Langsam geht sie an den Stangen mit den weißen Kleidern entlang, lässt erst mal vorsichtig den Blick schweifen, geht noch mal zu der Auswahl gegenüber, berührt vorsichtig den Stoff, beäugt ihn, lächelt nervös. Lisa Ludmann (29) aus Lanstrop möchte an diesem Abend das perfekte Kleid für ihre Hochzeit finden.
Dazu ist sie extra nach Schwerte gefahren, um beim Brautmodengeschäft „Herzlichkleid“ fündig zu werden. Ob es ein neues oder ein „Preloved-Kleid“, also ein schon getragenes Brautkleid, wird, ist für Lisa zweitrangig. Ihr gefällt der Stil der Kleider, die Sabrina Raabe in ihrem Laden anbietet.

Große Aufregung, bevor Lisa aus der Umkleide tritt
Die Lillet-Schorle sprudelt im Glas. Und nach und nach füllt sich der Ständer an der großen Umkleidekabine mit den Brautkleidern, die in die engere Auswahl kommen. Es darf nicht nur, sondern soll sogar einen tiefen Ausschnitt haben. „Sonst sind meine Kleider immer hochgeschlossen. Auf meiner Hochzeit möchte ich mal was anderes“, sagt sie.
„Und ich habe den Auftrag gekriegt, darauf zu achten, dass sie mit dem Kleid auch auf einem Motorrad sitzen kann“, wirft Schwiegermutter in spe Marion ein. Alle kichern. Auch Mama Ute und ihre Schwester Nina sind bei einem der aufregendsten Tage in Lisas Leben mit dabei. Sie alle können den Moment kaum erwarten, in dem Lisa endlich aus der Umkleidekabine tritt, um das erste Kleid zu präsentieren. Man könnte eine Stecknadel fallen hören, so ruhig ist es im Raum.

Spektakuläre Verlobung in Norwegen
Zehn Jahre sind Lisa und Julian schon ein Paar, im Juli wollen sie heiraten. Sie kennen sich aus der Schule, aber da hatte es bei den beiden noch nicht so richtig gefunkt. Obwohl Lisa schon da Interesse hatte, wie sie gesteht – „und das wusste er auch“. Sie lacht. Bei dem Verlobungsfoto, das die beiden ihren Müttern aus dem Norwegen-Urlaub geschickt haben, mussten die erst mal schimpfen, erzählen sie. „Ich habe erst später gesehen, worum es eigentlich wirklich ging“, sagt Marion Potthoff.
Denn die Verlobung sieht nicht nur spektakulär aus: Auf einem Felsbrocken in Norwegen, der zwischen zwei Felswänden hängt, dem Kjeragbolten, stellte Julian seiner Lisa die entscheidende Frage – 1000 Meter über einem Abgrund. Das hätte in mehrfacher Hinsicht schiefgehen können. Aber auch im Nachhinein bereut die Dortmunderin nicht, „Ja“ gesagt zu haben.

„Das Kleid, das dir nicht steht, muss noch erfunden werden“, sagt Marion Potthoff. Lisa steht vor dem Spiegel und beäugt sich misstrauisch in einem atemberaubend schönen Kleid mit tiefem Rückenausschnitt. „Glitzert das nicht zu viel?“ Sie dreht sich hin und her. Überzeugt ist sie nicht.

„Du musst sagen können: ‚Das ist es‘“, sagt Mama Ute liebevoll zur Unterstützung. Denn auch bei den folgenden Kleidern ist die 29-Jährige skeptisch. Zwar gefallen ihr einzelne Details, das perfekte Kleid ist aber noch nicht darunter. „Das bist auch nicht du“, versichert ihr ihre Schwester.

Die Adresse des Ladens ist ein gutes Omen
Der Moment, auf den alle gewartet haben, passiert dann erst ganz unscheinbar. Still rollen Lisa Tränen über das Gesicht, als sie sich im Spiegel betrachtet. Sie sagt nichts. „Sehe ich da Tränen? Ist das dein Kleid“, fragt Sabrina Raabe von „Herzlichkleid“. Lisa nickt. Sie lächelt. Sie trägt gerade das Kleid, in dem sie zu ihrem Julian „Ja“ sagen wird. Jetzt wird es greifbar, dass sie eine Braut sein wird. Auch bei den anderen Frauen fließen nun Tränen. Ein unbezahlbarer Moment, den keine von ihnen je vergessen wird.
Das Kleid zeigen wir an dieser Stelle natürlich nicht. Es soll eine Überraschung bleiben für Bräutigam Julian.

Fest steht aber: „Hier mussten wir das Kleid auch finden. Die Adresse war schon ein Zeichen“, sagt Lisas Schwiegermutter in spe. Dort im Laden, „Im Potthof 1“, steht die zukünftige Lisa Potthoff in ihrem Traumkleid. Ob das allerdings auch Motorrad-tauglich ist? Das wird der Bräutigam wohl erst im Juli erfahren.

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