Wölfin Gloria soll getötet werden Wie Kreis und Umweltminsterium die Kehrtwende begründen

Wölfin Gloria soll getötet werden: So wird die Kehrtwende begründet
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Auf rund 30 Seiten hat der Kreis Wesel in seinem Amtsblatt die Allgemeinverfügung veröffentlicht, die für Glorias Tötung eine Ausnahmegenehmigung schafft. Ausführlich begründet, da der Kreis eine gerichtliche Überprüfung der Verfügung erwartet. Knapp vier Seiten davon sind Listen, in denen die Risse protokolliert sind, die Gloria zugewiesen werden konnten.

Die tatsächliche Anzahl an getöteten Tieren dürfte höher sein.

In der polarisierten öffentlichen Auseinandersetzung um Gloria stellt die Allgemeinverfügung eine Kehrtwende dar. Denn jahrelang hatte das Ministerium den Herdenschutz als Lösung propagiert, doch im konkreten Fall hat Gloria diesen erwiesenermaßen in neun Fällen überwunden - vom 20. bis zum 24. Oktober 2023 sogar dreimal in Folge, wo sogar der „empfohlene“ Schutz, ein Stromzaun mit 1,20 Meter Höhe, überwunden wurde.

Keine zumutbaren Alternativen

Insbesondere für die Gruppe der Schaf- und Ziegenhalter mit elf bis 40 Tieren, von denen es allein in Schermbeck elf gibt (Hünxe: 5, Hamminkeln: 22), sieht die Allgemeinverfügung keine zumutbaren Alternativen, die der Tötung der Wölfin vorgezogen werden müssten. Herdenschutzzäune als 1,20 Meter höher zu bauen, sei bei mobilen Zäunen nicht möglich, da diese umfallen.

„Herdenschutzzäune größer als 1,20 Meter müssten daher fest und dauerhaft installiert werden, was das übliche Weideverhalten unterbinden und letztendlich zur Unmöglichkeit der klassischen Schafhaltung führen würde.“

Herdenschutzhunde als Alternative seien mit erheblichen Aufwendungen verbunden. Es könne „davon ausgegangen werden, dass eine Kombination von Herdenschutzzäunen und Herdenschutzhunden zum Schutz von Schafen unverhältnismäßig wäre“. Der Aufwand sei für kleine Schafhaltungen nicht finanzierbar. Eine nächtliche Aufstallung sei bei Nutztierbetrieben mit „unzumutbarem Aufwand“ verbunden.

„Flächendeckene Einzäunung“

„Bei der Gesamtbewertung wurde ebenfalls berücksichtigt, dass es auch keine zufriedenstellende und zumutbare Lösung wäre, bei nur vereinzelt auftretenden Wölfen, die sich auf das Jagen von entsprechend geschützten Weidetieren spezialisiert haben, in der betroffenen Region eine flächendeckende Einzäunung von teils sehr großen, aber kleinparzellierten Weideflächen mit elektrifizierten Zäunen zu implementieren“, heißt es im Amtsblatt.

Neben der lebensraumzerschneidenden Wirkung flächendeckender elektrischer Zäunungen sei insbesondere der unverhältnismäßige Aufwand bei der regelmäßigen Überprüfung auf eventuelle Schwachstellen der enormen Zaunlängen einschließlich des Freihaltens von Bewuchs in der Abwägung der Schutzziele zu berücksichtigen.

„Die Maßnahmen wie Errichtung höherer Elektrozäune, Behirtung oder Verbringung der Tiere in einen Nachtpferch müssten zudem flächendeckend von sämtlichen Weidetierhaltungen konsequent umgesetzt werden, um sicherzugehen, dass es nicht zu weiteren Rissereignissen kommt. Dies überschreitet die Grenze des Zumutbaren.“

Vergrämung nicht praktikabel

Als Alternative zur Tötung komme eine Vergrämung von Gloria nicht infrage: „Solche Maßnahmen sind angesichts der Umstände, in denen Risse von Nutztieren stattfinden, regelmäßig ausgeschlossen. Angesichts der Vielzahl der Herden und des unbekannten Zeitpunktes künftiger Angriffe sind Vergrämungsmaßnahmen nicht durchführbar.“

Die oberste Naturschutzbehörde bestätigt zudem, dass ein „ernster wirtschaftlicher Schaden“ drohe: „Ausgehend von den festgestellten Schadenfällen und unter Betrachtung der Entwicklung der Nutztierrisse nach Art und Zahl in der Vergangenheit ist die Wahrscheinlichkeit, dass die zur Entnahme vorgesehene Wölfin zukünftig einen ernsten Schaden verursachen wird, hoch. Die Rissereignisse lassen den Schluss zu, dass bei der Wölfin die Angriffe auf die betroffenen Nutztiere als erlerntes bzw. gefestigtes Jagdverhalten anzusehen ist.“

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