Mark Uth war in der vergangenen Saison der zweitbeste deutsche Scorer der Bundesliga. Im Interview spricht er über seine bisherige Karriere, Brüche im Lebenslauf und seine Ziele auf Schalke.
Sein Wechsel von der TSG Hoffenheim zum FC Schalke 04 stand schon im Januar dieses Jahres fest. Jetzt ist Mark Uth auf Schalke angekommen - und erbt eine Rückennummer, der er gerne gerecht werden würde.
Beim Mannschaftsabend im Trainingslager stand das traditionelle Aufnahmeritual für die Neulinge an. Wie war das?
Wir waren auf einer Almhütte und jeder musste singen oder tanzen. Ich habe ein bisschen von beidem gemacht. Es wurde ein sehr lustiger Abend. Ich weiß nicht, ob die anderen Gäste auf der Hütte das auch so toll fanden, aber da mussten sie leider durch.
Wie sind Sie denn von der Mannschaft aufgenommen worden?
Sehr gut! Als Kölner findet man ja schnell Anschluss.
Was macht denn einen Kölner aus?
Eine offene Art, manchmal auch eine große Klappe ... So findet man schnell zu den anderen.
Sind Sie denn noch FC-Köln-Fan?
Na klar! Ich hoffe, dass sie schnell wieder aufsteigen.
Dann müssten Sie ja froh sein, dass Sie zumindest in diesem Jahr nicht gegen Köln spielen müssen?
Nein. Ich habe mich immer gefreut, gegen Köln zu spielen. Das ist schließlich mein Jugendverein - mit zwölf Jahren bin ich von meinem „Dorfverein“ zum FC gewechselt, habe dort fünf Jahre gespielt. Weil ich irgendwann als zu klein und schmächtig galt, wurde ich aussortiert und war zwei Jahre bei Viktoria Köln. Dort wurde ich vom Linksverteidiger zum Stürmer umgeschult. Danach bin ich zum FC zurückgekehrt und habe zwei Jahre bei den Amateuren und ein Jahr bei den Profis gespielt.

Beim 1. FC Köln kam Mark Uth noch nicht zu seinem Bundesliga-Debüt. Über eine Rolle in der zweiten Mannschaft kam der damals 20-Jährige nicht hinaus. © imago
Das Verhältnis zum damaligen Trainer Ståle Solbakken war aber nicht so gut...
Wenn man keine Rolle spielt, ist das Verhältnis häufig nicht so gut. Ich war sehr jung, ich dachte, dass ich mal so langsam ankomme, aber ich habe nie eine Chance bekommen. Deswegen musste ich gehen.
Die nächste Station war dann der SC Heerenveen in den Niederlanden.
Der Verein hatte mich in der zweiten Mannschaft der Kölner beobachtet und wollte mich haben. Ich hatte mir dann ein Spiel von Heerenveen gegen Eindhoven angeschaut - PSV ist schnell mit 5:0 in Führung gegangen, doch als Heerenveen das 5:1 erzielte, haben die Zuschauer das gefeiert, als wäre es der Siegtreffer gewesen. Das hat mich sehr beeindruckt.
In Heerenveen haben Sie vollmundig angekündigt, genauso viele Tore schießen zu wollen wie Stürmerstar Bas Dost...
(lacht) Genau, das ist mir zum Verhängnis geworden. Aber da war ich auch noch sehr jung, daraus habe ich gelernt. Das war gar nicht ernst gemeint, kam aber nicht gut an. Später wurde ich dann an Heracles Almelo verliehen.
Schaut man sich die Laufbahn an, fallen Brüche auf: In der Jugend das Gastspiel bei Viktoria Köln, und auch in Holland lief es nicht sofort rund. Stärkt das den Charakter?
In Holland war es am Anfang schon hart. Ich war alleine da, habe in der ersten Mannschaft keine Rolle gespielt - das war nicht einfach. Ich bin damals auch oft nur für einen Tag zu meinen Freunden und zu einer Familie gefahren. Aber ich habe nie aufgegeben und immer weitergemacht. Der Trainer der zweiten Mannschaft von Heerenveen ist dann zu Heracles Almelo gegangen und hat mich mitgenommen - das hätte er sicher nicht gemacht, wenn ich mich hätte hängen lassen. Man muss immer weiter machen und in jedem Training alles geben. Fußball spielen macht mir ja schließlich Spaß - ich mache das nicht, weil ich muss.
Später ging es dann zu Heerenveen zurück, dann nach Hoffenheim. Sind Sie quasi auf dem zweiten Bildungsweg in der deutschen Spitze angekommen?
Ja, schon. Ich hatte keine Bilderbuchkarriere wie manch anderer. Ich musste ein paar Umwege gehen, um mein Ziel, Bundesligaspieler zu werden, zu erreichen. Aber jetzt sitze ich hier!
Was war für den Wechsel nach Schalke ausschlaggebend? Viele Spieler berichten, dass Domenico Tedesco sie im Gespräch überzeugt habe.
Wir haben gar nicht so lange geredet. Er hat mich angerufen und gesagt, dass Schalke großes Interesse an mir hätte. Außerdem würde er meine Laufwege und meinen Torabschluss sehr schätzen, genau das brauche er noch auf Schalke. Da war eigentlich schon alles klar. Es gibt in Deutschland nicht viele bessere Adressen als Schalke.

„Tedesco redet sehr viel mit den Spielern, das finde ich gut.“ - Mark Uth © imago
Was hat denn den Ausschlag gegeben: Der Klub oder der Trainer?
Es war eine Mischung aus beidem. Schalke ist ein Herzensklub: Alle, die hier arbeiten, leben den Verein. Das kannte ich aus Köln, das ist mir auch sehr wichtig.
In Hoffenheim haben Sie mit Julian Nagelsmann zusammengearbeitet - genau wie Domenico Tedesco einer der jungen Shootingstars der Liga. Was für Gemeinsamkeiten, was für Unterschiede gibt es?
Das ist noch schwer zu sagen, so lange bin ich ja noch nicht hier. Es sind aber gerade diese beiden Trainer, die einem Dinge beibringen, die ich zuvor noch bei keinem anderen Trainer gehört habe, etwa im taktischen Bereich. Tedesco redet sehr viel mit den Spielern, das finde ich gut.
Mit Schalke geht es in dieser Saison auch in die Champions League.
Darauf freue ich mich sehr, da geht ein großer Traum in Erfüllung. Mit Hoffenheim standen wir einmal kurz davor, sind aber dann in den Play-Offs an Liverpool gescheitert. Ich freue mich auf jedes Spiel und will einfach die Erfahrung aufsaugen. Wir wollen so gut wie möglich Fußball spielen.
Persönlich war die vergangene Saison sehr erfolgreich für Sie – unter den deutschen Spielern hat nur Bayerns Thomas Müller bessere Scorerwerte. Was geht in dieser Spielzeit?
Ich möchte daran anknüpfen - man kann ja schließlich nicht sagen, dass man weniger erfolgreich sein will. Erst einmal geht es aber darum, gut in die Saison zu starten, der Mannschaft zu helfen - alles andere kommt dann von ganz alleine.

Mit 14 Toren und neun Vorlagen war Uth in der vergangenen Saison der zweitbeste deutsche Scorer hinter Thomas Müller. © imago
Mit solchen Werten ist man natürlich immer ein Kandidat für die Nationalmannschaft.
Das wäre natürlich das Highlight meiner Karriere, einmal für die Nationalelf aufzulaufen. Aber das habe ich nicht zu entscheiden, das lasse ich auf mich zukommen.
Sie tragen die Nummer 7 - hat das eine besondere Bedeutung?
Ja, schon. Ich habe sie mir nicht ausgesucht - Sportdirektor Axel Schuster hat mir im Urlaub eine Mail geschickt, dass die Nummer 7 für mich vorgesehen sei. Hervorragend, habe ich gedacht. Diese Nummer hat vor mir unter anderem ein Weltklassespieler wie Raúl getragen. Ich hoffe, dass ich dem gerecht werden kann.