
Cornelia Sander möchte eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit chronischen Krankheiten gründen. Die Schwerterin leidet selbst seit vielen Jahren unter Schmerzen. © Martina Niehaus
Lange dachte sie nicht an sich selbst: Cornelia Sander (56) leidet unter ständigen Schmerzen
Selbsthilfegruppe
Rheumatische Arthritis und eine Bauchspeicheldrüsen-Insuffizienz: Die Schwerterin Cornelia Sander leidet seit Jahren an chronischen Schmerzen. 2021 geht sie in Rente. Der Einschnitt ist tief.
Schon als Kind fing es an, beim Gummitwist-Spiel. „Ich hatte Knieprobleme, an der Patellasehne. Dauernd sprang da etwas heraus. Die Ärzte sagten meiner Mutter schon früh, mit meinem Skelettsystem sei etwas nicht in Ordnung.“
Heute ist Cornelia Sander 56 Jahre alt. Die Schwerterin leidet an rheumatischer Arthritis und an Bauchspeicheldrüsen-Insuffizienz. Fünfmal wurde sie am Knie operiert. Vier Rückenoperationen hat sie auch schon hinter sich: Bandscheibenvorfälle.
„Ich habe meine Arbeit geliebt“
20 Jahre lang hat Cornelia Sander in der Altenpflege gearbeitet. Jeden Tag arbeitete sie acht, neun Stunden lang. Im Schichtdienst, Wochenenddienst, Feiertagsdienst. Kam mit Wärme, Kälte und Feuchtigkeit in Berührung. Und musste viel heben und tragen.
„Ich habe meine Arbeit geliebt, der Job war meine Berufung. Ich habe das mit Leib und Seele gemacht. Wenn ich nach Hause kam, war ich immer euphorisch“, erzählt sie. Heute weiß Cornelia Sander, dass sie dabei zu wenig an sich selbst gedacht hat. „Mir ging es immer nur dann gut, wenn es allen anderen gut ging. Das war ein Fehler.“
Irgendwann geht es nicht mehr
Irgendwann merkt die Schwerterin, dass es nicht mehr geht. Dass sie nicht mehr für alle da sein kann. „Der Job hat mich körperlich kaputt gemacht.“ 2016 wird sie krank; sie bekommt eine schwere Grippe. „Danach konnte ich zum Beispiel Geräusche nicht mehr ertragen. Kolleginnen haben mich gewarnt, dass ich mich untersuchen lassen muss. Ich war einfach ausgelaugt.“
Im Jahr 2017 beginnt sie, für eine Erwerbsminderungsrente zu kämpfen. Die bekommt sie auch – vier Jahre und viele Untersuchungen und Gutachten später. „Das war eine lange Durststrecke.“
2021 geht Cornelia Sander schließlich in Rente. Der Einschnitt ist tief. „Wenn man immer 120 Prozent gegeben hat, und plötzlich fährt man auf Null runter – das macht schon was mit einem.“ Sie fühlt sich aus dem Berufsleben gerissen. „Eigentlich ist man ja noch zu jung, um Rentnerin zu sein. Und die Tagesstruktur fehlt.“
Schmerzen sind der ständige Begleiter
Mit Krankengymnastik, Sitz-Yoga und Rehasport versucht die Schwerterin, ihre Tage zu füllen. Und damit auch die ständigen Schmerzen zu bekämpfen, die sie seit Jahren begleiten.
Der Nacken ist versteift und schmerzt. Der Rücken tut weh, die Gelenke, die Knie. Ihre Beweglichkeit ist eingeschränkt. „Manchmal wird mein Gang ganz plötzlich so unsicher“, beschreibt sie es. Und wegen der Bauchspeicheldrüsen-Insuffizienz verliert sie an Appetit und Gewicht. Bei einer Größe von 1,70 m wiegt Cornelia Sander gerade mal 50 Kilo.

Cornelia Sander und K.I.S.S.-Mitarbeiterin Susanne Götz würden sich freuen, wenn sich jemand meldet, der Interesse an einer Selbsthilfegruppe hat. © Martina Niehaus
Und wieder gibt sie nicht auf. Schmerzmittel nimmt sie nur, wenn nichts anderes hilft. „Mit ständigen Schmerzen ist man im Teufelskreis. Aber ich versuche es mit Wärmekissen, gehe spazieren, lenke mich ab. Ich habe einen tollen Partner, der mich unterstützt“, sagt sie. Und Freundinnen, mit denen sie sich treffen kann. „Dafür bin ich dankbar.“
Wie gehen andere mit ihrem Alltag um?
Doch Cornelia Sander möchte auch Menschen kennenlernen, die Ähnliches durchmachen wie sie. „Ich wüsste gern, wie andere Menschen, die chronisch krank sind, mit ihrem Alltag umgehen. Ich würde mich gern austauschen. Und auch meine Erfahrungen teilen. Das könnte uns allen noch mal Auftrieb geben.“
Das sieht auch Susanne Götz von der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (K.I.S.S.) so. Die Kontaktstelle des Kreises Unna bietet viele Gruppen an. „Es ist für die Leute wichtig, aktiv etwas zu machen. Außerdem ist das Angebot kostenlos. Denn viele haben ein kleines Einkommen. Die können es sich gar nicht leisten, sich öfter mal im Café zu treffen“, sagt Susanne Götz.
Treffpunkt für eine solche Gruppe wäre der Schwerter Treffpunkt Gesundheit in der Kleppingstraße 4. Wie oft die Treffen zustande kommen, hängt ganz von den Interessierten ab. „Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn sich jemand meldet“, sagt Cornelia Sander.
Kontakt zur Selbsthilfegruppe
- Im Kreis Unna gibt es viele Selbsthilfegruppen zu unterschiedlichsten Themen.
- Beispiele sind Suchterkrankungen, psychische Erkrankungen, chronische Krankheiten, soziale Probleme, Behinderungen oder Familie und Partnerschaft.
- Darüber hinaus gibt es auch Gruppen für junge Menschen.
- Der gegenseitige Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen macht Mut zu neuer Aktivität und unterstützt die aktive, eigenverantwortliche und selbst bestimmte Bewältigung kritischer Lebenssituationen.
- Die Mitarbeiterinnen stehen unter Schweigepflicht und beraten auf Wunsch auch anonym.
- Bei Interesse an der Selbsthilfegruppe mit Cornelia Sander kann man bei K.I.S.S.-Mitarbeiterin Susanne Götz unter (02304) 240 70 22 anrufen oder eine Mail schicken: selbsthilfe@kreis-unna.de
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
