Schafsmarkt in Schermbeck-Gahlen Ein Fest mit langer Tradition

Schafsmarkt in Schermbeck-Gahlen: Ein Fest mit langer Tradition
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Ältere Gahlener Bürger berichteten in den 1980er-Jahren von Viehmärkten in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, Eine Zeit lang wurden solche Viehmärkte zu einem anderen Zeitpunkt als die Pankratius-Kirmes veranstaltet, die nach dem Schutzpatron ihrer Dorfkirche benannt war.

Aber schon vor dem Erstem Weltkrieg beschloss man, die Mai-Kirmes mit dem Schafsmarkt im August zu verbinden. So blieb es auch zwischen den beiden Weltkriegen. Bei Kühn op den Hövel stand die Schiffschaukel für Kinder. Bei Uhlenbruck gab es sogar ein Karussell, das von einem Pferd gezogen wurde. Schneider und Verschönerungsrat mit Messer und Schere hatten vollauf zu tun. Jeder, ob Alt oder Jung, wollte schön sein, wenn es zur Kirmes ging. Der Küster hatte den Hahn auf dem Kirchturm und die Zeiger der Uhr so blank geputzt, dass sich die Sonne darin spiegeln konnte.

Der am 5. Februar 1950 gegründete Heimatverein Gahlen griff nach der kriegsbedingten Pause das uralte Brauchtum auf. Zu den in seiner Satzung formulierten Zielen der Förderung des Vereinslebens, der Pflege der Heimatgeschichte, der Hebung des Fremdenverkehrs sowie der Förderung von Handel, Handwerk, Gewerbe und kommender Industrie eignete sich eine Kirmes mit angebundenem Schafsmarkt in hervorragender Weise.

Bereits im Jahr der Vereinsgründung setzte der Verein den Schafsmarkt fort. Ein großer Erfolg konnte jedoch nicht verbucht werden. Die Lokalzeitung stellte am 25. August 1951 nämlich fest: „Der in früheren Jahren so bekannte Schafsmarkt, der von weit und breit nicht nur Händler, sondern auch Bauern anlockte, hat in den letzten Jahren seine Bedeutung verloren. Im vergangenen Jahr waren wieder einige Schafe aufgetrieben, und es ist kaum zu erwarten, dass der Schafsmarkt am Montagmorgen einen größeren Umfang annehmen wird.“

Der Kirmes hat der neue Verein stets eine besondere Bedeutung verliehen. Am 17. August 1953 bat Geschäftsführer Friedrich Heiken den Gemeinderat um einen unterrichtsfreien Tag für die Schulkinder. Der von Bürgermeister Nuyken-Hedgen geleitete Gemeinderat stimmte zu. Beantragt wurde auch die künftige Ausstattung der Kirmes „mit den entsprechenden Ausstellern, insbesondere einem Kinderkarussell.“

Schafsmarkt und Kirmes wurden trotz einer räumlichen Trennung bald zu einer untrennbaren Einheit. Die Presse berichtete bereits 1954 von der „Schopskärmes“, die im Jahre 1954 sogar mit einem Viehhandel verbunden war. Bei Benninghoff hatte sich ein Händler eingefunden, der drei Schafe und eine große Anzahl Junghennen zum Verkauf anbot.

Um die Schafskirmes attraktiver zu gestalten, wurde in der Mitte der 1950er-Jahre der Frühschoppen am Kirmesmontag mit einer Bauernversammlung verbunden. 1956 fand sogar eine Maschinenausstellung statt. Schwieriger gestaltete sich der Versuch, Fahrgeschäfte zu gewinnen. Auf der Schafskirmes 1956 wurde auch erstmals Rindvieh gehandelt. Auf der Weide bei Benninghoff-Strauch hatte ein Schermbecker Händler sieben Rinder aufgetrieben.

Geringe Resonanz

Auf die Bemühungen des Heimatvereins um Etablierung eines Viehmarktes zeigten die Gahlener in den kommenden Jahren nur eine geringe Resonanz.

In einem Schreiben an die Amtsvertretung setzte sich 1959 der Heimatverein dafür ein, „durch geeignete Maßnahmen die Gahlener Augustkirmes neu zu beleben.“ Verträge sollten schon baldigst mit zuverlässigen Schaustellern geschlossen werden. Empfohlen wurde ferner: „Bei Terminschwierigkeiten bei den Ausstellern die Kirmes evtl. versuchsweise 8 Tage früher legen. Geeignete Werbung unterstützen. Am 2. Kirmestag Versammlung und evtl. eine Ausstellung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, Viehmarkt.“

Die Vorverlegung der Kirmes um eine Woche bescherte 1960 dem Fest einen neuen Auftrieb. „In den Gaststätten herrschte Sonntag Hochbetrieb“, berichtete die Lokalzeitung am 23. August 1960. Der Trend setzte sich 1961 fort.

Belebung der Kirmes 1966

Nach der verregneten Kirmes 1963 und dem Tod des Heimatvereinsvorsitzenden Willi Erley 1964 ebbte das Kirmesgeschehen ab. Eine Belebung sollte die gemeinsame Feier von Kirmes und Schützenfest 1966 bringen. Das Zelt stand in der Paßstraße. Auf Benninghoffs Wiese waren Verkaufsbuden und Fahrgeschäfte aufgebaut. Die gemeinsame Feier wurde jedoch nie wiederholt.

Den in allmählich in Vergessenheit geratenen Schafsmarkt belebten die Junggesellenvereine im August 1969. Die Versteigerer Günter Hansen und Helmut Rademacher priesen die acht Schafe an, für die jeweils bis zu 100 Mark geboten wurden.

1970 übernahm Gerd Becks auf dem Gelände des „Gahlener Hofes“ das Amt des Auktionators, das er bis auf ganz wenige Ausnahmen bis zum letzten Schafsmarkt im Jahre 2017 beibehielt.

Alt-Junggeselle Gerhard Becks (hier im Jahre 2007) übernahm seit 1970  fast jedes Jahr im gewohnten Outfit und mit seinem üblichen kessen Auktionator-Jargon die Versteigerung der Schafe.
Alt-Junggeselle Gerhard Becks (hier im Jahre 2007) übernahm seit 1970 fast jedes Jahr im gewohnten Outfit und mit seinem üblichen kessen Auktionator-Jargon die Versteigerung der Schafe. © Helmut Scheffler (A)

Zur Aufwertung des Kirmes und des Schafsmarktes trug 1986 ein Hobby-Fußballturnier auf den Lippesportanlagen bei. In den 1980er-Jahren koppelte der Schützenverein auch sein Damen-Preisschießen an die Kirmes. Die Versteigerung der Schafe verblieb auf dem Gelände des „Gahlener Hofes“.

Eine völlige Neuorganisation von Kirmes und Schafsmarkt ergab sich aus der Beobachtung, dass Ende der 1980er-Jaher die Besucherzahlen deutlich abnahmen. Die früher auf dem Haus-Gahlen-Platz veranstaltete Kirmes wurde 1993 ebenso auf den Parkplatz Törkentreck nahe dem Mühlenteich verlegt wie der Schafsmarkt.

Etwa 100 Schafe blökten bei der Premiere am neuen Ort um die Wette. „Rund ums Schaf“ hieß das Motto der Veranstaltung, zu deren Gestaltung heimische und auswärtige Züchter beitrugen. Auch die Verarbeitung von Schafswolle wurde gezeigt.

Die Veranstalter des Gahlener Schafsmarktes 1994
Im August 1994 veranstaltete der Gahlener Heimatverein zum zweiten Mal einen Schafsmarkt. Am 21. August wurde die traditionelle Kirmes mit einem Schafsmarkt verbunden. Für das Fest warben im Vorfeld Hans Heckermann (2.v.r.) und Gustav Ruloff (3.v.r.) als Vorstandsmitglieder des Heimatvereins, Gahlener Junggesellen und der Schafszüchter Roth (r.). Zum Programm des Festes, das auf dem Parkplatz Törkentreck stattfand, gehörten eine Körung von Herdbuchschafböcken, die Verarbeitung von Schafwolle und die amerikanische Versteigerung von Schafen. © Helmut Scheffler (A)

In der Grundstruktur des zweitägigen Festes, das jeweils am Samstag und Sonntag gefeiert wird, hat sich seit 1993 kaum etwas geändert. Der Heimatverein hat sich in Zusammenarbeit mit anderen Gahlener Vereinen und Gruppen allerdings stets darum bemüht, ein paar Neuerungen zu bieten, um mehr Besucher anzulocken. Ein paar Beispiele: Als Bronzemedaillengewinner bei den Internationalen Schafschermeisterschaften zeigte der Voerder Arnd Jochmann 1994 in Gahlen seine handwerklichen Fertigkeiten.

Der Kreiszüchterverein Wesel informierte 1995 über Schafsrassen. 1996 wurde die Kirmes mit der Einweihung des Kneipp-Tretbeckens im Aap verbunden.

In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre koppelte der Schützenverein das Kinderschützenfest an die Kirmes.

In den letzten Jahren beteiligten sich auch einige Gruppen, die einen Einblick in altes ländliches Brauchtum vermitteln. Dazu gehörten bislang die Gahlener Feldbahnfreunde und die Treckerfreunde Hünxe ebenso wie die Waldschule des Hegerings Schermbeck, die Landtechnikfreunde aus Gahlen, der Heimatverein Wulfen mit seiner „Reeperbahn“ und der Östricher Wilhelm Romswinkel mit seinen Motorrad-Oldtimern.

Wegen des hohen finanziellen Risikos und Arbeitsaufwandes haben sich die Ausrichter Ende 2014 verständigt, den Schafsmarkt und die Kirmes zukünftig nur noch alle drei Jahre durchzuführen, und zwar im Stil des Jahres 2014. Im Rahmen der Neuorganisation des Festes wurde im Jahr 2014 der Schwerpunkt auf musikalische Aktivitäten gelegt. Es traten mehr Musikgruppen auf als Schafe versteigert wurden

Schafsmarkt Schermbeck-Gahlen: Das erwartet die Besucher an zwei Tagen