In der Neuauflage des Prozesses um die illegale Entsorgung von 30.000 Tonnen Ölpellets in der Tongrube in Schermbeck/Hünxe vor mehr als zehn Jahren hat der ehemalige Prokurist (61) der Firma Nottenkämper überraschend einen Rückzieher gemacht.
Nach intensiven Beratungen habe man entschieden, sich nun doch vorerst „schweigend zu verteidigen“, hieß es.
Beim Prozessauftakt (22.8.) hatte Verteidiger Lars Brögeler noch selbst den Vorstoß gemacht, gemeinsam mit Staatsanwaltschaft und Gericht eine etwaige „Verkürzungsmöglichkeit“ für den Prozess zu eruieren.
Das daraufhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefundene Erörterungsgespräch lobte der Anwalt am Freitag (8.9.) auch ausdrücklich als „konstruktiv“ und „fair“.
Kein „falsches Geständnis“
Nach zahlreichen Besprechungen in den vergangenen zehn Tagen, so Brögeler weiter, sehe sich der Abfallmakler aber außerstande, ein Geständnis abzulegen. „Das würde nämlich bedeuten, dass der Angeklagte hier ein ‚falsches Geständnis‘ ablegt“, erklärte der Dortmunder Verteidiger. Man habe sich diese Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht, könne den Weg aber einfach nicht gehen.
Richter Markus van den Hövel hatte zuvor noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass bei dem zuletzt geführten Rechtsgespräch „keine Verständigung“ getroffen worden sei. Es seien lediglich formale Abläufe mit Blick auf eine am Ende des Prozesses möglicherweise neu zu findende Gesamtstrafe erörtert worden.
Bestechungsurteil ist Basis
Fakt ist: Gegen den ehemaligen Nottenkämper-Prokuristen war am 9. November 2021 am Bochumer Landgericht wegen Bestechung bereits insgesamt eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten Haft verhängt worden.
Eine Teilstrafe davon (sogenannte „A-Strafe“), zwei Jahre und sieben Monate, bildet die Basis für eine mögliche neue Gesamtstrafe. Mildernd zu berücksichtigen seien in diesem Zusammenhang jedenfalls Zeitablauf und Verfahrensdauer.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Abfallmakler vor, in Auftrag gegeben zu haben, tonnenweise hoch belastete Ölpellets illegal zu befördern, zu vermischen, zu falsch deklarieren und dann in der Gahlener Tongrube zu verkippen und einzuplanieren.
Die Ölpellets seien planvoll getarnt als harmloser Abfall auf der Halde der Natur überlassen worden, hieß es.
Suizid vorgetäuscht
Der jetzt Angeklagte hatte 2017 während eines ersten Prozesses um die Ölpellets-Entsorgung durch Vortäuschung eines Suizids für Schlagzeilen gesorgt. Das Verfahren gegen ihn war danach abgetrennt und ausgesetzt worden.
Der heute 61-Jährige war danach jedoch von Zielfahndern in Afrika aufgespürt worden.
Nach der Schweige-Ankündigung wollen die Richter nun in die Beweisaufnahme einsteigen. Bisher sind Termine bis zum 14. November anberaumt.
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