
© Reinhard Schmitz
Deutschlands ältester Kettensägenschnitzer kommt aus der Rente zurück
Öffentliche Kunst
Ein Schwerter ist der älteste Kettensägenschnitzer Deutschlands. Er wollte keine großen Arbeiten mehr machen. Doch in Nachbars Garten stand so ein Baumstamm. Ein weiterer lockt gegenüber.
Ursus, der lebensgroße Grizzly-Bär, war doch nicht sein letztes großes Kunstwerk. Als sich das Wildtier vor gut einem Jahr fertiggeschnitzt in einem Garten an der Kleinen Märkischen Straße hochreckte, wollte sich „Woodkatter“ Bernd Schumacher (71) eigentlich in seine Werkstatt am Heideweg 76 in Dortmund-Holzen zurückziehen und nur noch handliche Holzfiguren gestalten.
Der Kettensägen-Künstler hatte sich schon von Teilen seiner Werkzeug-Sammlung getrennt. „Die großen Sägen habe ich alle verkauft“, sagt er. Geblieben seien nur die acht kleineren Exemplare. Doch die ließ er jetzt noch einmal in aller Öffentlichkeit aufheulen. Er konnte es einfach nicht lassen.
In fünf Stunden Arbeit entstand die „Raupe Nimmersatt“
Für seinen Hausnachbarn an der Amtsstraße in Westhofen bewies Bernd Schumacher erneut die Kunstfertigkeit und das Geschick, das er in jahrzehntelanger Karriere erlangt hat. Was sollte aus dem unscheinbaren, zwei Meter hohen Stumpfrest einer gefällten Küstentanne im Vorgarten nebenan werden?
Der Woodkatter hatte sofort vor seinen gestalterischen Augen, was er aus dem Holz herausschälen wollte: „Wegen der Größe und Dicke sollte es ein Wurm werden.“ Fünf Stunden später reckte sich die niedliche „Raupe Nimmersatt“ – wie der Nachbar sie getauft habe – über den Villenzaun zum Bürgersteig. Mit einem Kopf, der den Zeitgeist widerspiegelnd, von seinem Schöpfer ganz bewusst „Corona-mäßig“ charakterisiert wurde.

Aus dem Baumstumpf am Amtsstraßen-Eingang zum Spielpark Amtswiese würde Bernd Schumacher auch gern noch eine Skulptur gestalten. © Reinhard Schmitz
Ob die Sonne nun scheint oder nicht: In den kommenden Tagen wird die „Haut“ der Raupe noch ein wenig mehr gebräunt erscheinen, wenn eine weitere Schicht des ökologisch abbaubaren Holzschutzmittels aufgetragen ist. Schließlich soll sie den beiden menschlichen Torsi dauerhaft Gesellschaft leisten, die Bernd Schumacher nebenan vor seinem Haus gestaltet hat.
„Der Lachende“ und „Der Schämende“ waren dort vor zwei Jahren aus Resten von Bergahornen entstanden, die die Stadt bei einer Fällaktion auf dem Bürgersteig der Amtsstraße stehen ließ, die sich langsam, aber sicher zu einer kleinen Skulpturenallee mausert.
Pläne für ein Tor im Spielpark Amtswiese
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite könnte die Kunstmeile vielleicht noch erweitert werden. Am Eingang zum Spielplatz Amtswiese steht der Stumpf einer mächtigen Rotbuche, deren Krone die städtischen Gärtner wegen Pilzbefalls im Herbst 2019 gekappt hatte.
Die Stadt Schwerte, so betont Rathaussprecher Ingo Rous, übernehme keine weitergehende Verantwortung für den Baum. Sie habe nur aus einer Art Kulanz den Baum für den Amtswiesen-Förderverein stehen gelassen, der einen Sachverständigen hinzuziehen wolle.

„Woodkatter" Bernd Schumacher (71) ist der älteste noch aktive Kettensägenschnitzer der Nation. © Reinhard Schmitz
„Wir müssen wissen, wie standfest der Baum ist“, sagt Margarete Brand, Vorsitzende des Fördervereins Spielpark Amtswiese. Denn außen sei der Pilz „riesengroß“. Über den städtischen Baumpfleger möchte sie einen Termin mit dem Gutachter vereinbaren, der auch für die Stadt tätig ist. Sie wolle noch einmal nachhaken. Es gebe auch einen Sponsor, der die Untersuchung bezahlen wolle: „Warten wir nochmal, bis das Frühjahr kommt.“
„Ich warte auf die Erlaubnis, daraus etwas machen zu dürfen“, sagt „Woodkatter“ Bernd Schumacher. Er hat als Plan eine Art Tor im Kopf, durch das Kinder hindurchkriechen können. Vielleicht gesellt sich also doch noch ein weiteres Stück zu den rund 100 Großskulpturen, die der älteste aktive Kettensägen-Künstler Deutschlands in 26 Jahren quer durch die Republik hinterlassen hat.
Von der Ostsee bis zu den Alpen stehen seine Werke. Mittlerweile, so erzählt er, habe er aber Unterstützung: „Ich bin eine Fusion mit einem Jüngeren eingegangen.“ Der heiße Kai Matthias und komme auch aus Westhofen. Ihr gemeinsamer Name: „Schwerter Kettensägenkunst“.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
