Kritik der Bürger am Verkehrsversuch in Schermbeck Das ist das Ergebnis der politischen Sitzung

Umweltausschuss: Der Verkehrsversuch endet erst am 17. September
Lesezeit

Bevor die etwa 40-minütige Diskussion über den Verkehrsversuch im Tagesordnungspunkt 10 begann, hatten die etwa 25 Einwohnerinnen und Einwohner in einer Fragestunde 30 Minuten lang die Möglichkeit, ihr Missfallen an einer Fortsetzung des Verkehrsversuches zu äußern. Davon machten auch die Bürger gerne Gebrauch.

„Ich habe das Gefühl, dass der Verkehrsversuch mit allen Mitteln durchgedrückt werden soll“, gab ein Geschäftsmann zu bedenken. Änderungen seien nicht erwünscht, um keine Fördergelder zu verlieren. In den Raum stellte er die Frage, was denn mit den Geldern sei, die die Selbstständigen derzeit verlören. In letzter Konsequenz hingen daran auch Steuern, Arbeitsplätze und Angebote für den Ort. Viele Kollegen sprächen schon von 10 bis 15 Prozent Umsatzverlusten.

Unterstützung bekam der Redner vom Werbegemeinschaftsvorsitzenden Wolfgang Lensing. Er erinnerte daran, dass im Rahmen der Bürgerbefragung und beim Dialogtreffen sich die Menschen mehrheitlich für eine Einbahnstraße oder ein Einbahnstraßensystem im Ortskern ausgesprochen hätte.

„Die Werbegemeinschaft“, so Lensing, „schlägt ein Einbahnstraßensystem bei gleichzeitiger Öffnung so vieler Straßen wie möglich vor.“ Lensing verwies auf eine Unterschriftenliste, die in wenigen Tagen in einem einzigen Geschäft entstand und in der 143 Kunden sich für eine Einbahnstraßenregelung ausgesprochen hätten.

Eine Besucherin bemängelte die deutliche Zunahme des Verkehrs in der Kastanienstraße, im Lichtenhagen und am Waldweg. Oft seien es Schermbecker, die jetzt weitere Wege fahren müssten und dann die Schleichwege nutzten. Mehr Autos würden aber auch mehr gefahrene Kilometer bedeuten, mehr Abgase und mehr Verkehr vor der Haustür.

Für ihre Feststellung „Die Straßen sind doch dazu da, dass sie befahren werden“ erhielt Heti Heid Applaus für ihre Auffassung, dass im Rahmen des derzeitigen Verkehrsversuches ein Reihe von Straßen vom Verkehr freigehalten würden.

Als Zuhörer bemängelte der BfB-Fraktionsvorsitzende Klaus Roth, dass am Arbeitskreis „Verkehrskonzept“ die Öffentlichkeit nicht beteiligt worden sei. „Eine Sondersitzung des Rates ist geplant“, kündigte Bürgermeister Mike Rexforth an.

In dieser Sitzung soll geklärt werden, ob der Arbeitskreis aufgelöst werden soll. Ob die bislang in nicht-öffentlicher Sitzung erstellten Protokolle dann öffentlich gemacht werden müssten, konnte die Verwaltung Klaus Roth nicht beantworten. Man werde aber die rechtlichen Konsequenzen überprüfen lassen.

1.231 Unterschriften übergeben

Margret Oesterbeck überreichte dem Bürgermeister Listen mit insgesamt 1.231 Unterschriften gegen das geplante Verkehrskonzept und mit dem Wunsch, ein zukunftsgewandtes und ganzheitliches Verkehrskonzept für Schermbeck zu bekommen.

Die Argumente der Bürger im Verlauf der Fragestunde deckten sich zu einem Teil mit den Antrag der Grünen vom 31. Juli. Sie verwiesen auf Firmen, die regelmäßig den Kernbereich in Schermbeck anfahren müssten. Pflege- und Lieferdienste beklagten längere Fahrstrecken und -zeiten. Viele potenzielle Einkäufer würden zurzeit Schermbeck meiden. Auch das enorme Echo in den Sozialen Medien auf die jüngste Veröffentlichung der unmittelbar betroffenen Arztpraxis Dr. Ammenwerth sollte weiteren Anlass geben, um den Verkehrsversuch als gescheitert zu erklären.

Bei einer Enthaltung beschlossen

Mitarbeiter der Verwaltung und einzelne Ausschussmitglieder wiesen darauf hin, dass der Verkehrsversuch im Planungsausschuss am 7. Februar 2023 einstimmig (bei einer Enthaltung) beschlossen wurde, und zwar bis Mitte September.

Ziel des Verkehrsversuches sei es, beurteilen zu können, ob die vorgesehenen verkehrslenkenden Maßnahmen zum Verkehrsszenario 2b geeignet seien, die Verkehrssituation im Ortskern auf Dauer zu entschärfen und eine vom Gemeinderat geforderte 50-prozentige Reduzierung der verkehrlichen Belastung zu erreichen.

Die Gegner eines vorzeitigen Versuchsendes verwiesen auf die gleichzeitig stattfindende Fortschreibung des Einzelhandels- und Innenstadtkonzeptes. Dazu würden die Wünsche und Gewohnheiten von Einzelhändlern, Bürgerschaft und Besuchern analysiert. Würde der Versuch abgebrochen, seien die bisher erfassten Verkehrsdaten wegen der kurzen Zeit nicht mehr aussagefähig und deshalb unbrauchbar.

Zahlreiche Einwohner kamen am Mittwoch zur Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses ins Rathaus, um gegen die Fortsetzung des Verkehrsversuches zu protestieren.
Zahlreiche Einwohner kamen am Mittwoch zur Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses ins Rathaus, um gegen die Fortsetzung des Verkehrsversuches zu protestieren. © Helmut Scheffler

Der Verwaltungsmitarbeiter Berthold Schmeing hatte bereits in der Sitzungsvorlage auf finanzielle Folgen eines Versuchsabbruchs verwiesen: „Unter Einbeziehung des beschlossenen ISEK 2023-2030 (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) bleibt zu berücksichtigen, dass durch eine vorzeitige Beendigung des Verkehrsversuches der in 2023 geförderte Gestaltungswettbewerb Mittelstraße ohne Grundlagenfestsetzung praktisch in 2024 nicht umsetzbar sein wird. Dies bedeutet nicht nur eine voraussichtliche Fördermittelrückgabe, sondern auch eine weitere Verschiebung der notwendigen Maßnahmen Mittelstraße.“

Auch unter diesen Gesichtspunkten könne die Verwaltung nur von einer vorzeitigen Beendigung des Verkehrsversuches abraten.

„Den alten Zustand will keiner, also müssen wir den Versuch fortsetzen“, fasste der Ausschussvorsitzende Rainer Gardemann (CDU) zusammen. Ulrike Trick konterte zwar noch mit den Worten „Es wird schwer werden, verlorene Kunden wiederzugewinnen“ und dadurch Applaus der anwesenden Gäste ernten, aber keine Zustimmung seitens der Ausschussmitglieder erreichen.

So sieht der Verkehrsversuch in Schermbeck aus.
So sieht der Verkehrsversuch in Schermbeck aus. © Gemeinde Schermbeck

Der Beschluss des Ausschusses lautete am Ende: Der derzeit noch laufende Verkehrsversuch im Schermbecker Ortskern wird nicht mit sofortiger Wirkung beendet. Jürgen und Ulrike Trick (Bündnis 90/Die Grünen) war es nicht gelungen, ein weiteres Ausschussmitglied von der Notwendigkeit einer vorzeitigen Beendigung des im Mai 2023 begonnenen Verkehrsversuchs zu überzeugen.

Weitere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligungen sind noch bis zum Ende des Probelaufes am 17. September möglich. Per E-Mail können unter buergerbeteiligung@schermbeck.de die Bürger Beschwerden und Anregungen an die Gemeindeverwaltung übermitteln.

Geteilte Meinungen zum Verkehrsversuch: Händler sorgen sich um Kunden, die abwandern

Verkehrsversuch belastet Spielstraße: „Autos fahren rücksichtlos und zu schnell“

Vandalismus wegen Verkehrsversuch: Kabel der Schranken durchtrennt