Gelbe Karteikarten an Autos in Schwerte aufgetaucht Neue Masche von Aufkäufern

Neue Masche der Auto-Aufkäufer: Gelbe Karteikarten am Bahnhof aufgetaucht
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Die gelbe Karteikarte hat etwas Vertrauenswürdiges, erinnert ans Lernen für die Schule oder das Studium. Die Handschrift: feinsäuberlich. Die Anrede: freundlich. „Guten Tag“, steht auf dem linierten Kärtchen: „Wollte mal fragen ob Sie ihr Auto verkaufen möchten [Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler übernommen]?“

„Falls ja rufen Sie mich bitte an oder senden Sie mir eine Nachricht. Danke! Chris“ – darunter eine Handynummer. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass sie nicht mit Kugelschreiber geschrieben, sondern die Nachricht auf das Kärtchen gedruckt wurde. Sie steckt am Sonntagabend (7.4.) in mehrfacher Ausführung an mehreren Fahrzeugen auf dem P&R-Parkplatz am Schwerter Bahnhof und hat nichts mit den bunten Visitenkarten zu tun, die Autofahrerinnen und Autofahrer sonst so kennen.

Das mag gewollt sein – die Karteikarte suggeriert auf den ersten Blick eine private Autosuche. Sehr schnell aber wird klar, dass es sich nur um eine neue Masche von sogenannten Auto-Aufkäufern handeln kann – und Chris womöglich nicht Chris ist.

Selbsttest in Dortmund

Mit einem kurzen „Ja“ meldet sich ein Mann unter der angegebenen Nummer. Als wir ihn fragen, ob er Chris sei, wird er hellhörig. Ja, er sei privat auf der Suche nach einem Auto, Händler sei er nicht, sagt er. „Was haben Sie denn für ein Auto?“, will er wissen. Als wir ihn im Gegenzug fragen, ob die Zettel nicht auch schon in Dortmund aufgetaucht seien, er sich anscheinend große Mühe mache mit dem Verteilen, muss er selbst fast schmunzeln. Das Gespräch ist schnell beendet, aufdringlich wird „Chris“ nicht.

Die bunten Visitenkarten kennen Autofahrerinnen und Autofahrer nur zu gut. Diese hier wurden in Dortmund gesammelt, darunter auch der gelbe Zettel von „Chris“.
Die bunten Visitenkarten kennen Autofahrerinnen und Autofahrer nur zu gut. Diese hier wurden in Dortmund gesammelt, darunter auch der gelbe Zettel von „Chris“. © Philipp Pohl

Ob Visitenkarten oder neuerdings die handgeschriebenen Kaufangebote: Sie sind eine Plage – tauchen immer wieder in Schwerte und im Umkreis auf, die gelben Karten zuletzt auch in Hörde.

Ein Selbsttest unserer Dortmunder Redaktion – ein Treffen mit einem Auto-Aufkäufer – ergab, dass man lieber die Finger lassen sollte von den dubiosen Anbietern. In den seltensten Fällen wird ein marktgerechter Preis für den eigenen Pkw geboten. Auch von der Verkaufsabwicklung mittels eines Kaufvertrages, der nicht die rechtlichen Mindeststandards einhält, ist abzuraten.

Massenhaft Karten ohne Bewilligung

Für die Visitenkartenverteilung, wie jetzt in Schwerte, liegt bei den Händlern in den meisten Fällen nicht einmal eine (erforderliche) Bewilligung vor, außerdem sind auf den Kärtchen selbst weder Firmenname noch Adresse zu finden. Das lässt Zweifel aufkommen, ob für die Geschäfte überhaupt eine Gewerbebewilligung vorliegt.

Dass Geschäfte in gewerblicher und nicht privater Absicht vorliegen, ist allerdings schon aufgrund der massenhaft gedruckten Karten unübersehbar – auch wenn „Chris“ am anderen Ende der Leitung sich uns gegenüber als Privatmann ausgab.

Die gelben Zettel fielen auf am Sonntagabend (7.4.) auf dem P&R-Parkplatz am Bahnhof.
Die gelben Zettel fielen auf am Sonntagabend (7.4.) auf dem P&R-Parkplatz am Bahnhof. © Vanessa Trinkwald

Innungsmeister rät dringend ab

Weil die Kärtchenhändler in der Regel kein angemeldetes Gewerbe haben, „gibt es auch keine statistische Erfassung und es lässt sich nicht sagen, ob diese Geschäftspraxis zunimmt oder nicht“, sagte Marcus Büttner, Hauptgeschäftsführer beim Verband des Kfz-Gewerbes NRW, jüngst im Gespräch mit unserer Dortmunder Redaktion.

Christoph Haumann, Obermeister der Kfz-Innung Dortmund und Lünen, rät von einem Verkauf an einen Kärtchenverteiler dringend ab. „Wir warnen Autobesitzer, die sich von ihrem fahrbaren (auch nicht mehr fahrbaren) Untersatz trennen wollen, eindringlich schon vor der Kontaktaufnahme. Zum Teil handelt es sich um gebührenpflichtige (teure) Telefonnummern und die Geschäfte werden beispielsweise in bar auf dem Parkplatz abgewickelt.“

Eine Überprüfung auf Falschgeld sei dabei nicht möglich, Sicherheit gebe es nicht. „Zudem werden die noch zugelassenen Fahrzeuge dann direkt mitgenommen, mit der Gefahr erheblicher Risiken für die Verkäufer“, so Haumann.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 9. April 2024.