Post von einem falschen Polizisten Bärbel Beutner erschüttert über wirren Pädophilievorwurf

Post vom falschen Polizisten: Bärbel Beutner warnt vor Betrugsmasche
Lesezeit

Dr. Beutner lässt sich so schnell nichts vormachen. Doch als nun eine E-Mail von der Polizei bei ihr einging, zuckte die Unnaerin und ehemalige Lehrerin am Schwerter Friedrich-Bährens-Gymnasium (FBG) doch zusammen. Das Schreiben war eine Fälschung, ja, aber insgesamt doch zu gut gemacht, um sich sofort sicher zu sein.

Gerade dies wühlt Beutner nun auf. „Die Androhungen, die in dieser Mail standen, waren schon erheblich. Nicht auszudenken, wenn drauf jemand einsteigt“, sagt sie. Und tatsächlich ist diese Furcht nicht unbegründet.

Denn auch das Bundeskriminalamt warnt inzwischen vor jener Mail, die offenbar alle Jahre wieder in Umlauf kommt. Zurzeit steht ein aktualisierter Hinweis darauf sogar auf Platz 2 der Warnhinweise auf der BKA-Internetseite.

Auch Bärbel Beutner geht es darum, zu warnen. Als sie mit der Mail zur Polizei in Unna ging, verzichtete sie auf eine Strafanzeige, denn die Hintermänner zu erwischen, werde wohl ohnehin nicht gelingen, erklärt sie. „Es soll der Information dienen. Darin liegt wohl der beste Weg zum Schutz.“

Viel Mail-Verkehr bringt auch viel Müll-Verkehr

Für Dr. Beutner war es nicht das erste Mal, dass sie eine E-Mail mit betrügerischer Absicht erhalten hat. Die 78-Jährige ist international vernetzt, führt eine umfangreiche Korrespondenz, etwa als Autorin, als Funktionärin in Vertriebenenverbänden oder auch privat. Entsprechend weit verbreitet ist ihre E-Mail-Adresse. Zwangsläufig bringt einem dies auch E-Mails ein, hinter denen unseriöse Absichten stecken.

Meist entlarvte sie die Fälschung allein dadurch, dass es um Dinge ging, die für sie gar nicht zutreffen – etwa um eine Kreditkarte, über die Beutner gar nicht verfügt. Und auch die aktuelle Mail warf ihr Dinge vor, die im Grunde grotesk sind.

Haftbefehl für Bärbel Beutner

Unter einem digitalen Briefkopf, der nach Bundespolizei und Europol aussah, erhielt Beutner ein „Gerichtliches Informationsschreiben“. Darin vorgeworfen werden der 78-jährigen Frau „Kinderpornographie, Pädophilie, Exhibitionismus, Cyberpornografie und Verstoß gegen die guten Sitten“. Durchweg Dinge, für die sich nicht in Betracht käme, stellt Dr. Beutner reinen Gewissens klar. Und doch habe sie das gesamte Schreiben als einschüchternd empfunden.

Ein Ausdruck des Schreibens, mit dem angeblich die Bundespolizei den Empfängern Kinderpornografie und andere Straftaten vorwirft. Das BKA stuft die E-Mails als Fake-Schreiben mit Betrugsabsicht ein.
Ein Ausdruck des Schreibens, mit dem Dr. Bärbel Beutner (78) aus Unna mehrere Sexualdelikte vorgeworfen werden. © HA

Der unbekannte Verfasser stützt sich auf ein großes Maß an staatlicher Autorität: „Ich, der unterzeichnende Michael Rupp, Polizeidirektor, stellvertretender Generaldirektor der öffentlichen Sicherheit, Zentraldirektor der Kriminalpolizei und des Dienstes für internationale polizeiliche Zusammenarbeit (SCIP), in Zusammenarbeit mit Herrn Jean-Philippe Lecouffe, Direktor der Operationen von Europol, gestützt auf die Artikel 20, 21-2 und 74 bis 79 der Strafprozessordnung (...) übermittele Ihnen diesen Haftbefehl (...)“, liest es sich etwa darin. Unplausibilitäten im Schreiben aufzuspüren, dauert in diesem Fall etwas länger als üblich. So gibt es tatsächlich eine Bundespolizeiinspektion München und auch deren Adresse ist korrekt angegeben. Stirnrunzeln begründen dagegen die vermeintliche „Brigade für den Jugendschutz“ und dass die bayrische Bundespolizei (?) E-Mail-Adressen bei Google nutzen soll. Dass Polizeidirektor Rupp zum Schluss kein „Herr“ ist, sondern mit der Anrede „Mr“ unterzeichnet, lässt auf Hintermänner im Ausland schließen.

Nicht reagieren, keine Dateien öffnen

Beutner lassen sie wissen, dass sie „Gegenstand mehrere laufender Gerichtsverfahren“ sei, dass ihr eine Freiheitsstrafe bis zu 35 Jahren oder eine Geldstrafe bis zu 185.000 Euro drohe, was allerdings auch erst dem Kenner des deutschen Strafrechts spanisch vorkommen dürfte. Sie wird aufgefordert, binnen 72 Stunden eine als Dateianhang beigefügte „Vorladung“ zu lesen und dann eine Stellungnahme per E-Mail abzugeben, sonst würde der Haftbefehl vollzogen.

„Das habe ich natürlich nicht“, sagt Dr. Beutner. Und damit hat sie auch schon alles richtig gemacht, stellen Polizei und BKA klar. Die wichtigsten Regeln für den Umgang mit solchen Mails seien: Keine Anhänge öffnen, keine Links anklicken, nicht Antworten.

Beutner machte es sogar noch etwas besser, indem sie die Mail vorm Löschen gefahrlos auf Papier ausdruckte, die Polizei einschaltete und öffentlich Alarm schlug. Es sei doch schlimm, wie man heute immer wieder hinters Licht geführt werden soll, erklärt sie. Auch wenn sie den Betrügern nicht auf den Leim gegangen ist, sei dieses „Drohschreiben ja wohl ein starkes Stück“. Und vielleicht seien ja auch andere davon betroffen.

Dabei ist auf den ersten Blick gar nicht klar, auf welche Weise die Initiatoren des Schreibens die Empfänger schädigen wollen, erklärt auch das BKA. Möglicherweise enthalte der Dateianhang eine Schadsoftware, die dann den Rechner infiziert, um Daten zu sammeln oder ihn für eine Lösegeldforderung zu sperren. Oder die Betrüger hoffen darauf, dass die Angeschriebenen in einer Antwort persönliche Daten mitteilen, die den Betrügern Angriffspunkte liefern.

„Hartmann hier, Polizei Fröndenberg“: Darum lachte Manfred Annacker (70) einen Anrufer aus

„Hallo-Mama-Trick“ am Telefon: Polizei kontert mit Tipp, wie man Täter schnell entlarvt

Betrüger sind aktuell im Kreis Unna unterwegs: Polizei hat einen klaren Appell