Die Bänker schüttelten den Kopf. Eine Spezial-Immobilie, einzig und allein als Trauer- und Abschiedshaus? So etwas gab es noch nicht. Und was sollte aus der Finanzierung werden, wenn dieser Plan nicht aufging? Doch Heinrich Kritzler ließ sich keinen Millimeter abbringen von seiner Vision, die ihm schon seit seiner Jugend durch den Kopf schwirrte. „Dann habe ich sie überzeugt“, sagt der Chef des Schwerter Bestattungshauses: „Und bei einem Besuch blieb ihnen später der Mund offenstehen.“
Umbau ganz ohne Architekt
Noch ganz genau erinnert sich Heinrich Kritzler an diesen Moment, erlebt vor 20 Jahren. Im Oktober 2004 eröffnete er sein „Haus der Sinne und würdigen Abschiednahme“ in der ehemaligen Sparkassen-Filiale an der Sonnenstraße 25. Mit großer Vorstellungskraft hatte er erkannt, dass die leerstehende Immobilie wie geschaffen war für die Verwirklichung der unternehmerischen Träume. „Ich habe dieses Haus gesehen und meine Ideen einfließen lassen“, berichtet der gelernte Tischlermeister. Einen Architekten habe er nicht gebraucht: „Es ist alles in meinem Kopf entstanden.“

Der geräumige Schalterraum im Erdgeschoss verwandelte sich in eine moderne, freundliche Trauerhalle, deren Ausgestaltung seinerzeit angetan war, die Träger mancher kommunalen und kirchlichen Friedhofskapellen blass werden zu lassen. Die bis heute vorhandenen massiven Holzbänke hat Heinrich Kritzler übrigens - wie viele Elemente des Innenausbaus - in seiner Werkstatt selbst gestaltet.
Tresor wurde zum Kühlraum
Wer es weiß, erkennt an manchen Details noch Erinnerungen an die ursprüngliche Sparkassennutzung des Gebäudes. Der Einwurf des Nachttresors, in den Geschäftsleute die Geldbomben mit ihren Tageseinnahmen fallen ließen, ist immer noch nützlich als Briefkasten. Und in den Tresorraum im Keller mit seinen dicken Wänden wurde die Kühlkammer eingebaut. Die drei Tonnen schwere Eingangstür ist aufgeklappt und hinter einer Verkleidung versteckt. So ein Koloss ist nicht so einfach auszubauen. Die Sparkassenleute ließen ihn einst in den Rohbau herab, bevor die Zwischendecke gegossen wurde.

Schlag auf Schlag wurden weitere Pläne umgesetzt. „Ich bin so eine Macher und Wühler“, bekennt Heinrich Kritzler. 2008 entstand an der Gebäude-Rückseite ein Anbau für das eigene Trauercafé, durch dessen Fensterreihen der Blick auf den anschließenden Garten fällt. Bei schönem Wetter lassen sich die Terrassentüren öffnen. Der helle Keller darunter ist der Musterraum für die Särge.
Photovoltaik und Wärmepumpe
2011 entstand rechts vom Eingang ein eigener Büroanbau. Weil der bald auch aus allen Nähten platzte, wurde 2019 bis 2020 eine weitere Etage auf das Dach gesetzt, wo sich auch die Besprechungsräume befinden. Ein Aufzug verbindet die Ebenen, die in der Fläche barrierefrei gestaltet sind. Und seit einem Vierteljahr macht eine Photovoltaikanlage, verbunden mit zehn Speicherbatterien und einer Wärmepumpe, die Immobilie quasi energiemäßig autark.

„Dieses Trauer- und Abschiedshaus ist einzigartig - nur für diesen Zweck und ohne Wohnungen“, sagt Heinrich Kritzler mit Stolz. Es ist die Krönung einer Unternehmensgeschichte, deren Grundstein sein Ur-Ur-Opa Heinrich 1894 mit der Gründung eines Tischlerbetriebs an der Kreisstraße in Dortmund-Holzen gelegt hatte. Sein Vater Heinrich verlegte ihn später in die Räume der früheren Westfälischen Brotfabrik am Rosenweg. 2004 übernahm der jetzige Chef das Ruder.
Tat der offenen Tür am Samstag
Es war das Jahr, in dem das Haus der Sinne mit seinen inzwischen 14 Mitarbeitern eröffnet wurde. Aus diesem Anlass lädt Heinrich Kritzler für Samstag (7.9.) zu einem Tag der offenen Tür ein. Von 11 bis 17 Uhr wartet auf die Besucher ein Getränkewagen und ein Foodtruck. Der Chef des Bestattungshauses hat dabei noch mehr Gründe zum Feiern: Er selbst (Jahrgang 1964) ist 60 Jahre alt geworden, seine Tochter Katharina (Jahrgang 1994) 30 Jahre. Die studierte Wirtschafts-Psychologin ist schon in dem Familienbetrieb tätig und wird ihn einmal weiterführen. Derzeit ist sie aber in Mutterschutz. Söhnchen Lio wurde in diesem Jahr geboren. Und das ist noch ein weiterer freudiger Anlass zum Feiern.