Es ist regnerisch und grau an diesem Freitagmittag (5.4.). Jörg Halver (59) steht auf der Fußgängerbrücke am Freischütz, hat den Regenschirm vorsichtshalber zur Hand, falls die Tropfen dicker werden sollten. Als wir ihn treffen, schaut er grade schräg rüber auf den Parkplatz an der B236, um den es bei diesem Treffen gehen soll.
Da stehen sie wieder, die Lastwagen. Das Bild ist eines, das die Autofahrerinnen und Autofahrer, die die Bundesstraße zwischen Schwerte und Dortmund befahren, ebenso wie die Spaziergängerinnen und Spaziergänger dort oben am Wald mittlerweile kennen. Nachdem die städtische Fläche während des Ausbaus der B236 als eine Art Baustellenlager gedient hatte, ist sie nach der Freigabe der Bundesstraße zum Lkw-Parkplatz geworden.
Das Thema kommt immer mal wieder auf – zuletzt ergab eine (nicht repräsentative) Umfrage dieser Redaktion, dass eine Mehrheit der Befragten (60 Prozent von insgesamt 800 abgegebenen Stimmen) der Meinung ist, man solle die Lkw-Fahrer in Ruhe lassen.
Kein einfaches Ja oder Nein
Anwohner Jörg Halver greift das zu kurz, wie er sagt. Die Frage, ob Stadt und Politik gegen die Lkw-Fahrer am Freischütz vorgehen sollten, lasse sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten.
Ob er die Situation am Waldrand für ein Problem halte? Ja, definitiv.
Ob er die Lkw-Fahrer verdrängt haben möchte? Nein, sagt er. Er sei „pro Lkw-Fahrer“, schließlich leisteten sie wichtige Arbeit für uns alle.
„Darum geht es auch nicht“, erklärt der Schwerter seinen Punkt, „aber wenn man was macht, muss man es vernünftig machen.“ Heißt in diesem konkreten Fall: Wenn man die Situation so dulde, müsse sich etwas ändern – für die Anwohnerinnen und Anwohner und auch für die Fahrer selbst.

Abfall und benutzte Taschentücher
Mülleimer gibt es nicht entlang der betonierten Fläche. Abfall liegt am Rande des Waldes, benutzte Taschentücher können unter Umständen als Überreste verrichteter Geschäfte gedeutet werden. In den Führerhäusern der Lastwagen, die an diesem Mittag da sind, sitzen deren Fahrer und gönnen sich eine Pause, bevor es weitergeht auf die Straße – dann womöglich in Richtung A2.
„Schauen Sie hier mal am Pfingstwochenende vorbei“, blickt Jörg Halver schon auf Mitte Mai – und in dem Zusammenhang auf das Sonn- und Feiertagsfahrverbot, das für Lkw über 7,5 Tonnen im gesamten deutschen Straßennetz gilt. „Dann sitzen die hier, ohne Dusche, ohne Toilette, ohne Mülleimer.“ Doch es gehe nicht nur um die ungünstige Situation für die Lkw-Fahrer. Das Problem entwickle sich weiter.
Laute Kühlaggregate
„Der Wald ist unser höchstes Gut“, sagt Jörg Halver, zeigt auf den Untergrund, der sich aus seiner Sicht immer weiter ausweitet in Richtung Wald. Dicke Reifenspuren sind zu sehen – allabendlich stehen die Sattelschlepper links und rechts des Parkplatzes, um die Durchfahrt nicht zu versperren.
Bauliche Empfehlungen für „gesicherte Lkw-Parkplätze“ gibt es – nur handelt es sich hier eben nicht um einen gesicherten Parkplatz, schon gar nicht für 40-Tonner. Die Pkw-Schilder sind eindeutig an der Einfahrt, die von der B236 abgeht.

Was ist mit dem Lärmschutz der Anwohner, fragt Halver noch, der selbst auf der Schwerterheide wohnt. Wegen lauter Kühlaggregate hätten Anwohner in der Vergangenheit schon die Polizei gerufen. In der Nacht vom 23. auf den 24. August 2023 sei es besonders störend gewesen, schildert der 59-Jährige einen konkreten Vorfall im vergangenen Jahr.
Einen Einsatz wegen Ruhestörung kann die Polizei am Freitag so nicht bestätigen, weist aber auch darauf hin, dass Anrufe von Anwohnern nicht immer als Lärmbelästigung gewertet würden. In diesem Fall hätte die Polizei unter anderem auf Schienen-Arbeiten am Bahnhof hingewiesen, sagt Halver – tags darauf habe er sich mit dem Fahrrad auf den Weg gemacht, um das Geräusch zu orten. Es sei vom Parkplatz gekommen, wie er sagt.

CDU: Thema auf der Agenda
Jörg Halver will nicht kleinlich sein, nur darauf hinweisen, dass die Situation für alle Beteiligten so nicht tragbar sei. Das findet auch die CDU, die das Thema zuletzt wieder im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung angesprochen hat. Wie berichtet, müsste für eine bauliche Lösung – etwa einen Höhenbegrenzer – ein politischer Antrag eingereicht werden. Ob es so kommt, ist noch nicht abzusehen.
Marco Kordt, Fraktionsvorsitzender der Schwerter CDU, bestätigt am Freitag auf Anfrage, dass die Fraktion das Thema nach wie vor auf der Agenda habe. „Ja, das ist für uns ein Thema“, sagt Kordt, kann und will zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine Richtung vorgeben. „Wir müssen recherchieren, was da die beste Möglichkeit ist.“ Die Lkw-Fahrer seien die Menschen, „die am Ende der Kette sind“. Man wolle sie nicht radikal verscheuchen.
Dass die Situation nicht ideal sei, sei allerdings keine Frage – ebenso wenig, dass das Problem ausführlich besprochen werden müsse.
„Pissoir der Fahrer“
Jörg Halver kann erst einmal hoffen, dass das Thema nicht wieder untergeht. „Da oben haben wir das Millionenprojekt“, sagt er noch und zeigt mit seinem blauen Knirps in Richtung Fußgängerbrücke, „und hier unten das Pissoir der Fahrer.“
Den Regenschirm hat er an diesem Mittag nicht aufspannen müssen, die triste Grundstimmung aber bleibt. Wenngleich er froh sei, dass seine Meinung zum Thema gehört wurde. Ein einfaches Ja oder Nein hätte in diesem Fall einfach nicht gereicht.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 8. April 2024.