Er nennt sie „Arsch“, „kleiner Wichser“ oder bezeichnet sie als „nervige Hauptschüler“: Ein Busfahrer aus Schwerte zieht, was Beschimpfungen betrifft, seit Monaten sämtliche Register. Nach unserem ersten Bericht haben sich weitere Eltern bei uns gemeldet.
Ein Vater erzählt, der Fahrer habe seinem 16-jährigen Sohn vor wenigen Tagen Schläge angedroht – einfach, weil er aussteigen wollte. Tim W. (vollständiger Name der Redaktion bekannt) war über den Bericht unserer Redaktion sehr erschrocken, da seine Kinder den Bus der Linie 594, die nach Wandhofen und Westhofen fährt, täglich benutzen.
Seine zehnjährige Tochter kennt „diesen komischen Busfahrer“ bereits und erklärt ihrem Vater, bei dem sei eben öfter „Wandertag“ angesagt. „Wandertag“ bedeutet, dass der Busfahrer nicht hält, sondern bis zur Endstation durchfährt. Dann müssen die Kinder weit laufen.
Busfahrer hält nicht an
Doch als Tim W. am Dienstag (6.12.) hört, was sein 16-jähriger Sohn erzählt, ist der Schwerter richtig wütend. Das Verhalten des Busfahrers beschreibt er folgendermaßen: „Mein Sohn hatte zur dritten Stunde und fuhr wie üblich mit dem Bus. Dieser hielt aber nicht an der Sparkasse in Schwerte, um ihn aussteigen zu lassen, sondern fuhr einfach weiter.“ Der Jugendliche habe den Busfahrer darauf angesprochen und ihn gebeten, anzuhalten. Doch nichts passierte.
Tim W. erzählt: „Am Wilhelmsplatz hielt er auch nicht an. Mein Sohn sprach den Busfahrer dann mehrmals an und sagte ihm, er solle endlich anhalten, er müsse zur Schule.“ Daraufhin sei es zu üblen Beschimpfungen durch den Busfahrer gekommen. Der Vater: „Er nannte ihn Wichser und sagte: ‚Ich hau dir gleich eine aufs Maul – ach geht ja nicht, ich muss Bus fahren, und heute ist Wandertag‘.“
„Verpiss dich, du Hurensohn!“
Das, so der Schwerter, sei schon „eine ordentliche Nummer“ gewesen. „Er lud ihn sogar ein, bis nach Hagen ohne Stopp mit ihm zu fahren.“ Nachdem der Fahrer dann endlich in Wandhofen am Ruhrtalimbiss angehalten hatte, habe er zu dem 16-jährigen Schüler beim Verlassen des Busses gesagt: „Jetzt verpiss dich, du Hurensohn!“
Der Vater ist völlig außer sich. „Das ist natürlich absolut nicht mehr hinzunehmen“, sagt er. Den Busfahrer müsse man „sofort und umgehend“ aus dem Verkehr ziehen: „Wer weiß, was der sonst noch so anstellt.“

Die betroffenen Eltern sind vor allem wütend darüber, dass sich offenbar seit Monaten niemand wirklich gekümmert hat. Viele der Mütter, die mit uns gesprochen hatten, waren in einer Telefon-Hotline gelandet. „Dort wurden wir immer weitergeleitet, und es hieß, man wolle sich kümmern.“ Mutter Betul S. hatte sich schließlich schriftlich an die BVR (Busverkehr Rheinland GmbH) gewandt – am 23. September, also vor rund zweieinhalb Monaten.
In der Antwort-E-Mail des Unternehmens hatte man ihr zugesichert, ein „offenes und klärendes Gespräch“ mit dem Mitarbeiter zu führen – „und hierbei auch konkret die von Ihnen genannten Punkte“ anzusprechen und seine Schilderungen dazu zu hören.
Eltern erwägen Anzeige
Die Schwerterin hatte sich über die Antwort, die unserer Redaktion vorliegt, geärgert – unter anderem, weil das Unternehmen sein Bedauern ausgedrückt hatte, „dass Sie das Verhalten des Mitarbeiters in der von Ihnen geschilderten Weise empfinden“. Betul S. sagt: „Das hat nichts mit Empfinden zu tun, das sind Tatsachen. Wir haben uns das doch nicht ausgedacht.“
In der Antwort habe außerdem gestanden, man wünsche den Kindern für die Zukunft „angenehme Fahrten in unserem Busverkehr“. Darüber können die Mütter nur lachen. Auf Anfrage unserer Redaktion hat die Pressestelle der Deutschen Bahn AG am Donnerstag (8.12.) erklärt, man wolle sich um die Beschwerden kümmern und den betreffenden Busfahrer befragen.

Sascha Kudella, Elternvertreter des Friedrich-Bährens-Gymnasiums, kommt ebenfalls aus Westhofen. „Das Verhalten des Busfahrers war dort schon länger Gesprächsthema“, erinnert er sich.
Kudella betont, dass auch jüngere Kinder, die gerade ins fünfte Schuljahr kommen, den Bus von Westhofen in Richtung Stadtmitte nutzen. „Die haben sowieso schon Unbehagen, mit den älteren Kindern in einen Bus zu steigen.“ Zum Verhalten des Fahrers sagt Kudella: „Das geht gar nicht.“ Er sehe auch strafrechtlich eine Grenze überschritten.
Inzwischen gibt es mehrere Eltern, die in Erwägung ziehen, den Fahrer bei der Polizei anzuzeigen – wegen Beleidigung, Nötigung und nach den Erlebnissen des 16-jährigen Schülers eventuell sogar wegen Androhung von Gewalt.
Warten auf das Busunternehmen
Bevor man jedoch die Anzeige stelle, so Kudella, würde er als Elternvertreter noch abwarten, wie das Unternehmen reagiert, bei dem der Fahrer angestellt ist. „Eigentlich haben wir mit den Fahrerinnen und Fahrern dort auch viele gute Erfahrungen gemacht“, sagt er.
So habe seine Tochter einmal einen Turnbeutel im Bus liegengelassen – und man habe sich dort prompt und nett gekümmert. „Eine total engagierte Frau hat noch am selben Abend die Sporttasche gefunden, und am nächsten Tag hat meine Tochter sie im Bus zurückbekommen.“ Sascha Kudella hofft, dass das Busunternehmen beziehungsweise die Verantwortlichen schnell Konsequenzen ziehen: „Dieser Fahrer hat da nichts zu suchen.“
Unserer Redaktion gegenüber hat sich das betroffene Busunternehmen geäußert. Auf Anfrage war man dort am Montag (5.12.) merklich entsetzt über die Vorwürfe gegen den Fahrer. Ein solches Verhalten könne man sich „überhaupt nicht vorstellen“. Am Freitag (9.12.) teilte das Unternehmen mit, dass man „den Vorwürfen selbstverständlich nachgehen und die Angelegenheit klären“ werde.
„Gegenüber unserem Mitarbeiter werden wir angemessen reagieren, bitten aber um Verständnis, dass wir Ihnen hierüber aus rechtlichen Gründen keine Angaben machen können.“
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