Aldona Slodczyk schenkt in Schermbecker Friseursalon Lebensfreude „Mit Perücken können wir das Herz berühren“

Friseursalon schenkt Lebensfreude: Perückenpassion motiviert Aldona Slodczyk
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Der Salon Kopfsache in Schermbeck wirkt zunächst wie ein gewöhnlicher Friseursalon - bis der Blick auf die Perücken fällt, die in Vitrinen ausgestellt sind. Aldona Slodczyk hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu helfen. Dafür hat sie eine alte Technik des Perückenmachens erlernt. Im Gespräch beschreibt sie, was ihre Arbeit auszeichnet und was sie motiviert.

Aldona Slodczyk repariert eine abgetragene Perücke mit ihrer eigenen Technik - in kleinsten Schritten werden feine Haarsträhnen mit unterschiedlichen Knotentechniken befestigt.
Aldona Slodczyk repariert eine abgetragene Perücke mit ihrer eigenen Technik - in kleinsten Schritten werden feine Haarsträhnen mit unterschiedlichen Knotentechniken befestigt. © Jule Lamers

Was bewegt Sie dazu, Perücken zu machen?

Das Gefühl, Menschen helfen zu können und das auf eine ganz andere Art und Weise. Das berührt mich unwahrscheinlich im Herzen, da viele Menschen mit ihren Haaren, ihrer Haut oder einer Glatze Probleme haben. Ich kann diesen Menschen ein neues Lebensgefühl und Lebensfreude geben. Die Freude der Kunden geht einfach tiefer und ich glaube, das ist der Unterschied zum Friseuralltag - mit den Perücken können wir so richtig das Herz berühren.

Ich persönlich brauche keine Perücke. Zeitweise trage ich aber welche, um zu fühlen, wie es beispielsweise ist, an der Supermarkttheke zu stehen und auch mal in eine andere Rolle zu schlüpfen. Ich beobachte dann, wie die Menschen auf mich reagieren und wie ich mich selber damit fühle. So kann ich meine Kunden auch besser verstehen.

Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Viele Menschen erkennen nicht, dass es eine Perücke ist. Der Mann einer Kundin hat mich mit einer Perücke gesehen und seiner Frau ganz überrascht erzählt, dass ich jetzt kurze braune Haare habe. Als seine Frau dann in den Salon kam und mich mit meinen langen blonden Haaren gesehen hat, habe ich aufgeklärt, dass es sich um eine Perücke handelte.

Ich habe aber auch auf einem Konzert eine gegenteilige Erfahrung gemacht, in der mir die Perücke an der Seite etwas verrutscht ist. Ein älteres Paar stand mir gegenüber und hat gelacht. Auch diese Erfahrungen gehören dazu - jetzt weiß ich, dass wir die Perücken so echt, authentisch und gut sitzend machen müssen, dass unseren Kunden sowas nicht passiert.

Was bedeutet eine Perücke für die, die sie tragen müssen?

Die Menschen haben viel mehr Lebensfreude, weil man sich selbstbewusster fühlt und nicht diesem Schamgefühl ausgesetzt ist. Viele Betroffene leiden sehr darunter, wenig oder keine Haare zu haben. Ich glaube auch nicht, dass das etwas mit Mode oder dem äußeren Erscheinungsbild zu tun hat, sondern mit Selbstbewusstsein. Sich selbst wieder gerne im Spiegel anschauen zu können und zu wollen.

Was unterscheidet Sie von anderen Perückenmachern?

Wir können hier im Salon beides machen: Das Eigenhaar behandeln und verändern sowie Perücken und Teilbereichsperücken anpassen. Ich möchte, dass unsere Kunden sich nicht in einem Perückenstudio befinden, sondern zum Friseur gehen. Eine Kundin, die seit Jahren eine Perücke trägt, sagte mir: „Ich bin das erste Mal nach 20 Jahren wieder in einem Friseursalon.“ Also ein emotionaler Aspekt dahinter.

Außerdem bin ich seit 20 Jahren selbstständig, ich bin Typ- und Stilberaterin sowie Visagistin und sehe den Menschen als Ganzes. Wir können in unserem Salon auf den Punkt genau beraten. Ich sehe die Kundin und weiß genau, was sie braucht, und verstehe, was sie sich wünscht.

Ein Koffer voll mit Perückenzubehör neben einem Kopfabdruck, der Einzeichnungen von Wuchsrichtungen und Wirbeln aufweist.
Ein Koffer voll mit Perückenzubehör neben einem Kopfabdruck, der Einzeichnungen von Wuchsrichtungen und Wirbeln aufweist. © Jule Lamers

Welche Technik haben Sie gelernt?

Das klassische Perückenknüpfen. Die Technik ist etwa 100 Jahre alt und umfasst alle Knotenmöglichkeiten. Diese Ausbildung gibt es nicht in Deutschland - man muss schauen, wo es sozusagen alte Meister gibt, die bereit sind, einem die Technik beizubringen. Es gibt doppelte Knoten, einfache Knoten und Kreuzknoten. Ich habe von der Pike aus gelernt, wie es ist, einen Abdruck am Kopf und das Maß des Kopfes zu nehmen, zu schauen, wo Scheitel und Wirbel sitzen. Ich weiß, wie die Perücke fallen muss und wie ich dafür die Haare knüpfe, damit es echt und authentisch aussieht - so wie unser Haar.

Ich wollte wissen, wie eine Perücke entsteht. Und wenn Kunden Probleme haben, kann ich diese verändern und authentisch personalisieren. Europaweit habe ich mich dann auf die Suche nach einem Lehrmeister gemacht und dieser hat mir in verschiedenen Modulen das alte Handwerk beigebracht.

Wie sieht Ihre Unterstützung bezüglich der Krankenkassen aus?

Die meisten Kunden sind erstmals überfordert und wollen sich mit dem Thema nicht befassen. Wenn sie uns gefunden haben - entweder durch eigene Recherche oder eine Partnerliste bei den Krankenkassen - übernehmen wir die Kommunikation, sodass die Kunden kaum Berührungspunkte mit der Krankenkasse haben. Wir reichen dann das Rezept ein, schicken den Kostenvoranschlag und die Rechnung raus. Der Kunde zahlt gegebenenfalls nur die Differenz und wir machen die Abrechnung mit der Krankenkasse. Gibt es auch da Probleme, sind wir bis zur letzten Minute immer an der Seite des Kunden und helfen.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde erstmalig am 8. März 2024 veröffentlicht.