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„Simons Tor zum 3:1 - da bekomme ich sofort wieder Gänsehaut“
Schalke 04
Dominick Drexler ist auf Schalke angekommen: Fünf Startelf-Einsätze in fünf Zweitliga-Spielen. Für das Interview mit Frank Leszinski nahm sich Schalkes Mittelfeldspieler eine Stunde Zeit.
Er kam erst kurz vor Saisonbeginn, war aber sofort mittendrin: Dominick Drexler brauchte auf Schalke keine lange Anlaufzeit. Im RN-Interview spricht Schalkes Mittelfeldspieler u. a. über seine Beobachtungen des Transfermarktes, über eine erste Zwischenbilanz, über das viel diskutierte Thema, ob Schalke zu wenig trainiert - und über Simon Terodde.
Schalke hat einen heißen Transfersommer hinter sich. Haben Sie als neuer Spieler überhaupt den Überblick behalten können?
Ich bin ein fleißiger Beobachter des Transfermarkts und habe bei Vereinen wie Schalke und auch Bremen schon sehr genau hingeschaut. Es war für mich natürlich sehr spannend zu sehen: wie stellt Schalke sich auf, was für Charaktere werden geholt und welches Spielsystem lässt sich mit dem neuen Kader umsetzen?
Bremen hatten Sie auch speziell im Blick, weil Sie Werder als Schalkes größten Konkurrenten im Aufstiegskampf betrachten?
Mit Werder Bremen ist ein weiterer namhafter Verein abgestiegen und es hat mich interessiert, wie sie sich künftig aufstellen. Außerdem steht dort mein früherer Trainer Markus Anfang an der Seitenlinie, und mit Marvin Duksch habe ich in Kiel zusammengespielt. Deshalb habe ich Bremen auf dem Transfermarkt besonders verfolgt.
Wie weit ist Schalke nach dem großen Umbruch im Hinblick auf die Stabilität der Mannschaft bisher gekommen?
Als stabil würde ich uns immer bezeichnen. Auch nach einer Niederlage stellt sich für mich nicht die Frage, ob wir als Mannschaft weniger intakt seien. Da geht es für mich eher darum, zu analysieren, was man künftig besser machen kann und wie sich Fehler vermeiden lassen. Am Ende des Tages lernt man aus den Fehlern. Rückschläge wird es immer geben und wird immer Spiele geben, die anders laufen, als man sich das vorgestellt hat. Das Regensburg-Spiel ist ein gutes Beispiel. Woran wir arbeiten müssen, ist, dass nach einer Niederlage auch drei gute Spiele folgen. Wir brauchen Phasen in der Zweiten Liga, wo wir die Gegner richtig dominieren.
Wie fällt die erste allgemeine Zwischenbilanz nach fünf Spieltagen aus?
Mein Anspruch und Wunsch sind, dass Schalke 04 ganz oben steht. Deshalb bin ich nach Gelsenkirchen gewechselt. Die Situation erinnert mich aktuell ein wenig an meine Zeit beim 1. FC Köln. Da habe ich auch Höhen und Tiefen miterlebt. Wir sind damals gut in die Saison gestartet, hatten aber über die Spielzeit eine kleinere und zwei größere Schwächephasen. Am Ende war es eine gute Saison für uns. Deshalb tue ich mich mit Zwischenbilanzen schwer. Entscheidend ist doch, wo Schalke 04 nach 34 Spieltagen steht. Das Fazit nach Saisonende ist die einzige Bilanz, die für mich zählt. Selbstverständlich hätte ich mir drei, vier Punkte mehr schon gewünscht.
Und persönlich?
Ich bin sehr froh, dass ich wieder im Zentrum spielen kann. Beim 1. FC Köln hat mich Trainer Markus Gisdol mehr und mehr auf den Außenbahnen eingesetzt. Dort spiele ich gerne, wenn der Trainer das vorsieht oder Not am Mann ist. Ich sehe meine Stärken aber eher im Zentrum, wo ich das Spiel vor mir habe und für den Gegner wesentlich schwerer auszurechnen bin. Wenn ich über die Außen komme, habe ich immer einen direkten Gegenspieler, im Zentrum ist das häufig nicht der Fall. Meine Stärke ist, im richtigen Moment nach vorne zu
preschen und Räume zu nutzen. Ich bin überzeugt: Ich kann noch viel besser spielen, als ich es bisher gezeigt habe. Ich muss mein Selbstvertrauen zurückzugewinnen und die Räume, in denen ich für den Gegner gefährlich bin, noch besser bespielen. Daran möchte ich in den nächsten Wochen unbedingt arbeiten, um mich zu weiter zu verbessern. Generell bin ich aber sehr zufrieden auf Schalke.
Sie haben hier auf Schalke auch schon Extreme erlebt, erst Regenburg, dann Düsseldorf. Haben Sie sich an Köln erinnert gefühlt, wo die Stimmungslage ähnlich hin- und herpendeln kann?
Total. Das muss man erlebt haben, um es einschätzen zu können. In Köln habe ich sehr viel Energie verloren in den Phasen, in denen wir nicht gewonnen haben. Ich war unzufrieden, richtig sauer und habe mir sehr viele Gedanken gemacht und nach Gründen gesucht. Am Ende geht es jedoch nur darum, aufzustehen, weiter hart zu arbeiten und gemeinsam mit der Mannschaft zu analysieren, was man künftig besser machen kann. Ähnlich erging es mir nach dem Regensburg-Spiel, wo ich sehr verärgert war, aber auch wusste: Spätestens ab Montag galt es, den Fokus auf Düsseldorf zu legen. Eines unserer Ziele für die kommenden Wochen muss auch sein, mit unseren Fans im Rücken eine Heimmacht zu werden! Wenn ich an das Tor von Simon zum 3:1 denke, da bekomme ich sofort wieder Gänsehaut.
Waren Sie auch in der Jubeltraube?
Natürlich. Ich war nicht so schnell wie manch anderer. Ich glaube, Buyo (Mike Büskens, die Red.) hat mich noch beim Lauf in die Kurve überholt. Mit meinen 31 Jahren wollte ich keinen Muskelfaserriss riskieren. (lachend) Ich war froh, nicht einer der ersten gewesen zu sein, sonst hätte ich ganz unten gelegen. Wir wollten die Emotionen aufsaugen und zusätzliche Kraft für die kommenden Aufgaben daraus ziehen.
Trainer Dimitrios Grammozis hat die Mannschaft mit einem freien Sonntag belohnt und in der Länderspielpause insgesamt gleich sechs Tage frei gegeben. Trainiert Schalke zu wenig?
Man muss unterscheiden zwischen körperlicher Fitness und mentaler Frische. Ich glaube, für viele unserer Spieler ist der Druck hier auf Schalke etwas Neues. Diesen Druck muss man als etwas Positives begreifen. Dennoch ist es ein Unterschied zu manch kleinerem Verein. Freie Tage dienen daher auch als mentale Erholung. Es geht darum, abzuschalten und Kraft zu sammeln, um gegen Widerstände ankämpfen zu können, aber auch darum, positive Erlebnisse zu verarbeiten. Nach dem Düsseldorf-Spiel konnte ich nicht vor halb vier einschlafen, weil man noch so voller Adrenalin ist. Schlaf und gute Ernährung sind an einem Tag nach dem Spiel aus meiner Sicht besser als Training. Und was die drei Tage betrifft, die am vergangenen Wochenende frei waren, da habe ich – und viele meiner Mannschaftskollegen auch - auch an zweien individuell gearbeitet. Ich sehe es so: Mitunter kann es sogar von Vorteil sein, nach einer kurzen Pause als Mannschaft wieder zusammen zu kommen. Man ist noch konzentrierter und arbeitet noch intensiver. Von Lotterleben kann keine Rede sein, da muss man deutlich differenzieren.
Jetzt heißt die nächste Aufgabe SC Paderborn. Was kommt da auf Schalke 04 zu?
Sie haben einige Konstellationen in der Mannschaft, die schon sehr lange zusammenspielen. Es überrascht mich nicht, dass sie so weit oben stehen. Wir müssen mit derselben Intensität und Aggressivität wie gegen Düsseldorf spielen, ohne dass uns 25.000 Fans von außen pushen wie in der Veltins-Arena. Das ist die große Herausforderung. Paderborn ist ein sehr schwieriges Pflaster. Nichtsdestotrotz fahren wir selbstverständlich mit einem eindeutigen Ziel vor Augen nach Paderborn.
Wird Simon Terodde bald Spitzenreiter der ewigen Zweitliga-Torschützenliste?
Wenn er sich nicht verletzt, wofür ich ihm alle Daumen drücke, habe ich nicht den geringsten Zweifel daran. Simon ist ein wahrer Torjäger, der sich selbst in so viele Situationen bringt. Sein Repertoire an Abschlüssen ist herausragend. Viele Stürmer haben in ihrer Karriere mal eine starke Phase, wo alles funktioniert, aber bei Simon ist das fast ein Dauerzustand.
Allerdings ist Schalke quantitativ im Angriff nicht gerade üppig besetzt.
Sorgen mache ich mir erst bei Verletzungen. Sollte Bedarf bestehen, bin ich überzeugt davon, dass Marvin Pieringer überraschen kann. Er hat ein gutes Gespür für gefährliche Situationen.
Sie haben in der Länderspielpause trainingsmäßig etwas kürzertreten müssen. Warum?
Ich hatte nur zwei Wochen Vorbereitung und habe dann direkt gespielt. Das hat sich jetzt ein bisschen bemerkbar gemacht. Aber jetzt habe ich meine Akkus wieder aufgeladen.
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