Der etwas andere Schalker Jahres-Rückblick. Stichtag 17. Januar, der Rücktritt vom Boss, ein schräger Vergleich und ein unerwartetes Comeback.

Gelsenkirchen

, 29.12.2020, 17:14 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es war prinzipiell ein schwieriges Jahr, für Schalke ganz speziell. 2020 wird den Königsblauen aus vielen Gründen in schlechter Erinnerung bleiben. Ein etwas anderer Jahresrückblick mit elf Höhepunkten in chronologischer Reihenfolge:

Stichtag des Jahres

Am 17. Januar feiert Schalke auf beeindruckende Art und Weise einen 2:0-Erfolg gegen Mönchengladbach. Der Ex-Schalker Klaus Täuber freut sich gleich doppelt, denn an diesem Tag wird er 62 Jahre alt. Dass dies der letzte Schalker Bundesligasieg des Jahres 2020 sein wird, hätte nicht nur „der Boxer“ nie für möglich gehalten.

Fettnäpfchen des Jahres

Schalke stolpert 2020 in viele Fettnäpfchen, das größte ist wohl die „Härtefall-Regelung“. Dauerkarten-Inhaber sollen erklären, warum sie das Geld für die Rückerstattung wegen der Corona-Ausfälle gerade jetzt bräuchten. Eine Instinktlosigkeit, die ein Grund für den plötzlichen Rücktritt des dafür verantwortlichen langjährigen Finanzvorstands Peter Peters gewesen sein soll.

Rücktritt des Jahres

Sportlicher Misserfolg, immer heftigere Fan-Proteste, dann auch noch dramatische Corona-Ausbrüche in seinem Unternehmen – diese Gemengelage macht irgendwann auch den robustesten Fleisch-Fabrikanten mürbe. Am 30. Juni tritt Clemens Tönnies nach fast 20 Jahren als S04-Aufsichtsratschef zurück.

Versprechen des Jahres

Am 1. Juli erklären die Vorstände Alexander Jobst und Jochen Schneider vollmundig, das nun eine neue Transparenz beim FC Schalke 04 beginne. Doch schnell wird deutlich: Es ändert sich wenig. Zum Ärger vieler Fans bleibt zum Beispiel bei der angestrebten Profi-Ausgliederung bis heute ein schlüssiges Konzept im Dunkeln.

Erkenntnis des Jahres

Im Trainingslager in Längenfeld gibt es mit Alessandro Schöpf einen Corona-Fall. Wenige Stunden zuvor ist der Österreicher noch bei einer Medienrunde mit Journalisten dabei. Zwar werden bei diesem Termin die Abstandsregeln eingehalten, aber das Schalke nicht mal auf die Idee kommt, die Journalisten zeitnah über den Corona-Fall zu informieren, geschweige denn Maßnahmen zu ergreifen, darauf kommt der Verein nicht. Die Journalisten sind empört. Offenbar gibt es wichtigere Dinge, als ihr Leben zu schützen.

Geste des Jahres

Kurz vor dem Saisonstart macht David Wagner deutlich, wie es um die finanzielle Situation des FC Schalke 04 bestellt ist. Auf die Frage, ob noch neue Spieler verpflichtet werden, greift sich der Schalker Trainer zunächst in die rechte, dann in die linke Tasche seiner Trainingshose. Beide Hände bleiben leer.

Irrtum des Jahres

Ein Bundesliga-Auftakt beim FC Bayern ist für keine Mannschaft ein Traumlos. Doch Wagner lässt sich nicht Bange machen. „Wir sind bereit“, verkündet der 48-Jährige kurz vor dem Anpfiff. Das Resultat ist ein 0:8 aus Schalker Sicht und der Anfang vom Ende für Wagners Trainertätigkeit, der nach der folgenden Heimniederlage gegen Bremen gefeuert wird.

Vergleich des Jahres

Schalke, so Wagners Nachfolger Manuel Baum, sei wie eine Ketchup-Flasche. Man müsse nur immer wieder drauf klopfen, dann käme auch etwas raus. Ein schräger Vergleich. Denn Baum konnte klopfen, wie er wollte. Heraus kam wenig bis nichts. Ob es an Baum lag? Vielleicht war die Flasche ja einfach nur leer. Oder der Deckel drauf. Das Ketchup-Problem lösen muss nun Christian Gross.

Klartext des Jahres

Nach der 0:2-Niederlage gegen Wolfsburg, dem 24. Bundesligaspiel in Folge ohne Sieg, ist Mark Uth den Tränen nahe. „Am liebsten würde ich in die Kabine gehen und weinen“, gesteht der 29-Jährige, der danach zu einer Brandrede ansetzt, die seine ganze Fassungslosigkeit dokumentiert. Uth: „Wir spielen sehr schlechten Fußball, wir verteidigen schlecht. Ich weiß nicht, wie wir so ein Spiel gewinnen wollen“.

Comeback des Jahres

„Das blau-weiße Herz schlägt noch“, begründet Huub Stevens sein erneutes Comeback auf der Schalker Trainerbank. Zum vierten Mal in seiner Karriere trainiert der 67-Jährige die Königsblauen. Doch nach zwei Spielen kehrt er in den Aufsichtsrat zurück. Nach dem 0:1 gegen Bielefeld schafft seine Mannschaft wenigstens einen etwas versöhnlichen Jahresabschluss durch das Weiterkommen im DFB-Pokal gegen Ulm (3:1).

Zahl des Jahres

Die 29. Wir kommen, auch wenn’s weh tut, um diese Zahl nicht herum. Seit 29 Bundesligaspielen in Folge ist der FC Schalke 04 nun sieglos. „Schalke tasmanisch“ titelt der Boulevard. Denn zum seit 55 Jahren unangetasteten Negativ-Rekord von Tasmania Berlin, dem Bundesliga-Synonym für Überforderung und Chancenlosigkeit, fehlen nur noch zwei Spiele. Die nächsten Gegner heißen Hertha BSC und 1899 Hoffenheim. Setzt sich der Trend des ganz speziellen Jahres 2020 fort, wäre der Rekord der Berliner am 9. Januar eingestellt.

Das wäre dann aber ein Fall für den Jahresrückblick 2021.