Das sah doch schon wieder ganz gut aus: Beim Schalker Training am Montag mischten die lange verletzten Moussa Sylla und Emil Holjund zum Teil munter mit, so dass nicht auszuschließen ist, dass zumindest Sylla beim nächsten Schalker Zweitliga-Spiel am Sonntag in einer Woche wieder ein Thema sein könnte.
Drittes Zweitliga-Jahr in Folge
Doch selbst wenn Sylla, mit 13 Toren auf Platz vier der aktuellen Zweitliga-Torschützenliste, in Fürth wieder auf Torejagd gehen könnte, wird das wohl wenig daran ändern, dass Schalkes drittes Zweitliga-Jahr in Folge immer wahrscheinlicher wird. Das gab es in der Klub-Historie bislang nur einmal, zwischen 1988 und 1991, als den Blau-Weißen dann die Rückkehr in die Erste Liga gelang, für die mit Peter Neururer und später Aleksandar Ristic zwei Trainer verantwortlich waren.
Dreijahresplan mit Aufstiegsziel
Nun hat Schalkes Chefetage hinsichtlich der immer neuen (herabgestuften) Saisonziele reichlich Flexibilität bewiesen, zumindest der Dreijahres-Plan wurde bislang noch nicht öffentlich korrigiert. Das heißt: In der kommenden Saison soll und will Schalke dann ernsthaft um den Aufstieg mitspielen. Da muss die Frage gestattet sein: Aber wie?

Überall Handlungsbedarf
Denn: In allen Mannschaftsteilen besteht diesem Saisonziel entsprechend dringend Handlungsbedarf. Es existiert keine Achse, um die herum die Verantwortlichen eine Aufstiegsmannschaft „basteln“ könnten, auf zu vielen Positionen herrscht darüber hinaus Unklarheit über die persönliche Zukunft von Spielern. Schon im Tor geht es los:
Karius wird Perspektiven wollen
Tor: Der ausgeliehene Ron-Thorben Hoffmann kann sich eine Rückkehr nach Schalke (wir berichteten) offenbar nicht vorstellen, im Falle des Braunschweiger Klassenerhaltes hätte die Eintracht ohnehin eine Kaufpflicht. Justin Heekeren muss erstmal mit seiner Rückstufung zur Nummer zwei klarkommen, derzeit fehlt die Fantasie, er könne demnächst rasch zum Aufstiegstorwart „mutieren“.
Zeigt Loris Karius, dem gegen Hannover sein erster Schalke-Fehlgriff mit Folgen unterlief, bis zum Saisonende starke Leistungen, wird er auch ein Thema bei anderen Vereinen sein. Schalke müsste ihm dann schon eine Mannschaft mit Aufstiegsperspektiven in Aussicht stellen. Sollte Karius nun auch schwächeln, würde dann wohl umgekehrt Schalke eine Vertragsverlängerung (derzeit bis Saisonende) überdenken.
Abwehr: Sie wackelt schon in dieser Saison oft bedenklich, auch die einzelnen Zukunftspersonalien haben den Charakter von „Wackelkandidaten“: Der Vertrag von Marcin Kaminski läuft aus, Verlängerung fraglich. Tomas Kalas ist zwar noch bis 2027 gebunden, wird aber möglicherweise die Konsequenzen aus seiner neuen Rolle als Bank-Angestellter ziehen.
Felipe Sanchez kämpft auch bei Kees van Wonderen um Anerkennung, nicht mal mehr darum kämpfen darf offenbar Ibrahima Cissé: Er trainiert seit Monaten bei der U23, gehört aber dann nicht mal in der Schalker Regionalliga-Mannschaft zum Spieltagskader. Perspektivspieler Steve Noode kommt bei seiner Ausleihstation SCR Altach in Österreich nur zu wenigen Einsatzminuten. Die einzige „Bank“ in Schalkes Abwehr ist derzeit Ron Schallenberg, im Hauptberuf Mittelfeldspieler. Große Hoffnungen ruhen intern auf U19-Spieler Mika Khadr, der bereits einen Profivertrag unterschrieben hat.

Bulut gilt als Verkaufskandidat
Immerhin hat Schalke die lange „schmerzende“ Schwachstelle auf der rechten Defensivseite nun gut besetzt. Doch auch hier gibt es ein „Aber“: Denn Taylan Bulut gilt als Verkaufskandidat, Adrian Gantenbein wirkt noch nicht wie ein möglicher Aufstiegsspieler.
Auf der linken Seite wurden Derry Murkin schon im Sommer Erstliga-Ambitionen nachgesagt, Anton Donkor - obwohl auf Schalke nur Reservist - soll das Interesse der TSG Hoffenheim geweckt haben. Schalke wird bei dem einen oder anderen Spieler auch „Nein“ sagen müssen - völlig unabhängig davon, ob die potenzielle Ablösesumme gut gebraucht werden kann.
Wer führt im Mittelfeld?
Mittelfeld: Da hat Schalke reichlich Personal. Fürs Zweitliga-Mittelmaß ausreichend, aber wer von den unter Vertrag stehenden Spielern könnte Schalke zum Aufstieg führen? Paul Seguin gilt als Führungsspieler, als Taktgeber im Mittelfeld - und an guten Tagen ist er das auch. Aber um eine Aufstiegsmannschaft zu führen reicht seine bisherige Performance bei den Königsblauen nicht.
Seguins Mitstreiter wie beispielsweise Janik Bachmann, Max Grüger, der nach Jong Genk verliehene Martin Wasinski oder die im aktuellen System eher offensiv ausgerichteten Tobias Mohr und Mehmet Aydin sind verlässliche Mannschaftsspieler, aber ebenfalls keine Fußballer, die als Aufstiegsprotagonisten in Frage kommen. Und von den verpflichteten Perspektivspielern wie Aris Bayindir oder Mauro Zalazar konnte bislang ebenfalls noch keiner so überzeugen, um in ihnen mögliche Aufstiegsspieler zu sehen.
Alles dreht sich um Karaman
Angriff: In der „Abteilung Attacke“ dreht sich alles um Kenan Karaman. Der S04-Kapitän ist der Führungsspieler schlechthin, seinen fulminanten Ansprachen in der Kabine lässt er regelmäßig Taten auf dem Platz folgen. Aber: Karaman ist immerhin auch schon „31“, auch er braucht Entlastung. Mit Sylla hat das gut funktioniert, aber wie Bulut gilt auch Sylla als fast schon sicherer Verkaufskandidat - es sei denn, Schalke ordnet dem Aufstiegsgedanken die Einnahme-Aussicht unter. Pape Meissa Ba ist (noch) kein Sylla, bei Zaid Tchibara muss überhaupt erst einmal abgewartet werden, welche Fortschritte er nach seinem Kreuzbandriss macht.
Ein Hoffnungsträger ist Emil Hojlund - vorausgesetzt, er bleibt in seiner zweiten Schalke-Saison im Gegensatz zur ersten weitestgehend verletzungsfrei. Aber auch ein fitter Hojlund wird Schalke wohl noch nicht - wie einst Simon Terodde 2021/22 - zum Aufstieg schießen können. So oder so: Um einen Aufstiegssturm auf die Beine zu stellen, werden sich die Chef-Strategen um Kaderplaner Ben Manga, Youri Mulder und möglicherweise der neue Sportvorstand einiges einfallen lassen müssen.
Völlig neu kann auch aufsteigen
Schalke steht also vor dem nächsten großen Umbruch - es sei denn, man gibt sich mit Zweitliga-Mittelmaß zufrieden und verschiebt das Aufstiegsziel nach hinten. „Die Mannschaft braucht mindestens fünf neue Spieler für eine Aufstiegsmannschaft in der kommenden Saison“, hat „Flankengott“ Rüdiger Abramczik im „Legenden-Talk“ hochgerechnet.
Dass auch eine völlig neu formierte Mannschaft aufsteigen kann, bewies Schalke übrigens selbst: Vor der Saison 2021/22 ließen Peter Knäbel und Sportdirektor Rouven Schröder notgedrungen keinen Stein auf dem anderen. Die Abstiegsmannschaft musste - weil zu teuer - komplett gehen, der Neuaufbau war ebenso umfangreich. Am Ende stieg Schalke auf.