Es ist ein Albtraum der schlimmsten Art, den manche Eltern erleben, manchmal sogar zu spät. Sie schicken ihre Kinder in einen Sportverein, damit sie dort an einer Freizeitaktivität teilnehmen, Gemeinschaft erleben und die Anerkennung von Leistung durch Medaillen erfahren können. Und irgendwann erfahren sie, dass ihre Kinder dort sexuelle Gewalt erlebt haben.
Um Mitglieder von Sportvereinen vor sexualisierter Gewalt zu schützen, haben der Landessportbund Nordrhein-Westfalen (LSB) und das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen die Initiative „Schweigen schützt die Falschen“ gegründet und ein Qualitätsbündnis beschlossen. Ziel dieses Bündnisses ist es, sexualisierter Gewalt im Sport wirksam vorzubeugen und diese zu bekämpfen.
Mit dem Qualitätsbündnis gibt der LSB den Sportvereinen, Sportverbänden und Stadt- und Kreissportbünden konkrete Hilfestellung, um das Thema im Sport zu enttabuisieren, Präventionsmaßnahmen umzusetzen sowie in Krisen- und Verdachtsfällen Orientierung zu erhalten und handlungsfähig zu bleiben.
Mitglied im Qualitätsbündnis
Um möglichst viele Vereine des Kreises Wesel zu ermuntern, Mitglied im Qualitätsbündnis zu werden, fand am 27. März 2023 im Begegnungszentrum der Gemeinde Schermbeck ein Vortragsabend statt, den die Kreispolizeibehörde (KPB) und der KSB Wesel gestalteten. Vom SV Schermbeck 1912 e.V. nahm auch der Geschäftsführer Rainer Schikora teil.
Er war auch dabei, als am 23. November der KSB Wesel und die KPB Wesel im städtischen Bühnenhaus Wesel das Qualitätsbündnis im Beisein des Landrats Ingo Brohl vorstellten. Im Mittelpunkt des Abends, der sich vor allem an Vorstände/Abteilungsleitungen sowie Trainer und Übungsleitende von Sportvereinen wandte, stand ein Vortrag des KSB-Mitarbeiters Dennis Drepper und der Kriminaloberkommissarin Sandra Epping.
„Gemeinsam sind wir stark“
Im Rahmen der Arbeitstreffen von KSB und KPB entstand die Idee, die Dortmunder Theaterpädagogin Anja Bechtel einzuladen, die schon mehrere Projekte für die Theaterpädagogische Werkstatt Osnabrück gestaltete, unter anderem „Prävention: Sexueller Missbrauch“ und „Mein Körper gehört mir“. Diesmal bot sie das Theaterstück „Anne Tor – gemeinsam sind wir stark“ an.
Rainer Schikora übernahm die Organisation des Aufführungsortes. Die Gesamtschule stellte ihre Aula und die angrenzenden Klassenräume für die anschließenden Workshops zur Verfügung. Dort fand kürzlich im Beisein des SV-Vorsitzenden Burkhard Holl die Aufführung des Theaterstückes statt. 26 Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren kamen mit ihren Eltern. Die Einladung von Kindern anderer Schermbecker Sportvereine blieb erfolglos.
Präventionstheaterprogramm
Im Mittelpunkt des 45-minütigen Präventionstheaterprogramms „Anne Tore sind wir stark“ standen Mut machende Inhalte zum Thema Gefühle, Berührungen und Hilfe. In den einzelnen Szenen ging es um unterschiedliche Situationen im Sport, die Grenzverletzungen im sportlichen Vereinsleben beschrieben und den Umgang damit thematisierten. Mit Leichtigkeit, Witz und Charme wurde den Kindern Mut gemacht, sich bewertend an dem Bühnengeschehen zu beteiligen. Mittels roter, gelber und grüner Karten konnten die Kinder fortlaufend eine Rückmeldung geben, wie sie sich in der gerade vorgestellten Szene ihrer Meinung nach fühlten. Die aufdringliche Art und Weise, wie ein Übungsleiter einer Siegerin äußerst unschicklich die Siegerplakette umhängte, wurde von allen Kindern mit der roten Karte quittiert.
In den einzelnen Szenen wurden Wege aufgezeigt, wie man auf unerwünschte und auch verbotenes Betasten reagieren kann. Dazu gehört das Gespräch mit den Eltern oder einer Vertrauensperson im Verein.
Nach der Theateraufführung arbeiteten Kinder und Erwachsene in getrennten Gruppen in Workshops das Gesehene auf und besprachen und vertieften die dargestellten Situationen.
„Bis 2026 müssen wir im Verein eine Person benennen, die in Fällen von sexualisierter Gewalt als Ansprechpartner zur Verfügung steht“, beschreibt Rainer Schikora das weitere Prozedere. Die Satzung muss entsprechend ergänzt werden. Ein erweitertes Führungszeugnis müssen die Trainer und Helfer vorlegen. Die Durchführung einer Risikoanalyse ist ebenso erforderlich wie die Erstellung eines Schutzkonzeptes und die Thematisierung der sexualisierten Gewalt auf der Homepage.
Der KSB erstellt derzeit ein Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt im Sport. Dieses soll als Leitfaden für die Vereine im Kreis Wesel gelten und dient der gemeinsamen Zusammenarbeit in diesem Themenbereich. Zusätzlich werden sich Mitarbeiter der KSB-Geschäftsstelle als Ansprechperson ausbilden lassen. In konkreten Fällen können sich Betroffene an Denise Boymann (denise.boymann@ksb-wesel.de) und Dennis Drepper (dennis.drepper@ksb-wesel.de) wenden.
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