Martin Max weiß, wie es unter Tage ist. Das Malochen lernte der ehemalige Schalker während seiner Ausbildung zum Betriebsschlosser unter Tage - und es prägte ihn auch als Profi-Fußballer.
Der Blick von Martin Max schweift über das Gelände. Doch was der ehemalige Bundesliga-Profi und heutige „Repräsentant Tradition“ des FC Schalke 04 sieht, erkennt er kaum wieder. Das Gebiet rund um die ehemalige Zeche General Blumenthal hat sich verändert. Grundlegend. Früher war das Areal, das südlich der Recklinghauser Innenstadt liegt, Haldengelände. Ein Förderturm und ein weitläufiges Schienennetz prägten das Aussehen des Zechengeländes.
Jetzt befindet sich hier der städtische Recyclinghof. Auf dem Rest des ehemaligen Bergbau-Areals rollen Bagger und Planierraupen. Lediglich das alte Maschinenhaus steht noch. Der Strukturwandel hat längst Einzug erhalten. „Hier hat sich ja einiges getan“, bemerkt auch Max.
Drei Jahre lang hat der heute 50-Jährige auf der Zeche General Blumenthal seine Ausbildung zum Betriebsschlosser absolviert. Dass er auch einmal im Bergbau arbeiten würde lag nahe. „Zum Beruf damals bin ich durch meinen Vater gekommen, er war schon Bergmann. Als ich die Schule beendet hatte, war es relativ einfach, auf die Zeche zu kommen. Wenn der Papa schon Bergmann war, musste man im Grunde keine Bewerbung mehr schreiben, sondern einfach nur einen Fragebogen ausfüllen, und das war’s“, sagt Max.
Bergbau stößt an eine Grenze
Mehr als 120 Jahre wurde Kohle in der Zeche Blumenthal gefördert. Die erste Teufung war 1873, fünf Jahre später fand die Inbetriebnahme statt. Das Abbaugebiet vergrößerte sich Richtung Norden, stieß jedoch bald an Grenzen, da das Naherholungsgebiet Haard unangetastet bleiben sollte. Zudem verhinderte der Halterner See eine weitere Ausbreitung des Kohleabbaus Richtung Norden. 1992 erfolgte der Zusammenschluss der Zeche Graf von Blumenthal mit der Zeche Haard. Durch die Fusion wurde das Abbaugebiet zwischenzeitlich zum größten Pütt an der Ruhr. Der Bergbau hielt sich noch bis 2001, dann war Schluss.
1985, gerade 17-jährig, beginnt Max seine Ausbildung zum Betriebsschlosser. Damit wird Max einer der Letzten sein, der als Profi-Fußballer eine Ausbildung im Bergbaubereich abgeschlossen hat. „Mein persönlicher Werdegang mit der Ausbildung hat mir viel gegeben, diese Zeit will ich nicht missen“, sagt der 50-Jährige mit Blick auf seine Lehre.

1988 erhält Martin Max sein Abschlusszeugnis der Berufsschule. © Schalke
Ein wenig Stolz schwingt in seiner Stimme mit. Für die Bergleute empfindet er Bewunderung, auch weil Max selbst ein halbes Jahr einfuhr. „Vor den Bergleuten und vor dem, was sie geleistet haben, habe ich großen Respekt“, sagt Martin Max. Selbst unter Tage zu arbeiten, „das erdet einen“.
Das in der Ausbildung erlernte Malochen prägt ihn nicht nur im wahren Leben. „Diese Mentalität“, sagt Max, „findet sich auch auf dem Platz wieder. Während der Lehre habe ich gelernt, zu kämpfen, zu fighten, immer dran zu bleiben, ehrgeizig zu sein - einfach zu malochen.“
Fußball bleibt zunächst ein Hobby
Charaktereigenschaften, die den Fußballer Max 1985 zunächst von Blau Weiß Post Recklinghausen in die Oberliga zum 1. FC Recklinghausen führen. Noch ist der Fußball für Martin Max nicht mehr als ein Hobby, aber das tägliche Programm hat es dennoch in sich: Morgens um sechs beginnt die Schicht, bis in den Nachmittag wird gearbeitet, abends steht das Training an. „Volles Programm“, erinnert sich Max mit einem Lächeln.
Für Max ist schnell klar, dass es ihn nicht ewig in der Zeche halten würde: „Ich wusste, diesen Knochenjob will ich nicht ein Leben lang machen.“ Max träumt davon, Karriere als Profi-Fußballer zu machen, „wie jeder kleine Junge“. Als eines Tages Jürgen Wittkamp, ein ehemaliger Gladbach-Profi und damals so etwas wie ein Manager beim 1. FC Recklinghausen, auf ihn zukommt und ihm ein Probetraining bei Borussia Mönchengladbach verschafft, zögert Max keine Sekunde.

Die Malochermentalität zeichnete Martin Max auch auf dem Platz aus © dpa
Der Stürmer überzeugt sofort und erhält unmittelbar nach dem Training einen Vertrag beim Bundesligisten. Zwischen 1989 und 1995 trägt Max das Trikot der Gladbacher Borussia. Die bereits begonnene Weiterbildung zum Industriemechaniker muss er abbrechen. Dafür ist keine Zeit mehr, schließlich ist Max jetzt Vollzeit-Fußballprofi.
Max kehrt in die Heimat zurück
Im Sommer 1995 geht es zurück ins Ruhrgebiet, seine Heimat. Schalke klopft an. Max wechselt zu den Königsblauen. Der Fußball, so Max, werde hier noch eine Spur intensiver gelebt als im Rest Deutschlands - bis heute: „Fußball ist hier Religion. Das sieht man allein daran, wenn auf Schalke gespielt wird. Jeder Spieltag ist dort ein Festtag. Woanders gibt es auch große Identifikation mit den Vereinen, hier ist das aber alles noch eine Spur intensiver. Hier wird Fußball einfach gelebt.“ Die Menschen leben einfach noch immer den Fußball und die Malochermentalität im Ruhrgebiet.
Und was wünscht Martin Max den Ruhrgebietsvereinen heute? „Dass sie mal wieder einen Deutschen Meister stellen“, sagt er. Zumindest, wenn er Schalke heißt. Und wenn es nun Dortmund wäre? Martin Max muss lachen, sagt dann: „Das muss nicht unbedingt sein.“
Ist zum Studium ins Ruhrgebiet immigriert - und geblieben. Vielseitig interessiert mit einer Schwäche für Geschichten aus dem Sport, von vor Ort und mit historischem Bezug.
