Rolle rückwärts bei der Bürgerstiftung Rohrmeisterei: Hatte die Stiftung im Februar 2022 den ehrenamtlichen Vorstand um zwei neue Mitglieder auf insgesamt vier erweitert, hat sich das Team zwei Jahre später auf zwei Köpfe reduziert.
Jennifer Peters und Tobias Bäcker übernehmen künftig als neues Vorstandsduo gemeinsam die Führung der Kultureinrichtung. Der langjährige Stiftungsvorstand Michael Schade ist aus Altersgründen ausgeschieden. Anne Kipple ist weiterhin in der Projektarbeit tätig, indes nicht mehr als Vorständin.
Bäcker und Peters wollen künftig die Entwicklung der Rohrmeisterei weiter vorantreiben und die Einrichtung als kulturellen Begegnungsort stärken, wie sie am Mittwoch (10.4.) im Gespräch mit der Redaktion mitteilten.

Keine städtischen Zuschüsse
Die Rohrmeisterei, die, betont Bäcker, ohne städtische Zuschüsse auskommt, hat seit ihrer Gründung Anfang der 2000er eine beachtliche Entwicklung durchgemacht. Wie Jennifer Peters am Mittwoch erklärt, habe auch der ehrenamtlich geführte Betrieb im Laufe der Jahre diverse Umbrüche erlebt: „Im Grunde ist es ja immer noch ein Neustart“, so Peters, die dem Vorstand seit zwei Jahren angehört und – als Ur-Schwerterin ursprünglich durch private und berufliche Verbindungen zur Rohrmeisterei gekommen – in dieser Rolle den laufenden Prozess weiter begleiten möchte.
Die Rohrmeisterei, die aus einer dem Abriss geweihten Ruine über die Jahre zur kulturellen Institution wurde, führt und finanziert ihr Programm und die Bereitstellung von Räumen für Vereine und Kulturschaffende selbst. „Die Kosten für das Gebäude – Energie, Reparaturen, Reinigung, Ausstattung, Hauspersonal, Gewerbesteuer – werden hier im Haus selbst erwirtschaftet“, sagt Tobias Bäcker, selbst seit Beginn der Bürgerstiftung mit dabei.
Klarer Fokus: Begegnungen schaffen
Trotz des wirtschaftlichen Drucks – über die Unterstützung durch Zustiftungen (s. Infokasten) freue man sich indes immer – setze das Vorstandsteam mit der Förderung von Begegnungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen (Alters-)Gruppen einen klaren Fokus. Beispiele: Kultur-Großveranstaltungen und darüber hinaus ein Punkkonzert in Kooperation mit dem Bündnis „Schwerte gegen Rechts“ sowie das Format „Takeover“, bei dem Jugendliche die Halle 3 der Rohrmeisterei in den Ferien für eine Woche bespielen.
„Diese Bandbreite ist Rohrmeisterei und dass solche Gruppen, auch wenn es mal knirscht, zusammenkommen – sowas ist Begegnung“, so Bäcker. Der Ansatz, Begegnungen bewusst zu schaffen und zu fördern, soll in Zukunft noch weiter ausgebaut werden. So blickt man in diesem Jahr auf das Schwerter „Jugendfestival“, dessen Durchführung jüngst vom Rat der Stadt beschlossen wurde, und das Europafest am 5. Mai auf dem Plateau der Rohrmeisterei anlässlich der Europawahl am 9. Juni 2024.
180.000 Besucher im Jahr
Neben der essenziellen Rolle der Gastronomie, die das finanzielle Rückgrat bildet, tragen auch das Unterstützernetzwerk, das aktuell aus rund 80 Stifterinnen und Stiftern bestehe, und der ehrenamtliche Einsatz entscheidend zum Erfolg der Rohrmeisterei bei.
In Zahlen sind das laut dem Vorstand 40 Belegungstage mietfrei für gemeinnützige Veranstalter aus Schwerte, 48 eigene Veranstaltungen in 2023 – etwa die „Rohrmeisterei unplugged“, die „Rollmeisterei“, die Sternstunden am Bösendorfer und mehr – plus weitere öffentliche Events durch gewerbliche Veranstalter, wie zuletzt die Ü30-Party im Februar. Insgesamt, betont Bäcker, zähle das Schwerter Kulturzentrum im vergangenen Jahr weit mehr als 100 öffentliche Veranstaltungen.
Mit der Gastronomie käme man im Jahr auf rund 180.000 Besucherinnen und Besucher – nach dem dramatischen Einbruch während der Corona-Pandemie hätte die Rohrmeisterei den alten Stand damit wieder erreicht.

Skulpturen instandsetzen
Ein kulturelles Schwergewicht? Könnte man meinen, macht die Kombination aus besonderem Ambiente, dem ikonischen Charakter des Gebäudes und einem weitreichenden Kulturprogramm die Rohrmeisterei zur Institution, wobei der Begriff laut Bäcker nicht ganz treffend sei: Denn trotz des institutionellen Charakters dürfe man nicht nur „Institutionelles machen“. Man sehe vielmehr die Notwendigkeit von Veränderungen und Offenheit für neue Ideen: „Wichtig ist, dass sich dieser Ort über die Jahre immer wieder verändert und auch neu erfunden hat“, so Bäcker.
Auch die Skulpturen auf dem Rohrmeisterei-Plateau – die Licht-Skulptur „Helle Kammer“ von Kazuo Katase und die Wasser-Skulptur „Less Sauvage Than Others“ von Rosemarie Trockel – sollen sich 2024 verändern, wieder schöner werden, nachdem ihre Optik in der Vergangenheit Anlass für Kritik war. Aktuell werden die Skulpturen im öffentlichen Raum instandgesetzt. Schon im Mai soll die Licht-Skulptur wieder leuchten und der Trockel-Brunnen wieder sprudeln.
Spagat zwischen Gastro und Kultur
Mit dem neuen Vorstandsteam an der Spitze schreibt die Rohrmeisterei also ihr nächstes Kapitel. Bei allem Wandel bleibt die Zielsetzung bestehen: „Die Rohrmeisterei ist und bleibt ein Ort, an dem sich die unterschiedlichsten Menschen begegnen und austauschen können“, so Bäcker – immer im Spagat zwischen gehobener Gastronomie und einem kulturellen Ort für alle.
Die Rohrmeisterei unterstützen
- Mit 5 Euro im Monat oder 60 Euro im Jahr kann man schon Stifterin/Stifter werden und das Haus mit dem finanziellen Beitrag im Fundament absichern.
- Die Zuwendung fließt in den Vermögensstock der Bürgerstiftung (Stiftungskapital), sie kann für Investitionen eingesetzt werden und bleibt der Stiftung dauerhaft erhalten.
- Die Erträge werden laut Vorstand ausschließlich für kulturelle und gemeinnützige Projekte eingesetzt.