Politik will Verkehrskonzept in Schermbeck testen „Zwei bis drei Tage wird es Chaos geben“

Mit Sperrung der Mittelstraße: Politik will Verkehrskonzept testen
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Der Schermbecker Ortskern wird zum Testgebiet – zeitweise. Der Mobilitätsausschuss der Gemeinde stimmte am Dienstag (7. Februar) einstimmig dafür, das von den Planungsbüros Runge IVP und Junker + Kruse entwickelte Verkehrsszenario 2b eine Zeit lang zu testen. Den geplanten Erprobungszeitraum von sechs Monaten verkürzte der Ausschuss. In seiner Gänze wird das Szenario 2b zudem nicht umgesetzt werden (können).

Besonders die Situation rund um die Praxis Ammenwerth an der Burgstraße sorgte im Ausschuss für Diskussionen. Arzt Dr. Helge Ammenwerth äußerte in der Fragestunde für Einwohner die Sorge, dass die Patienten die Praxis nicht mehr gut erreichen könnten. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel geändert und modernisiert“, erklärte Ammenwert. Einfach umziehen mit seiner Praxis könne und wolle er nicht. Deshalb müsse gewährleistet sein, dass Patienten die Praxis gut erreichen können.

Ulrike Trick, Fraktionssprecherin der Grünen, hatte zuvor auf den Fall der Praxis Ammenwerth in der Beratung hingewiesen. „Wir wollen die Ärzte im Ort halten“, sagte sie. Deswegen müsse die Politik ihre Sorgen hören.

Dem entgegnete Ausschussvorsitzender Rainer Gardemann (CDU): „Wir haben als Rat beschlossen, den Verkehr innerorts um 50 Prozent verringern zu wollen. Es gab diverse Projekte, Bürgerversammlungen und zuletzt eine große Online-Abstimmung. Jetzt sind wir an dem Punkt, wo wir das proben wollen.“

Es gehe nun nur darum, einen Probeversuch zu beschließen, erklärte Gardemann – „und nicht das Gesamtpaket“. Zudem wisse die Verwaltung noch gar nicht, was überhaupt möglich wäre. Vom Straßenverkehrsamt, Straßen.NRW und der Polizei habe die Verwaltung noch keine Rückmeldung erhalten.

Die CDU folgte der Argumentation der Verwaltung. Günther Beck (CDU) bat aber darum, den Versuchszeitraum zu kürzen. „Wir sollten uns den Versuch nach acht bis zwölf Wochen mal genauestens angucken und die Meinungen der Bürger anhören“, bat Beck.

„Werden nachschärfen müssen“

Hans-Rainer Runge vom Planungsbüro „Runge IVP“, der vor Ort auf Fragen des Ausschusses und der Bürger einging, erklärte, warum ein zu kurzer Zeitraum für den Versuch keinen Sinn mache: „Die Verkehrsteilnehmer werden eine bestimmte Zeit der Eingewöhnung brauchen. Zwei bis drei Tage wird es Chaos geben. Die Verkehrsteilnehmer werden ihre Wege finden müssen.“

Danach werde sich ein neues Verhalten der Verkehrsteilnehmer einstellen, erklärte Runge. „Unsere Erfahrung zeigt, dass das ziemlich schnell geht.“ Ein normales Niveau werde sich nach ein bis zwei Wochen einstellen.

Er rät, dass sich eine Verkehrskommission mit städtischen Vertretern, Bürgern und Polizei in regelmäßigen Abständen zusammensetzt, um über die Erfahrungen zu sprechen. „Wir werden am Konzept nachschärfen müssen“, erklärte Runge. Zu kurz solle das Experiment aber nicht dauern. Denn erst nach vier Wochen sei mit aussagekräftigen Zahlen bei Verkehrserhebungen zu rechnen. „Nach vier Monaten kann man frühestens sagen, wie das Verkehrskonzept funktioniert.“

Auf diese vier Monate konnte sich der Ausschuss gut einigen. Auch Manuel Schmidt (Die PARTEI) sprach sich dafür aus: „Die Verkürzung ist nicht völlig falsch. Vier Monate ist gut. Wir verfügen über einen Baukasten, mit dem wir auch Stellschrauben drehen können.“

Idee für Praxis Ammenwerth

Eine dieser Stellschrauben könnte sein, die Sperrung der Mittelstraße etwas nach oben zu ziehen, erklärte Günter Beck (CDU). „Dann wäre die Situation für die Praxis Ammenwert entschärft und unser Arzt jederzeit direkt anfahrbar“, schlug er vor. Laut dem Szenario 2b ist eine Sperrung der Mittelstraße in Höhe der Schienenbergstege geplant.

Ein weiterer Baustein während des Versuchs könnte die im Szenario 2b geplante Öffnung der Ahorn- und Eschenstraße sein. Anwohner Christian Bergermann hatte in einem kurzfristigen Brief an die Verwaltung Zweifel geäußert, ob eine Verbindung zwischen Ahorn- und Eschenstraße möglich sei.

Zumindest bei dem Versuch sei das nicht umsetzbar, meinte auch Verkehrsplaner Runge. „Wir haben uns die Örtlichkeit angeschaut. Bei einem Versuch ist das gar nicht umsetzbar.“ Die Straße ist nicht breit genug für Kfz-Verkehr.

Das Foto zeigt, wie die Verkehrsführung in Schermbeck aussehen würde, wenn sich die Schermbecker für das Szenario 2b entscheiden sollten.
Das Foto zeigt, wie die Verkehrsführung in Schermbeck aussehen würde, wenn sich die Schermbecker für das Szenario 2b entscheiden sollten. © Screenshot Niklas Berkel

Welche Bausteine genau umgesetzt werden (können), wird sich in den kommenden Wochen zeigen. „Wie sieht der Probelauf komplett aus? Und was ist an begleitenden Maßnahmen umsetzbar? Diese Fragen werden wir jetzt mit den Fachbehörden und der Polizei durchsprechen“, erklärte Gerd Abelt, Allgemeiner Vertreter von Bürgermeister Mike Rexforth. Wann der Versuch starten wird, ist noch unklar.

Das Verkehrsszenario 2b sieht eine Nord-Süd-Netztrennung in Schermbeck vor. Das bedeutet: Der Kfz-Verkehr in Schermbeck wird in zwei Teile getrennt. Der Nordbereich wird über die Mittelstraße und den Kappellenweg erschlossen. Der Südbereich über die Maassenstraße, den Kappellenweg und die Marellenkämpe.

Sperrungen soll es nach dem Szenario im Bereich der Mittelstraße, Kappellenweg und der Landwehr geben. Aktuell geschlossene Straßen wie die Marellenkämpe, die Ahornstraße, Eschenstraße und der Pastoratsweg könnten geöffnet werden.

Der Vorteil durch die Öffnungen: Der interne Verkehr der südlichen und zentralen Wohngebiete in Schermbeck ist im Ort möglich und muss nicht über die B58 abgewickelt werden.