Schalker-Manager im Interview
Heidel: Sind ursprünglichen Planungen um ein Jahr voraus
Christian Heidel sieht Schalke auf einem guten Weg. Im Interview erklärt der Sportvorstand, warum in Gelsenkirchen aus Aufbruchstimmung mittlerweile „ein bisschen Euphorie“ geworden ist.
Schalke-Manager Christian Heidel blickt auf eine gelungene Saison zurück. © imago
Nach einer starken Saison hat Christian Heidel schnell der Alltag eingeholt. Denn für den Sportvorstand des FC Schalke 04 gibt es viel zu tun. Welche Herausforderungen auf die Königsblauen warten und wie der Kader noch verändert werden soll, verrät der 54-Jährige im Interview.
Am vergangenen Samstag ist der Schalker Vorstand einmal zusammengezuckt, als Clemens Tönnies vom Schalker Angriff auf die Bundesliga-Spitze sprach. Warum?
(lächelnd) Zusammenzucken musste da niemand, denn wir kennen doch alle Clemens und schätzen seine emotionale Art sehr. Und es ist doch nicht verboten, ein bisschen zu träumen. Wenn wir uns besprechen, ist er komplett anders, sehr realistisch. Es muss niemand Angst haben, dass wir die Bodenhaftung verlieren. Wir sind uns unserer Rolle, unserer Bedeutung und unserer Möglichkeiten völlig bewusst.
Ist die Konstellation in der Liga nicht für Schalke momentan günstig, etwas forscher aufzutreten? Bei den Bayern weiß man nicht, wie Trainer Niko Kovac einschlägt, und Borussia Dortmund hat noch nicht mal einen.
Wir sind sehr, sehr gut mit einer gewissen Bescheidenheit gefahren und wollen das beibehalten. Unser Ziel heißt: Wir wollen uns immer verbessern. Diese Aussage bezieht sich jedoch nicht auf die Platzierung, wenn man gerade Zweiter geworden ist, sondern in erster Linie auf unser Spiel und die Leistungen auf dem Platz. Was in München, Dortmund oder Leverkusen passiert, darauf haben wir keinen Einfluss.
Mehr als den Vize-Titel kann Schalke also nicht erreichen? Was bedeutet das grundsätzlich für die Bundesliga, wenn Bayern immer oben steht?
Wir müssen den Realitäten ins Auge blicken. Die Bayern werden mit einem Etat von rund 600 Millionen Euro in die neue Saison gehen. Schalke liegt bei weitaus weniger als der Hälfte. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Bayern sind ganz andere als beim Rest der Liga. Wenn die Münchner keine Fehler machen, werden sie auch in den nächsten Jahren oben bleiben.
Fühlen Sie sich in Ihrer Personalpolitik bestätigt? Die Mannschaft besteht zum größten Teil aus Spielern, die schon im vergangenen Jahr für Schalke spielten.
Ich wusste, dass trotz Platz zehn in der vergangenen Saison nicht alles schlecht war. Im Nachhinein muss ich sagen, dass die Konstellation in meinem ersten Jahr auf Schalke schon schwierig war: Neuer Manager holt neuen Trainer für eine neue Mannschaft in einem neuen Verein. Es stellte sich dann heraus, dass es so einfach nicht passte. Das heißt aber keineswegs, dass Markus Weinzierl ein schlechter Trainer ist.
Mit welchen Vorstellungen sind Sie überhaupt nach Schalke gekommen?
Ich definiere meine Arbeit nicht so, dass ich nur für die Mannschaft und das Sportliche verantwortlich bin. Wenn mein Aufgabenbereich nur darin bestehen würde, wäre ich nicht aus Mainz weggegangen.
Sondern?
Es ging zum Beispiel auch darum, in diesem Verein mit seiner unglaublich großen Kraft für ein anderes Stimmungsbild zu sorgen. Damit meine ich, um einen Vergleich zu bemühen: Hier ist der Rückspiegel viel größer als die Windschutzscheibe.
Das bedeutet?
Auf Schalke wurde zu oft zurück, aber zu wenig nach vorn geschaut. Als ich zum Beispiel hier die Infrastruktur das erste Mal gesehen habe, war ich leicht schockiert. Deshalb ist es ein wichtiges Ziel, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Da sind wir auf einem guten Weg. Aus dieser Aufbruchstimmung ist mittlerweile sogar ein bisschen Euphorie geworden.
Wozu auch Trainer Domenico Tedesco beigetragen hat.
Ohne Wenn und Aber! Ich habe seine Verpflichtung nicht als so großes Risiko empfunden, weil ich mir nach den vielen Gesprächen schon sehr sicher war.
Wie geht es jetzt weiter mit dem zusätzlichen Wettbewerb Champions League?
Was mich ein bisschen stört: Jetzt werden schon wieder die ersten Negativszenarien an die Wand gemalt, nach dem Motto: Ist Schalke mit diesem Kader in der Königsklasse nicht chancenlos? Wir denken anders, wir haben uns nach einer tollen Saison mit der Qualifikation für diesen Wettbewerb belohnt. Damit sind wir den ursprünglichen Planungen um ein Jahr voraus. Intern war das Ziel die Rückkehr nach Europa. Deshalb freuen wir uns riesig. Und haben auch noch einen weiteren Vorteil.
Welchen?
Wir konnten sehr früh in die Personalplanungen einsteigen, der Trainer wird derselbe sein, und wir wissen, welche Art Fußball wir spielen wollen. Jetzt hat Domenico Tedesco erstmals die Möglichkeit, auf die Zusammenstellung der Mannschaft nachhaltig einzuwirken.
Drei Neuzugänge sind schon da. Wie viele kommen noch?
Wir werden nach den Abgängen von Max Meyer und Leon Goretzka noch etwas im zentralen Mittelfeld machen. Außerdem denken wir über einen Offensivspieler nach.
Worauf achten Sie besonders bei neuen Spielern?
Qualität ist das eine, Charakter und Mentalität ist das andere. Domenico und ich legen besonders großen Wert darauf, dass die Neuzugänge zu Schalke passen. Momentan stimmt der Zusammenhalt im Team.