Schermbecker demonstrieren gegen Rechts Veranstalterin von Teilnehmerzahl überwältigt

600 Schermbecker demonstrieren gegen Rechts
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In nur einer Woche hatte sie die Demonstration ohne jegliche Vorerfahrung organisiert. „Das was im November in Potsdam hinter verschlossenen Türen von Rechtsextremen verhandelt wurde, hat uns aufgeschreckt“, so Fengels weiter. „Als ich davon hörte, hatte ich sofort die Assoziation mit der Wannseekonferenz im Januar 1942. Mir blieb der Kloß im Hals stecken.“

Binnen weniger Minuten füllte sich kurz vor 14 Uhr der Rathausplatz zu einer der größten Protestaktionen, die es jemals in Schermbeck gegeben hat. Das bestätigte Bürgermeister Mike Rexforth, der nur bei der Gründung der AfD im Jahre 2018 an eine ähnlich große Protestaktion erinnern kann.

Mit selbst erstellten bunten Plakaten bewiesen die Schermbecker durchaus Fantasie: „Wir sind mehr“, „Omas gegen Rechts“, „Remigriert Euch ins Knie“, „Kein Bier für Nazis“ oder „Kein Brot für Bernd“ war da zu lesen.

„Die Partei“: „Nazis töten.“

Lediglich der Stand von „Die Partei“ schoss man mit einem Plakat, auf dem zu lesen war „Nazis töten. (ein freundlicher Hinweis von Die Partei)“ mehr als deutlich über das Ziel hinaus.

Drastische Forderung: das Plakat „Nazis töten.“ von „Die Partei“.
Drastische Forderung: das Plakat „Nazis töten.“ von „Die Partei“. © Bernd Turowski

„Ich sehe Bürger aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Geschäftsleute, Frauen von der KFD, Jugendliche beider Konfessionen, die Pfadfinder und der Mitglieder vieler Vereinigungen und Parteien und Familien mit Kindern. Ich freue mich, dass sie gekommen sind.“, begrüßte Organisatorin Marlis Fengels die zahlreichen Demonstranten.

Mit nur einer Woche Vorlauf und ganz ohne Erfahrung hatte die parteilose Schermbecker Autorin Marlis Fengels die Demonstration auf dem Schermbecker Rathausplatz organisiert.
Mit nur einer Woche Vorlauf und ganz ohne Erfahrung hatte die parteilose Schermbecker Autorin Marlis Fengels die Demonstration auf dem Schermbecker Rathausplatz organisiert. © Bernd Turwoski

Als junge Frau hatte sich Marlis Fengels in den 80er und 90er Jahren intensiv mit der jüngeren Geschichte beschäftigt und dabei festgestellt, dass auch in dem so harmlosen und liebenswerten Schermbeck während der NS-Zeit unerhörte Dinge - wie beispielsweise die Reichskristallnacht und die Judendeportation - passiert sind.

Diese Erkenntnisse brachte die Schermbecker Autorin in ihren Roman „Die Schönbecker“ mit ein.

„Blicken Sie mal hinter die Fassade“

Sie mahnte nun, bezogen auf die aktuellen Ereignisse: „Alternative für Deutschland hört sich zunächst auch ganz gut an, zumal wenn man mit den Maßnahmen der Regierung nicht einverstanden ist. Aber blicken Sie mal hinter die Fassade. Dort kann man diese unmenschliche, klebrige Fratze des Faschismus und der Neonazis erkennen.“

Landrat Ingo Brohl ergänzte: „Ich hätte mir nie wieder vorstellen können, dass wir Demokratinnen und Demokraten an einem solchen Tag zusammenkommen müssen, um uns gemeinsam klar zu machen, dass nie wieder Faschismus und Rechtsextremismus in unserem Land Einzug halten dürfen.“

Die Menschen auf dem Schermbecker Rathausplatz hielten zahlreiche Plakate und Transparente hoch.
Die Menschen auf dem Schermbecker Rathausplatz hielten zahlreiche Plakate und Transparente hoch. © Bernd Turowski

Damit bezog sich der Landrat auf den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Dieser soll ebenfalls an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetischen Soldaten am 27. Januar 1945 erinnern.

Brohl weiter: „Bei allen Herausforderungen, die wir aktuellen in aktuell in unserer Gesellschaft mit unserem Wirtschaftsmodell und mit vielen anderen Fragestellung haben, sollte man nicht den einfachen Lösungen hinterherlaufen, so wie es damals auch bei der Legende vom Rattenfänger der Fall war.“

AfD verzerrt Außenwirkung

Bürgermeister Mike Rexforth beklagte, dass die AfD das Bild Deutschlands im Ausland verzerre und präge. Das gelte es zu verhindern. Es sei nun Zeit, Farbe zu bekennen. „Toleranz und Weltoffenheit sind Markenzeichen einer freiheitlichen Gesellschaft. Deshalb dürfen Extremismus, Rassismus und Antisemitismus keine Chance haben“, so Rexfoth.

Als alter Fußballer erinnerte Bürgermeister Mike Rexforth an zwei feste Regeln, die er auch mit Blick auf den Rechtsextremismus stets im Visier hat.
Als alter Fußballer erinnerte Bürgermeister Mike Rexforth an zwei feste Regeln, die er auch mit Blick auf den Rechtsextremismus stets im Visier hat. © Bernd Turowski

„Als alter Fußballer gibt es für mich zwei feste Regeln: Wer Foul spielt, fliegt raus und hat im Spiel nichts mehr zu suchen. Und wer sich ins Abseits begibt, wird zurückgepfiffen und aus dem Spiel genommen,“, sagte Rexforth.

„Demokratie, Freiheit, Gleichberechtigung, Menschenwürde, eine offene Gesellschaft, Respekt und Mitgefühl mit den Schwächeren ­- das sind alles Dinge, die wir in unserem Land lange erkämpfen müssten und die wir gelernt haben aus einer ganz bitteren Erfahrung“, begann Pfarrer Daniel Wiegmann seine Rede, die in der selbstbewussten Aussage mündet: „Das lassen wir uns nicht kaputtmachen.“

600 Menschen demonstrieren

Ähnliche Appelle richteten zudem die Landtagsabgeordnete Charlotte Quick (CDU), Nadine Kleinsteinberg (FDP), Regina Mertens, Pfadfinder Manuel Schmidt und Regina Mertens, die ein Grußwort von Elke Langenbrink (Verein „Miteinander im kulturellen Wirken e.V.) verlas, an die gut 600 Anwesenden.

Überwältigt von der riesigen Resonanz war am Ende nicht nur Organisatorin Marlis Fengels. Auch Bürgermeister Mike Rexforth war voll des Lobes: „Ich hätte nicht gedacht, dass am Samstagmittag so viele Menschen kommen. Ich habe es natürlich gehofft, zumal die Zeiten auch da sind, auf die Straße zu gehen, um zu zeigen, dass wir mehr sind.“

Nach der ersten positiven Resonanz aus der Menge der Demonstranten ist Rexforth auch zuversichtlich, dass schon bald weitere Aktionen in Schermbeck folgen werden.

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