Auf Schalke ist Michael Langer nur dritter Torwart. Ein Gespräch mit ihm lohnt sich trotzdem: Der 33-Jährige ist in seiner Karriere weit rugekommen.

Gelsenkirchen

, 10.09.2018, 16:12 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ist es nicht frustrierend für Sie, sich immer nur bereitzuhalten, aber nie zu spielen?

Nein, überhaupt nicht, denn es war klar und offen so kommuniziert, als ich 2017 zum FC Schalke 04 gewechselt bin. Wir haben bei den Torhütern eine klare Hierarchie. Ralf Fährmann ist die Nummer eins, dann kommt Alexander Nübel, danach ich. Schalke wollte noch einen erfahrenen Torhüter holen, der vom Leistungsvermögen her und auch charakterlich zur Gruppe passt.


Aber hätte es nicht mehr Sinn gemacht, zu einem Klub zu wechseln, wo die Chance auf Einsätze größer ist?

Für mich war etwas anderes entscheidend. Ich wollte mich noch einmal mit den Besten im Tor messen. Das kann ich auf Schalke hier Tag für Tag im Training. Ralf gehört für mich zu den stärksten Torhütern in Deutschland. Das hat er in der vergangenen Saison erneut bewiesen. Wie er sich jeden Tag auf das Training akribisch vorbereitet, das ist sehr beeindruckend. Und Alex ist ein großes Talent, dem ich zutraue, dass er ein sehr guter Bundesligatorwart wird.


Dann sind Sie jetzt mehr Impulsgeber als Konkurrent für Fährmann und Nübel?

Meine Rolle hat sich verändert. Vor Schalke war ich in Norrköping die Nummer eins, die sich Woche für Woche auf das nächste Spiel vorbereitet hat. Jetzt gebe ich natürlich auch in jedem Training Vollgas, versuche dabei gleichzeitig, Ralf und Alex positiv zu pushen und zu fordern, gebe Ratschläge und diskutiere mit ihnen darüber, was gut und was schlecht war.

Die Torwart-Hierachie auf Schalke ist eindeutig: Ralf Fährmann (M.) ist die Nummer eins, Alexander Nübel sein Vertreter und Michael Langer ist dritter Schlussmann.

Die Torwart-Hierachie auf Schalke ist eindeutig: Ralf Fährmann (M.) ist die Nummer eins, Alexander Nübel sein Vertreter und Michael Langer ist dritter Schlussmann. © imago

Hat ein positives Klima in der Torwartgruppe Einfluss auf die Leistungen auf dem Platz?

Davon bin ich überzeugt. Wenn mal einer einen Fehler macht und es wird hinter dem Rücken schlecht über ihn gesprochen, dann ist das nicht gut. Ein partnerschaftliches Miteinander sorgt für bessere Leistungen.


Bringt Alex Nübel die Geduld mit, auf seine Chance zu warten?

Das ist sehr wichtig. Aus meiner Sicht wird das Ungeduldige oft von außen hineinprojiziert. Alex ist auf einem sehr guten Weg, Geduld ist dabei eine wichtige Qualität für einen Torhüter.


Sie haben in Ihrer Karriere schon sehr viel von der Welt gesehen.

Die vergangenen Jahre waren sehr lehrreich für mich. Mit dem Wechsel zu Schalke wollte ich mehr Kontinuität in mein Leben bringen. Ich habe eine zweijährige Tochter, die soll nicht jedes Jahr umziehen. Außerdem hat der Verein Schalke 04 eine große Kraft - mit dem Stadion, den Fans, dem Kader.


Bereuen Sie eine Entscheidung im Hinblick auf Ihre bisherige Karriere?

Nein. Ich habe so viele interessante Menschen und Sichtweisen kennengelernt. Jedes Land, ob Schweden, die USA oder Norwegen hat seine Eigenarten. Und auch die unterschiedlichen Trainingsmethoden sind sehr lehrreich gewesen.


Haben Sie ein Beispiel?

Ich hatte in Sandhausen eine sehr schwere Zeit. Für mich fühlte es sich so an, als sei ich in einer Sackgasse. Dann kam über Nacht das Angebot von Valerenga Oslo. Innerhalb weniger Stunde habe ich entschieden: Das mache ich.

Die Zeit beim SV Sandhausen war für Micheal Langer schwierig, der Vereinswechsel zu Valerenga Oslo die logische Folge.

Die Zeit beim SV Sandhausen war für Micheal Langer schwierig, der Vereinswechsel zu Valerenga Oslo die logische Folge. © dpa

Und dann?

Kommst Du in ein fremdes Land, beherrschst die Sprache nicht und auch die Spielweise ist eine andere, denn es wird meistens mit langen Flanken und Einwürfen operiert. Dann musst Du deine Denkweise umstellen. Das war extrem spannend für mich. Ich bin so gestrickt, dass ich immer noch dazulernen will.


Genauso wie wohl auch das Probetraining bei Manchester United, das Sie einige Jahre zuvor absolviert hatten.

Manchesters Torwarttrainer Eric Steele hatte mich in Deutschland beobachtet. Es war ein Riesenerlebnis für mich, das großen Spaß gemacht hat.


Wie sicherlich auch der Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Jahr 2007 mit dem VfB Stuttgart. Fühlen Sie sich eigentlich als Deutscher Meister? Sie haben in der Titelsaison nur eine Partie für die Stuttgarter absolviert.

Absolut. Damals ist ein großer Teamspirit entstanden. Mir wurde diese Begegnung ja auch nicht geschenkt. Ich kam in einer wichtigen Partie zum Einsatz, am 25. Spieltag im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg beim 0:0. Auch deshalb habe ich mich natürlich voll zur Meistermannschaft dazugehörig gefühlt. Lang ist es her ...

Mit dem VfB Stuttgart holte Michael Langer 2007 die Deutsche Meisterschaft.

Mit dem VfB Stuttgart holte Michael Langer 2007 die Deutsche Meisterschaft. © imago

Dann werfen wir einen Blick in die Gegenwart. Warum ist Schalke so schwach in die Saison gestartet?

Das ärgert uns sehr. Wir versuchen, noch härter zu arbeiten. Viele Gegner sind gegen uns noch motivierter, weil wir zuletzt so erfolgreich waren. Hinzu kommt, dass es einige Zeit dauert, bis unsere Neuzugänge komplett integriert sind. Ich hoffe, dass wir den Bock bald umstoßen werden. Erfolgserlebnisse würden diesen Prozess sicherlich beschleunigen.


Wann hängen Sie die Fußballschuhe an den Nagel?

An mein Karriereende denke ich noch nicht. Im Fußball kann man zwar leider selten langfristig planen, aber ich möchte schon noch einige Jahre spielen. Mit den jungen Spielern kann ich im Kraftraum jedenfalls noch gut mithalten. (lacht)


Wie sehen Sie die Entwicklung des Fußballs in den vergangenen Jahren?

Wir müssen aufpassen, dass wir das Rad nicht überdrehen. Es ist schwierig, ein Gefühl dafür zu bekommen, warum ein Spieler 220 Millionen Euro kosten soll. Andererseits ist es so, dass Fußballvereine längst Unternehmen geworden sind. Ich hoffe einfach, dass der Fußball in seinem Wesenskern so bleibt, wie er ist. Der Spaß am Spiel darf nicht verloren gehen.