722.000 Euro für Schermbeck Was mit dem Geld passieren soll und welche Debatte nun droht

722.000 Euro Fördermittel sollen Mühlenteich in Gahlen retten
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Gute Nachrichten hatte der Weseler Bundestagsabgeordnete Bernd Reuther (FDP) am Mittwoch für die Gemeinde. Im Haushaltsausschuss des Bundes wurde über die Förderprojekte im „Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz in kommunalen Gebieten im ländlichen Raum“ abgestimmt.

Das Schermbecker Projekt „Biodiversitätsfördernde Teichlandschaft mit Umbau von Fließgewässern“ soll mit 722.000 Euro Bundesmitteln gefördert werden.

Reuther: „Ich habe mich als stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss in Berlin für das Projekt starkgemacht. Es ist schön, dass wir erfolgreich waren und dass der Kreis Wesel wieder mit Bundesmitteln bedacht wird.“

Mit dem Förderprogramm soll die biologische Vielfalt und Attraktivität von ländlichen Gebieten gestärkt werden. Aber was genau verbirgt sich hinter dem Schermbecker Projekt?

„Über Parteigrenzen hinweg“

Über die Unterstützung Reuthers „über Parteigrenzen hinweg“ freut sich Bürgermeister Mike Rexforth. „Das Projekt ist Lösung der Frage: Wie verhindern wir die Verschlammung des Gahlener Mühlenteichs?“ Das Problem: Der Mühlenbach bringt als Zuflussgewässer des ortsbildprägenden Mühlenteichs viele Schlämme und Sande mit. Diese setzen sich immer weiter im Teich ab und erzeugen laut Rexforth eine ähnliche Situation wie am Mühlenteich am Rathaus, der erst kürzlich für viel Geld entschlammt werden musste, weil der niedrige Wasserpegel auf Dauer auch die Ökologie bedroht.

Das Problem: In Gahlen tritt eine solche Situation laut Rexforth viel schneller als in Schermbeck ein. Damit der gemeindliche Haushalt möglichst wenig belastet wird, habe man einen Fördertopf gesucht und mit Jürgen Höchst vom Heimatverein Gahlen und Landschaftsarchitekt Dirk Vennemann ein Projekt entwickelt.

Der Schermbecker Mühlenteich musste Ende 2022 mit schwimmenden Saugbaggern entschlammt werden.
Der Schermbecker Mühlenteich musste Ende 2022 mit schwimmenden Saugbaggern entschlammt werden. © Archiv

Dieses sieht vor, dass der Bachlauf verändert und ein Sandfang installiert werden soll. Gleichzeitig soll um den veränderten Lauf eine Naturlandschaft entstehen. Und: „Da, wo der Bach am Kindergarten vorbeigeht, soll ein Lernort geschaffen werden.“ Rexforth vergleicht diesen mit einem „Grünen Klassenzimmer“ - Kinder sollen dort kleine Experimente durchführen können.

Aus Klimaschutzgründen sei der Gahlener Mühlenteich wichtig als Wasserspeicher und Möglichkeit, die Aufwärmung der Umgebung zu verlangsamen. Rexforth sieht die Zusage des Bundes als Erfolg: Es sei das dritte Förderprojekt nach Schwimmbad und Sportplatz, mit dem die „kleine Kommune“ in Berlin erfolgreich sei. Stolz ist Rexforth dabei auch auf die Mitarbeiter des Fördermittelmanagements in der Verwaltung.

Politik muss zustimmen

Was passiert nun nach der Zusage: Man werde die Politik darüber informieren, so Rexforth. Diese muss zunächst die notwendigen Beschlüsse fassen, damit das Projekt überhaupt durchgeführt werden kann.

Wenn es dann um die Haushaltsmittel geht, dürfte eine Debatte erneut geführt werden, die die letzten Jahre in Schermbeck beherrschte. Die Förderung sei so ausgelegt, dass der Bund 80 Prozent, die Gemeinde 20 Prozent zahlen müsse, so Rexforth. Das wären rund 180.000 Euro.

Deutliche Kritik an Fördermittelprojekten hatten in der Vergangenheit immer wieder die Grünen, aber auch andere Parteien geäußert - angesichts drohender Steuererhöhungen erscheint dies auch in diesem Fall wahrscheinlich.

Den Mühlenteich müsse man "zukippen", wenn man die Kosten für die Entschlammung nicht tragen wolle, so Rexforth. Für Gahlener wohl eine schwer ertragbare Vorstellung.
Den Mühlenteich müsse man „zukippen", wenn man die Kosten für die Entschlammung nicht tragen wolle, so Rexforth. Für Gahlener wohl eine schwer ertragbare Vorstellung. © Berthold Fehmer

Rexforth weist aber darauf hin: „Die Entschlammung des Mühlenteichs ist unausweichlich. Oder wir kippen ihn zu.“ Eine Vorstellung, die in Gahlen und darüber hinaus wohl nur auf wenig Begeisterung stoßen dürfte. Allein die Kosten für eine Entschlammung und den Sandfang würde man deutlich mehr als den jetzt zur Debatte stehenden Eigenanteil zahlen, so Rexforth. Mit Förderprojekt schaffe man sogar noch einen Mehrwert.

Die Verlegung des Gewässers habe man mit betroffenen Grundstückseigentümern vorbesprochen. Rexforth: „Das ist alles geklärt.“ Frühestens nächstes Jahr könnte das Projekt tatsächlich umgesetzt werden. Aber was, wenn das Projekt am Ende deutlich teurer wird - wie man es etwa beim Lehrschwimmbecken des Hallenbads erlebte? In die Kosten des Projekts habe man einen Puffer für Kostensteigerungen eingerechnet, so Rexforth.