Vom Schandfleck zum monumentalen Kunstwerk Was passiert an der Fassade vom C&A-Anbau?

500 Quadratmeter „Leinwand“: C&A-Anbau wird monumentales Kunstwerk
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Als Schandfleck galt die in einem Rost-Orange angestrichene Fassade am Nordwall in Schwerte für die meisten Passanten. „Das ist eine geile Leinwand“, erkannte dagegen die Künstlerin Sarah Jil Niklas die Möglichkeiten der 50 Meter breiten und zehn Meter hohen Hauswand.

Kurzerhand verwandelten sich so die Schwächen in Stärken. Auf die Sichtweise kommt es eben an. Auch bei der Fläche dieses schmucklosen Zweck-Anbaus an das C&A-Gebäude, in dessen Obergeschoss eine Ballettschule residiert. Diese Nutzung sollte auch zu dem Kunstwerk inspirieren, das seit knapp zwei Wochen auf dem zuvor sanierten und hell grundierten Putz entsteht.

Martin Bender, Sarah Jil Niklas und Sascha Schubert stehen auf der Hebebühne vor dem C&A-Gebäude in Schwerte.
Die Künstler (v.l.) Martin Bender und Sarah Jil Niklas gestalten die früher hässliche Fassade des Anbaus am C&A-Gebäude am Nordwall. Es handelt sich um ein weiteres Projekt der Interessen- und Standortgemeinschaft (ISG) Schwerte-Mitte, mit dem der Vorsitzende Sascha Schubert die City aufwerten möchte. © Reinhard Schmitz

Motiv zeigt ein Tanzpaar

„Das Projekt heißt ‚The Stage‘ (‚Die Bühne‘, Anm. d. Red.)“, verrät Sascha Schubert, der Vorsitzende der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Schwerte-Mitte. Seinen Werdegang können Besucherinnen und Besucher der City seit knapp zwei Wochen live miterleben.

Zuerst wunderten sie sich, als eine Art Gitterraster aufgezeichnet wurde, auf das die Künstler Sarah Jil Niklas und Martin Bender ihren Papier-Entwurf vergrößert übertragen konnten. Wie eine Art monumentale Bleistiftzeichnung wirkten die Konturen, die seither immer mehr farblich ausgefüllt werden. Zusehends deutlicher wird das Bild eines miteinander verschmelzenden Tanzpaares, das die Verbindung zwischen Menschen versinnbildlicht.

„Letztendlich geht es um den Tanz des Lebens“, sagt Sascha Schubert. Das Werk, gestaltet als Symbiose verschiedenster Arbeitstechniken, soll in den Betrachtern Gefühle auslösen. Es entsteht im Dialog der beiden Künstler, die ihre Stile ebenfalls verschmelzen lassen.

Nebeneinander arbeiten sie auf der Scherenbühne, immer begleitet von ihrem vierbeinigen Freund: Dancing Diego, der schwarze Chihuahua von Sarah Jil Niklas, spürt keine Höhenangst, sondern eher ständige Neugier. Er ist mit seinem Körbchen natürlich bestens gesichert.

Eine Skizze auf der Fassade des C&A-Gebäudes in Schwerte zeigt, wie das Tanzpaar später aussehen soll.
Zuerst war nur die Skizze auf der zuvor sanierten Fassade des Anbaus des C&A-Gebäudes am Nordwall aufgetaucht, die wie eine Bleistiftzeichnung wirkte. © Reinhard Schmitz

Voraussichtlich bis Ende dieser Woche (9.6.) soll das Kunstwerk fertiggestellt sein. Ein zuvor ungeplanter Effekt zeigt sich erst während der Schaffensphase: Der freie Blick auf den Horizont über dem Flachdach vergrößert die Projektionsfläche schier ins Unendliche – und erzeugt mit seinen wechselnden Lichtstimmungen stets neue Eindrücke beim Betrachter.

Das Kunstwerk auf der C&A-Fassade in Schwerte unter dem Abendhimmel.
Das Lichtspiel des Himmels über dem Flachdach vergrößert die Projektionsfläche der Fassadengestaltung mit wechselnden Stimmungen. © Sarah Jil Niklas

Ballettmeister Raimondo Rebeck

„Das Projekt soll inspirieren“, wünscht sich Sascha Schubert, dass weitere Hausbesitzer seinem Beispiel folgen. Nach dem Colani-Porträt an einer Giebelwand an der Wilhelmstraße hat die ISG Schwerte-Mitte jetzt zum zweiten Mal vorgelegt – allerdings diesmal in etwas dezenteren Farben als bei der knallig-bunten Hommage an den Star-Designer.

Das i-Tüpfelchen setzen soll noch eine weitere Idee, für die anschließend einige „überstrichen“ wirkende Fenster des Anbaus am C&A-Geschäft wieder freigelegt werden. Anstelle der undurchsichtigen Platten erhalten sie ihre Verglasung zurück, um Möglichkeiten für eine künstlerische Nutzung zu bieten.

„Die Fassade war mir schon lange ein Dorn im Auge“, bekennt Sascha Schubert, dessen ISG als eines ihrer Themen „Schwerte wird Kunst“ ausgerufen hat. Die zündende Idee zu einer individuellen Gestaltung sei ihm dann bei einem Treffen mit dem befreundeten Ballettmeister Raimondo Rebeck gekommen.

Der Tanz-Hochkaräter, der wohl auf allen Bühnen der Welt gestanden hat, lebt in Schwerte. Nach seiner Zeit als Chef-Choreograf beim Stadttheater Dortmund ist er mittlerweile neuer Ballettdirektor des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe.

Spender unterstützen Projekt

Da ein Teil des Gebäudes am Nordwall von einer Ballettschule genutzt wird, stand das Motiv schnell fest. Für die Umsetzung des Kollektiv-Kunstwerks wurden die Schwerterin Sarah Jil Niklas, in deren Malerei der Tanz einen festen Platz hat, und der Hagener Martin Bender mit ins Boot geholt.

Die Finanzierung des ambitionierten Projekts unterstützten viele Spenden, Mitgliedsbeiträge der ISG sowie Mittel aus der Städtebauförderung. 50 Prozent trägt der Hausbesitzer, die ISS Grundbesitz, allerdings selbst.