Am Tag nach dem Debakel von Regensburg wurde auf Schalke nicht nur trainiert, sondern auch viel geredet. Solche Krisensitzungen sind mittlerweile fast schon Alltag in Gelsenkirchen, sie wiederholen sich gefühlt im Monatstakt, doch gebracht haben sie auch in dieser Spielzeit herzlich wenig.
„Weiter, immer weiter!“, hat Bayern-Torwart Oliver Kahn einst sein Leistungsmotto auf den Punkt treffend formuliert. „Tiefer, immer tiefer“, geht es zurzeit für die Königsblauen. Wie blank die Nerven mittlerweile liegen, offenbarte Kenan Karaman mit seinen Aussagen nach dem peinlichen 0:2 in der Oberpfalz. „Ich kann unsere Fans total verstehen, dass sie sauer ud enttäuscht sind. Es geht nicht nur ums Gewinnen, es geht um die Mentalität, um die Leidenschaft, die man auf dem Platz bringt. Und da war nichts von da.“
Fehlt die Einstellung?
Damit stellte der erzürnte Schalke-Kapitän die Charakterfrage: Fehlt es vielen Spielern der Königsblauen an der nötigen Einstellung, um im Profisport Erfolg zu haben? Sportdirektor Youri Mulder und Trainer Kees van Wonderen wollten davon nichts wissen. Sie verwiesen auf ihre eigenen Erfahrungen als Kicker, wo es immer mal Spiele gegeben habe, in denen trotz bester Vorsätze nichts zusammengelaufen sei.
Mit dieser Argumentation wurden die eigenen Spieler nicht zum ersten Mal in Schutz genommen. Ob das ausreicht, um eine Leistungskultur zu entwickeln, die höheren Ansprüchen genügt? Fakt war in Regensburg, dass sich Schalke als Karikatur eines „großen Vereins“ präsentierte, der noch nicht einmal in der Lage war, dem Schlusslicht der 2. Liga Paroli zu bieten. Regensburg hatte viel Kampf und Einsatz zu bieten, das reichte schon, um drei Punkte zu holen.

Karaman hat offenbar längst den Glauben daran verloren, dass mit dem Großteil dieses Kaders in der nächsten Spielzeit alles besser wird. „Die Saison muss von den Verantwortlichen gut analysiert werden, die Mannschaft muss verstärkt werden. Jeder Einzelne muss sich bewusst machen, für welchen Verein er spielt, welchen Anspruch jeder Einzelne hat.“
Doch zunächst heißt es für die Königsblauen, das Spieljahr anständig abzuschließen. Das wird schwer genug, denn alle fünf kommenden Gegner gehören zu den aktuellen Top 7 der Tabelle: der Hamburger SV, der 1. FC Kaiserslautern, der SC Paderborn, Fortuna Düsseldorf und SV Elversberg. Kein gutes Omen: Gegen die anderen beiden Top-7-Teams hat Königsblau in der Rückrunde schon verloren - 0:1 in Köln und 2:5 gegen Magdeburg.
Keine Bosse auf dem Platz
Dass Kees van Wonderen über das Saisonende hinaus Schalker Trainer bleibt, wird angesichts der aktuellen Lage immer unwahrscheinlicher. Glaubwürdige Treuebekenntnisse für den Niederländer gibt es von den Entscheidungsträgern längst keine mehr. Auch unter van Wonderens Leitung ist es nicht gelungen, Schalkes Abwehr zu stabilisieren (52 Gegentore), dem Mittelfeld mehr Kreativität zu vermitteln und die Harmlosigkeit in der Offensive zu unterbinden.
Aktuell hat Schalke eine Mannschaft, die keine ist. Es fehlt an prägenden Typen, die in schwierigen Spielsituationen auf dem Platz das Heft in die Hand nehmen. Ein Karaman allein reicht nicht aus, zumal er in Regensburg auch keinen guten Tag hatte. Der 31-Jährige hat „keine Lust mehr, immer solche Saisons zu spielen und mit Schalke unten drin zu hängen. Dafür habe ich hier nicht langfristig unterschrieben“, schimpfte der Stürmer. Es klang wie ein Hilferuf.