„Time is muscle – Je schneller die Blutzufuhr wiederhergestellt wird, desto mehr kann sich der Muskel erholen und so weniger Muskel stirbt ab.“ Barthel Jung weiß, wovon er spricht. Seit 2004 ist er mit seiner Hausarztpraxis in Schermbeck tätig und ist nebenbei auch als Notarzt für den Kreis Wesel unterwegs.
Wenn ein kardiologischer Notfall eintritt, weiß er ganz genau, worauf es ankommt. Zeit. „Jede Sekunde zählt“, sagt der Mediziner.
Dass die neue Krankenhausplanung vorsieht, den Linksherzkatheter-Messplatz und somit die kardiologische Notversorgung im Dorstener St. Elisabeth-Krankenhaus zu streichen, ist für ihn nicht verständlich. Eine solche Schließung würde die Notfallversorgung im ländlichen Schermbeck erheblich verschlechtern. Die Folge wären längere Transportzeiten, die gerade bei akuten Notfällen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen oft zu spät kommen könnten.
Der „letzte Mohikaner“
Als „letzter Mohikaner“ hält er als Notarzt die Stellung in Schermbeck. Die älteren Kollegen seien in den Ruhestand gegangen, die jüngeren Kollegen nicht in seine Fußstapfen getreten. „Wir sind hier einfach weit entfernt in Schermbeck“, sagt Jung. Deshalb sei die kardiologische Notfallversorgung im St. Elisabeth-Krankenhaus auch so wichtig.
Von 2000 bis 2007 gab es schonmal ein Herzkatheter-Labor in Dorsten. „Das war damals schon sehr bedauerlich, als es eingestellt wurde“, erinnert sich der Notarzt. Und hätte die Notfallversorgung schon schwieriger gemacht. Umso größer war die Freude und Erleichterung, als der Linksherzkatheter-Messplatz seinen Weg zurück nach Dorsten gefunden hatte.
Jede Minute ist wichtig
„Im letzten halben Jahr hatte ich zwei oder drei Patienten, mit denen ich zur kardiologischen Notfallversorgung ins Elisabeth-Krankenhaus gefahren bin“, sagt Barthel.
Eine junge Frau mit einem Hinterwandinfarkt war dabei. „Sie hatte einen Gefäßeinriss in der Arterie, der wirklich sehr akut war, mit sehr starken Schmerzen.“ Für sie sei jede Minute wichtig gewesen. Aber es ginge nicht immer nur um Herzinfarkte, es gibt auch andere kardiale Notfälle. Der Notarzt erinnert sich an einen anderen Fall.
„Der Patient hatte einen AV-Block dritten Grades, also eine Erregungsüberleitungsstörung.“ Da sei danach der Kreislauf instabil geworden, weil „das Herz eben nur noch ganz niedrige Frequenzen hatte“. Auch in solchen Situationen sei es immer gut, so schnell wie möglich im Krankenhaus vor Ort zu sein.
Das allgemeine Ziel, dass in zehn Minuten ein Notarzt zur Verfügung stehen sollte im Rettungsdienst, würde in ländlichen Regionen nicht erreicht. „Und wenn man jetzt hingeht und die ländlichen Strukturen noch mehr schwächt, dann ist das für die Menschen vor Ort einfach eine Medizin zweiter Klasse.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 26. Januar 2025.