Seit Juni 2022 können Apotheken Geld für fünf neue Dienstleistungen erhalten. Dadurch sollen die Apotheken ihr Beratungsangebot erweitern sowie ihren Kundinnen und Kunden mehr bieten können. Dabei übernehmen die gesetzlichen Krankenversicherungen für bestimmte Patientinnen und Patienten die Kosten.
Klingt nach einer Win-Win-Situation. Aber wie sieht das in der Praxis aus? Wir haben mit Apothekerinnen und Apothekern aus Schwerte gesprochen. Die wichtigsten Infos finden Sie hier zusammengefasst.
Um welche Dienstleistungen geht es?
- Die neuen Dienstleistungen sind genau definiert. Die erste ist die „erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“. Dafür müssen die Patientinnen und Patienten mindestens fünf Arzneimittel in Dauertherapie einnehmen. Für diese Beratung müssen die Apotheker eine entsprechende Fortbildung absolvieren.
- Außerdem dürfen die Apotheken das Blutdruckmessen bei Patienten mit Bluthochdruck und einer Verordnung eines blutdrucksenkenden Medikaments anbieten. Dies kann das gesamte pharmazeutische Personal der Apotheke durchführen.
- Auch eine Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und das Üben der Inhalationstechnik können die Apotheken durchführen. Dazu ist jedoch nur pharmazeutisches Personal mit abgeschlossener Berufsausbildung berechtigt. Anspruch auf die Dienstleistungen haben alle Patienten ab sechs Jahren, die Inhalativa verordnet bekommen.
- Eine weitere Dienstleistung auf der Liste ist eine pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten. Sie zielt darauf ab, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern. Potenzielle Probleme können so erkannt und gelöst beziehungsweise verhindert werden. Für die Durchführung ist eine entsprechende Fortbildung notwendig. Auch für die pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie ist eine entsprechende Fortbildung notwendig. Ziel von dieser Dienstleistung ist ebenfalls, potenzielle Probleme zu erkennen, zu lösen und zu verhindern.
Seit wann gibt es das Angebot?
Seit dem 10. Juni 2022 dürfen die Apotheken die fünf neuen pharmazeutischen Dienstleistungen anbieten und können Geld von den Krankenkassen dafür verlangen. Der tatsächliche Start in den Apotheken ist aber unterschiedlich verlaufen und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bei den meisten Apotheken scheitert es an fehlender Zeit aufgrund des Personalmangels.

Wie sieht es in Schwerte aus?
Die Marienapotheke, Bethunestraße 15, bietet alle Dienstleistungen an. Nachdem diese durchgeführt wurden, fragen die Mitarbeitenden ihre Kunden nach einer Unterschrift. Wenn diese zustimmen, erhalten die Apotheken das Geld von der Krankenversicherung. Die Unterschrift sei aber keinesfalls eine Voraussetzung für die Dienstleistungen, erklärt Filialleiterin Marta Marek.
Auch die Rosen Apotheke, Friedrich-Hegel-Straße 116, in Schwerte-Holzen bietet die Dienstleistungen an. Man hat sich laut eigener Aussage bemüht, die Pläne relativ zeitnah umzusetzen, um den Kunden eine Verbesserung zu bieten. Apotheker Marc Hübner berichtet allerdings von einem sehr hohen Arbeitsaufwand.
Die Aesculap Apotheke, Am Ostentor 5, gehört indes zu den Apotheken, die das System gerade noch etablieren. Priorität dabei seien alltägliche Dienstleistungen, wie die Blutdruckmessungen, hintendran steht zum Beispiel die Betreuung für Patienten unter oraler Antitumortherapie, da diese nicht so gefragt sei. Dienstleistungen wie das Blutdruckmessen bieten die Mitarbeitenden bereits an, wenn auch in einem anderen Umfang.
Carsten Schumacher, Inhaber der Neuen Apotheke, Postplatz 4, und der Adler-Apotheke, Hüsingstraße 1, erklärt, dass das neue Angebot Dienstleistungen inkludiere, die er und seine Mitarbeitenden ohnehin schon anbieten. Bislang haben seine Apotheken aber noch keine Dienstleistungen von den Krankenkassen abgerechnet.
Und was halten die Apotheken von den neuen Möglichkeiten?
„Gut gedacht, aber über die Umsetzung denkt keiner nach“, sagt Apotheker Carsten Schumacher. In seinen Apotheken könne er die Zeit aktuell aufgrund von Personalmangel nicht investieren. Der Fachkräftemangel sei zudem enorm, erzählt er. „Wenn man das richtig macht, dauert das.“ Momentan könne er seine eigenen Ansprüche nicht erfüllen.
Marta Marek, Filialleiterin der Marienapotheke, sieht die Möglichkeit als Bestätigung für die Arbeit. „Das ist eine Bestätigung für das Team, wenn die Dienstleistungen, die selbstverständlich für uns sind, jetzt bezahlt werden“, sagt sie. Sie beantworte jedoch jede Frage kompetent und ausführlich – egal, ob der Kunde am Ende eine Unterschrift setze oder nicht.
Marc Hübner, Inhaber der Rosen Apotheke, erklärt, dass der Arbeitsaufwand trotzdem noch viel zu hoch sei, als dass das Geld das ausgleichen könnte. „Der Patient steht im Mittelpunkt“, erklärt er. Das sei für ihn der Hauptgrund, die Dienstleistungen dennoch anzubieten.
Welchen Effekt haben die Neuerungen für Kundinnen und Kunden?
„Für die Patienten hat das auf jeden Fall Vorteile“, erklärt Marc Hübner. Durch Dienstleistungen, wie die Medikationsanalyse, könne sich das Verständnis für die Medikamente, die die Patienten täglich einnehmen, erheblich steigern. Er erzählt, dass die Dienstleistungen zwar nicht jeden Tag in Anspruch genommen, aber schon genutzt werden. Der Bedarf sei also da.
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