen Zigarettenanzünder. Im Grunde reichen Gerlinde Heinrich lediglich zwei Knöpfe zum Herausziehen: einer für das Licht, einer für den Scheibenwischer. Einziger Luxus ist das offene Verdeck.
„Das Hauptproblem ist, Ersatzteile zu suchen“, sagt Gerlinde Heinrich. Doch zum Glück habe sie eine Werkstatt in Wetter-Wengern gefunden, die über einen großen Fundus verfügt. Dort bekomme sie auch passende Reifen, wenn einmal im Jahr eine neue Charge produziert werde. Das dicke Blech lässt sich problemlos schweißen. Deshalb soll der Käfer auch fahren, so lange es eben geht. Sätze wie „Wenn Sie ihn nicht mehr wollen ...“, sind zwecklos. Auch die nette Anfrage: „Den würd´ ich gern meinem Mann zum Hochzeitstag schenken.“