Eine geplante Neustrukturierung der Polizei wird von politischen Parteien kritisiert. In Schermbeck werden längere Einsatzreaktionszeiten befürchtet sowie längere Wege für die Bürger.

© Guido Bludau

Heftige Kritik an geplanter Polizei-Umstrukturierung: „Skandalös“

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Heftige Kritik äußern SPD und Grüne an einer geplanten Polizei-Umstrukturierung im Kreis. Längere Einsatzreaktionszeiten und Wege für die Bürger werden in Schermbeck befürchtet.

Schermbeck

, 05.11.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Aus fünf Polizeiwachen im Kreis Wesel, darunter die für Schermbeck zuständige Wache in Hünxe, sollen Dienststellen werden. Wenn das Innenministerium diesem Plan der Polizei und Kreisverwaltung zustimmt. Auch in Hünxe hätte das, wie bereits seit Jahren in Schermbeck, zur Folge, dass die Dienststelle dann nicht mehr rund um die Uhr für den Bürger erreichbar wäre.

Ulrike Trick, Fraktionsvorsitzende der Schermbeck Grünen: „Die Vernehmung im Rahmen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung findet (...) zukünftig in Dinslaken statt.“ Für Schermbecker bedeute das eine „Anreise von 22 Kilometern für eine Vernehmung, Zeugenaussage oder ähnliches“. Dass Streifenwagen künftig in Dinslaken stationiert seien, werde „sich auf die Einsatzreaktionszeiten niederschlagen“.

„Verfehlte Landespolitik“

Die Entwicklung sei das Ergebnis einer „verfehlten Landespolitik“. Trick: „Der einstmals ‚kurze Draht‘ zwischen Polizei und Ordnungsamt, die sogenannte Ordnungspartnerschaft, wird damit zur langen Leitung.“

Noch heftiger kritisiert die Kreis-Fraktion der SPD das Vorhaben, das „kreisweit auf Entsetzen“ stoße. Skandalös sei der eingeschlagene Weg des schleichenden Rückzugs aus den ländlichen Gebieten des Kreises, so die SPD. Landrat Ingo Brohl solle auf die Landesregierung einwirken, anstatt Mangelverwaltung beim Personal zu betreiben.

CDU hält Weg für „viel zu weit“

Auch die Schermbecker CDU hält die Entfernung zu den Wachen Hünxe-Drevenack und Dinslaken für „viel zu weit“. Für das Erstatten von Anzeigen sei es sinnvoll, „dass die Bezirksdienststelle ständig von 8 bis 16 Uhr besetzt ist“, sagt der Fraktionsvorsitzende Rainer Gardemann auf Nachfrage.

„Die Situation in Schermbeck wird sich absolut nicht verschlechtern“, verspricht hingegen Polizeirat Ralf Klauck, Leiter des Leitungsstabs. „Wir ziehen uns absolut nicht aus der Fläche zurück.“ Dienststellen gebe es weiter in jeder Kommune.

„Er soll im Ort unterwegs sein“

Der „Dorfsheriff“ in Schermbeck habe durch den Umbau der Caritas am alten Rathaus nun „aufgewertete Räumlichkeiten“. Anzeige erstatten könne man auch bei diesem Beamten. Aber: „Seine Aufgabe ist aber nicht, den Polizeiposten zu bewachen, sondern er soll im Ort unterwegs sein“, so Klauck.

Weiterhin sei ein Streifenwagen „24 Stunden an 365 Tagen“ in Schermbeck und Hünxe unterwegs. Falls die Besatzung etwa bei einem Unfall in Hünxe gebunden sei, werde von der Kreisleitstelle ein „Einsatzmittel, das im Idealfall in diesem Bereich ist“ geschickt. Der Streifenwagen könne aus Dinslaken kommen „oder theoretisch aus einem anderen Wachbereich“. Das könne bei größeren Einsätzen auch Dorsten sein.

Stichwort Dorsten: Könnte man als Bürger im Zweifel nicht auch dort Anzeige erstatten? „Das ist gelebte Praxis“, sagt Klauck, der aber auch auf die in Corona-Zeiten stark gewachsene Zahl der Online-Anzeigen hinweist. Was vielleicht auch ein Stück für die geringe Auslastung der Hünxer Wache verantwortlich ist: „Es ist nicht so gewesen, dass die Leute da Schlange standen, um Anzeigen zu erstatten.“

Bisherige Struktur „nicht zukunftsfest“

In der jetzigen Struktur sei die Polizei im Kreis „nicht zukunftsfest“ gewesen, so Klauck. „In ganz NRW gibt es nur zwei Polizeibehörden, die mehr Wachen haben als wir: Dortmund und Köln.“ Die Polizei müsse sich auf den starken Anstieg der Cyber-Kriminalität einstellen und wolle auch Kräfte bündeln, um Unfälle mit Rad- und Pedelecfahrern zu senken.

Klauck gibt zu: „Wenn wir 100 Beamte mehr hätten, könnten wir weiter an den Standorten festhalten.“ Bei der Personalstärke habe „NRW noch Luft nach oben“, aber: „Das ist nicht erst seit jetzt so.“ Wichtig sei, so Klauck, „nicht der Beamte, der auf ein Dienstgebäude aufpasst, sondern die Kollegen, die im Streifenwagen draußen Einsätze fahren. Diesen Bereich wollen wir festigen und ausbauen.“

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