Schalke-Reporter über ein Derby mit Biss, das Ende einer schwarzen Serie, eine meisterliche Vorstellung und eine unfassbare Aufholjagd. Heute: Das legendäre 4:4 nach Schalker 0:4-Rückstand.

Gelsenkirchen

, 24.10.2020, 13:20 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als der Schlusspfiff dieses denkwürdigen Spiels am 25. November 2017 ertönte, waren die Gefühlswelten auf beiden Seiten so unterschiedlich wie die Farben schwarz und weiß. Auf der einen Seite ein völlig konsternierter BVB-Trainer Peter Bosz, der fassungslos mit ansehen musste, wie seine Mannschaft einen 0:4-Rückzand verspielte.

Und auf der anderen Seite ein glückseliger Schalke-Trainer Domenico Tedesco, der jubelte: „Schalke hat Charakter, Schalke hat Mentalität, und Schalke kann Spektakel bieten“. Wohl wahr, denn nach 25 Minuten wurde den Schalke-Reportern auf der Pressetribüne mulmig. Der BVB lag nach 25 Minuten mit 4:0 in Front und spielte die Königsblauen regelrecht an die Wand. Im Geiste formulierte ich schon die ersten Passagen für einen Kommentar, der Schalke wenig schmeicheln würde.

Zwei Reporter-Veteranen staunen

Ich saß neben zwei altgedienten Reportern mit einem viel größeren Erfahrungsschatz, aber selbst diese beiden Journalisten-Veteranen hatten so eine erste Halbzeit noch nicht erlebt. Beim Anstoß zur zweiten Halbzeit war einer der beiden verschwunden und tauchte nicht wieder auf. Ob er schon nach Hause gefahren war, weiß ich bis heute nicht.

Tedesco hatte schnell auf das sich abzeichnende Debakel reagiert. Weston McKennie und Franco di Santo raus, Leon Goretzka und Amine Harit rein. Zur zweiten Halbzeit brachte er auch noch Matija Nastasic, um Thilo Kehrer vor dem Platzverweis zu bewahren.

Kniefall von Tedesco

Später wurde bekannt, dass der Deutsch-Italiener in der Kabine bei seiner Halbzeitansprache vor seinen Spielern in die Knie gegangen war und sinngemäß gesagt hatte: Vergesst die erste Halbzeit, wir wollen den zweiten Durchgang gewinnen. Was dann geschah, lässt sich rational nicht erklären.

61. Minute: Burgstaller verwertet nach tollem langen Ball von Benjamin Stambouli direkt über den weit vorm Tor stehenden BVB-Keeper Roman Weidenfeller. 1:4!

65. Minute: Amine Harit taucht vor Weidenfeller auf und erzielt das 2:4!

Ausgleich durch Naldo

86. Minute: Daniel Caligiuri zirkelt den Ball ins linke Eck. Weidenfeller ist machtlos. Nur noch 3:4!

90.+4 Minute. Das Schalke-Wunder ist perfekt. Naldo köpft nach einer Ecke zum 4:4 ein!

Tönnies springt über den Zaun

Dreht durch, wenn Ihr Schalker seid! Getreu diesem Motto liegen sich alle Spieler und Fans in den Armen. Unvergessen bleibt mir das Geschehen nach dem Schlusspfiff. Clemens Tönnies, damals noch Schalke-Boss, sieht sich das Derby in Dortmund immer im Schalker Fan-Block an. Als dieses Fußball-Drama beendet ist, hält ihn nichts mehr. Er springt über den Zaun und fällt jedem Schalker Spieler um den Hals, den er zu fassen kriegt.

Auf dem Weg in die Schalker Kabine kann ich ihm wenigstens eine Frage zurufen. Wird heute gefeiert? Antwort Tönnies: „Davon können Sie ausgehen!“ Sprach’s und verschwand mit breitem Grinsen in der Kabine nach einem Derby, das für immer in Erinnerung bleiben wird.

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