In der Lokalausgabe vom 13. September 2001 war der Terroranschlag in den USA schon das beherrschende Thema. Die Redaktion hatte erste Schwerter gefunden, die sich zu diesem Zeitpunkt in den USA aufhielten oder enge Verbindungen dorthin pflegten. © Reinhard Schmitz
11. September 2001
Terror statt Hoesch: Wie die Anschläge das Leben und die Berichterstattung in Schwerte prägten
Was passierte in Schwerte, als vor 20 Jahren das World Trade Center einstürzte? Wir haben in der Schwerter Zeitung geblättert – und können eine Zeitzeugen-Geschichte jetzt zu Ende erzählen.
Er selbst hatte damals noch kein Handy. Und die Telefonverbindungen aus den USA waren sowieso unter völliger Überlastung zusammengebrochen. Erst einem Freund von Stefan Windhövel gelang es am Abend des 11. September 2001, per Mobiltelefon die erlösende Nachricht in die Heimat zu schicken.
Dem Schwerter, der mit drei Kumpels zu einer Besichtigungstour nach New York gereist war, war beim islamistischen Terroranschlag auf das World Trade Center nichts passiert. „Frauenarzt sitzt fest in New Yorker Hotel“, vermeldete die Schwerter Zeitung am 15. September.
Als die Türme brannten, sorgten die Schwerter sich um Hoesch
Das unfassbare Inferno in Amerika riss die Schwerter aus der Normalität des Alltags. Als die entführten Passagierflugzeuge dort auf die Bürotürme zurasten, hatten sie gerade von der Übernahme des Waggonbaus Brüninghaus durch die Karsdorfer Eisenbahn gelesen und vom Regionalmarkt beim Pannekaukenfest, der 15.000 Besucher in die City gelockt hatte.
Das zeigen die alten Zeitungsseiten, die Stadtarchivarin Beate Schwietz in ihren Regalen hütet. Auch am Tag danach bestimmten noch andere Schlagzeilen die Lokalseiten. Thyssen-Krupp wollte auch das Schwerter Profilwerk – zu dem Zeitpunkt noch mit 840 Mitarbeitern – abstoßen. Die letzte Klappe für einen neuen Stadtfilm fiel. Das Aufmacherbild zeigte die Feuerwehr beim Brand einer Lagerhalle auf der Binnerheide.
Am Tag nach den Terroranschlägen in den USA war der beabsichtige Verkauf des Schwerter Profilwerks noch die Top-Nachricht der RN-Lokalseite. In dem Betrieb arbeiteten damals noch 840 Menschen. © Reinhard Schmitz
Dann jedoch begannen die Terror-Nachrichten aus den USA, auch die Lokalseiten zu überrollen. Fotos zeigen am 13. September Kondolenzbücher für die Opfer in der Viktorkirche und eine Deutschlandflagge auf Halbmast vor dem Rathaus.
Gleichzeitig meldeten sich erste Schwerter mit persönlichen Nachrichten aus den USA zu Wort. Der damalige Volleyballtrainer des VC Schwerte, Alexander Leibetseder, gab Entwarnung für seinen Freund und Trauzeugen, der in der Nähe des zerstörten World Trade Centers gearbeitet hatte.
Und Philipp Kruschel schilderte als Praktikant die Situation in Boston, wo die als tödliche Waffe missbrauchten Flugzeuge von den Terroristen gekapert worden waren.
Die ganze Stadt stand still für fünf Schweigeminuten
Gleichzeitig wurden erste direkte Auswirkungen auf die Ruhrstadt spürbar: Die Arbeitsgemeinschaft Schwerter Chöre sagte ein für das Wochenende geplantes Festival im Freischütz ab. Es sollte nicht die einzige Veranstaltung bleiben, die aufgrund der Ereignisse nicht stattfand.
Bei einer spontanen Umfrage der RN-Lokalredaktion rechneten Schwerter schon kurz nach den Terroranschlägen mit einem Angriff der USA auf Afghanistan. © Reinhard Schmitz
Fünf Schweigeminuten lähmten sogar das komplette öffentliche Leben in Schwerte, wie der Zeitungsaufmacher „Eine Stadt hält den Atem an“ am 14. September (Freitag) schilderte. Polizei und Feuerwehr brachten Trauerflore an ihren Einsatzfahrzeugen an. Und die Samstagsausgabe begleitete einen gut besuchten Gedenkgottesdienst in der Viktorkirche.
Sechs Tage später kehrte der Alltag zurück in die Zeitung
„Zurück zum Alltag“, ist schließlich die Eingangsglosse „Guten Morgen“ zum Start der nächsten Woche (17. September) überschrieben. Das lokale Geschehen rückte wieder in den Vordergrund mit der Premiere des Kindermusicals „Kleine Freundschaft“ am Ruhrtalgymnasium und dem Konzert vom 20-jährigen Bestehen der Band Basement Blues, das 500 Fans in den Freischützsaal lockte.
Ein Gedenkgottesdienst in der Viktorkirche bildete den Aufmacher in der Schwerter Ausgabe der Ruhr Nachrichten vom 15.9.2001. Daneben erschien der Bericht über Frauenarzt Stefan Windhövel in New York. © Reinhard Schmitz
Stefan Windhövel war zu dem Zeitpunkt noch mittendrin in New York, wo er staubbedeckte Reporter über das Unfassbare berichten sah. Und die ersten Plakate, auf denen Vermisste gesucht wurden. Er kann sich jetzt noch an alles ganz genau erinnern: „Der Flugverkehr in den ganzen USA war komplett eingestellt.“
Glücklicherweise habe er in seinem Hotel bleiben können. Erst eine Woche später habe dort das Telefon geklingelt: „Der erste Flug nach Frankfurt geht in drei bis vier Stunden – machen Sie sich auf den Weg.“
Stefan Windhövel stieg mit mulmigem Gefühl in den Flieger
Erst jedoch mussten ohne Handy die Freunde gesucht werden, die gottseidank im üblichen Treffpunkt, einem Café, saßen. „Ich habe mich dann ein bisschen komisch gefühlt, nach der Sache in ein Flugzeug zu steigen“, weiß der Schwerter heute noch: „Wir haben es überstanden.“
Zweimal ist er danach nach New York zurückgekommen und hat auch das Memorial besucht, das am Ort des Terrors errichtet worden ist: „Es ist schon beeindruckend.“
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