
© Althoff
Bundesminister Jens Spahn am Freischütz: Wenige Demonstranten
Wahlkampf 2020
Wie ist es, wenn der Bundesgesundheitsminister nach Schwerte kommt? Gibt es Gegendemonstranten? Was sagt Jens Spahn im Freischütz? Auf all das gab es am Montagnachmittag Antworten.
Für die CDU Schwerte ist es der Höhepunkt im Wahlkampf 2020. Es ist aber auch ein Termin, der auf andere folgt, bei denen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angegriffen wurde. Verbal und lautstark, am Wochenende aber wohl auch durch Spucken.
Wie es in Schwerte ablief? Hier unser Protokoll zum Nachlesen.
12.45 Uhr: Wie immer, wenn Minister oder andere Vertreter des Staates kommen, ist das Bundeskriminalamt im Einsatz. „Das BKA war schon da für die Begehung vor Ort“, hieß es von der CDU. Zudem sei der Sicherheitsdienst im Einsatz, der auch bei Landestagungen beschäftigt werde. Immerhin gelte es, Sorge zu tragen, dass die Corona-Bestimmungen eingehalten würden.
13.30 Uhr: Jens Spahn hat doch nicht so lange Zeit wie zunächst angenommen. Das erklärte Bianca Dausend von der Schwerter CDU auf Anfrage am Mittag. Spahn werde nur von 15 bis 16 Uhr bleiben können, nicht bis 16.30 Uhr. Er müsse zu einer Video-Konferenz der Minister. Dennoch werde genügend Zeit für die Beantwortung von Fragen bleiben. Spahns Rede werde wohl nur eine Viertelstunde dauern. Danach beantworte er eingesandte Fragen, die er übrigens vorher nicht lesen wollte, unterstreicht Dausend. Sie stellt die Fragen stellvertretend.
14.28 Uhr: Die Lage ist ruhig, die Polizei entspannt. Gegenüber auf der anderen B236-Seite haben sich vier Gegendemonstranten aufgebaut. „Lockdown ist keine Lösung“ steht auf einen Schild. Fraglich, ob man es vor dem Freischütz überhaupt hören würde, wenn dort jemand rufen würde. Dazwischen liegt ja der lautstarke Verkehr der Hörder Straße.
14.49 Uhr: „Mit starken Kräften“ sei man vor Ort, heißt es von der Polizei. In der Tat sind die Beamten so langsam auch dabei, sich mit einzelnen Grüppchen zu unterhalten. In gesichertem Abstand zum Freischütz-Eingang.
15.00 Uhr: Circa ein Dutzend Gegendemonstranten, alle sanft eingekesselt von der Polizei. Man baut sich auf, offenbar geht es gleich los.

Viel Polizei und eine Mini-Gegendemo auf der anderen Seite der B336. © Althoff
15.03 Uhr: Die schwarzen Limousinen fahren vor. Ein paar Pfiffe, mehr nicht. Die Gegendemonstranten stehen 20, 30 Meter weit weg. Spahn steigt aus, setzt sich die NRW-Maske auf und geht in den Freischütz.
15.10 Uhr: Spahn steht auf der Bühne und beginnt mit seinem Mini-Vortrag. Und nach einigem Lob für die Bürger, die „in ganz großer Mehrheit“ die Corona-Zeit gut gemeistert hätten und die achtsam miteinander umgegangen seien, kommt Spahn auf die lautstarken Kritiker zu sprechen: „Die sagen dann immer: Ich bin ein freier Mensch, ich trage keine Maske.“ Ein Satz, bei dem Spahns Stimme dröhnt. Dann, leiser, fügt er hinzu, was er erwidere: „Ich bin auch ein freier Mensch und deshalb trage ich die Maske. Freiheit heißt nicht, dass ich machen kann, was ich will.“ Zur Freiheit gehöre immer auch die Verantwortung. Und deshalb ende die absolute Freiheit eben beim anderen, also beim Nachbarstuhl in 1,50 Meter Abstand.

Jens Spahn beantwortete Fragen der Schwerter im Freischütz. © Althoff
15.15 Uhr: „Das Sicherste wäre ja: Wie schließen uns alle zuhause ein, aber das wäre kein Leben.“ Es gelte deshalb die Balance zu finden, immer wieder neu: „Es ist wichtig, dass Kitas und Schulen im Regelbetrieb sind. Es ist wichtig, dass die Wirtschaft wieder in Betrieb ist.“ Und so lerne man immer wieder auch. Die Schließung der Geschäfte sei damals richtig gewesen, ebenso wie die vorsichtige Wiederöffnung mit Abstands- und Hygienemaßnahmen: „Es gibt keine Corona-Ausbrüche beim Einzelhandel“, unterstrich Spahn.

Im Saal saßen wegen der Hygiene-Auflagen nur wenige Gäste. © Althoff
15.33 Uhr: Die Fragerunde beginnt. Wieso Corona-Tote nicht obduziert würden, möchte jemand wissen. Spahns Antwort: Werde doch. Und das sorge für weitere Erkenntnisse. Dabei gehe es nicht nur um die Suche nach dem Impfstoff, sondern auch um bessere Behandlungsmöglichkeiten und das Vermeiden schwerer Verläufe.
15.39 Uhr: Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Hochzeitsdienstleister – Spahn ist überrascht, dass es einen solchen gibt – möchte wissen, warum für professionell organisierte Feiern das Gleiche gelte wie für private Feten. Die Antwort des Ministers: „Wenn ich mir eine Hochzeit im Münsterland vorstelle, die eine echte Hochzeit ist, also im Sinne einer richtigen Hochzeit...“ Jedenfalls sitze da doch später am Abend auch nicht mehr jeder an seinem Tisch und alles mische sich. Deshalb.
15.47 Uhr: Vor allem die Jüngeren hätten sich zuletzt infiziert, aber jeder 20-Jährige habe halt auch eine Oma. Dass es bei Weihnachtsmärkten, Karneval oder der Berliner Silvesterparty auf die Konzepte ankomme und es keine pauschale Antwort auf die Frage „Ab wann wieder?“ gebe. Dass man es nicht „auf eine Zahl reduzieren“ könne, die die aktuelle Lage alleine abbilde. Spahn liefert ein gutes Zitat nach dem anderen, redet sachlich und ruhig: „Es geht nicht darum, Alarmismus zu machen oder Endzeitstimmung.“
15.49 Uhr: Eine letzte Frage stellt Spahn sich dann noch selbst: die nach den Impfungen, die werde doch immer gestellt. „Es wird eine freiwillige Impfung, ganz egal, was Sie in irgendwelchen Whatsapp-Gruppen lesen – es gibt da ja die interessantesten Thesen. Und das sage ich nicht irgendwo im Hinterzimmer, sondern hier ganz öffentlich.“
15.51 Uhr: Wichtig zur Impfung sei doch: Es müsse eine ordentliche Studie werden, nicht so wie in Russland. Was man wisse, sei der dortige Wirkstoff „an 40 bis 50 Probanden getestet worden – und selbst wenn die Präsidententochter dabei war, macht es das nicht besser“. Spahns Wunsch für Deutschland: dass 55 bis 65 Prozent der Bevölkerung sich freiwillig impfen lassen werden. Das würde reichen, um die Ausbreitung zu unterbinden.
15.54 Uhr: Jetzt ist aber Schluss auf der Bühne. Spahn muss los. Um 16 Uhr beginne die Konferenz der Gesundheitsminister von Land und Bund. Ein paar Minuten später sei kein Problem, mehr aber schon, da müsse er zum Verständnis bitten.
16.00 Uhr: Draußen ist die Lage ruhig, wie ein Polizeisprecher bestätigt. Keine besonderen Vorkommnisse.
16.03 Uhr: Spahn steigt ein. Der Audi mit Berliner Kennzeichen beschleunigt und verlässt den Freischütz-Parkplatz. Das Dutzend Gegendemonstranten ist noch da. Die Pfiffe sind aber deutlich leiser als bei der Ankunft. Nur eine Frau schreit der Limousine entgegen: „Herr Spahn, ich habe eine Frage. Herr Spahn, ich habe eine Frage...“
16.04 Uhr: Die Fragen, die die CDU vor der Veranstaltung per E-Mail gesammelt hatte, und für die auf der Bühne keine Zeit mehr war, werden im Nachgang übrigens vom Büro Spahn noch beantwortet. Das hatte der Minister auch von der Bühne aus versichert.
Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
