Als Dr. Bernd Schröder Anfang Januar 2022 als neuer Schalker Vorstandsvorsitzender vorgestellt wurde, fragte ihn diese Zeitung, ob ihm bewusst sei, wie viele langjährige Mitarbeiter den Verein in den letzten Jahren verlassen haben. Seine Antwort war keine Überraschung. Er sei erst wenige Tage im Amt. Wenn dieser Tatbestand zutreffe, werde er sich darum künmmern. Denn ein Aderlass verdienter Mitarbeiter könnte sich kein Unternehmen leisten.
Nun ist Dr. Schröder seit dem 30. Juli 2023 nicht mehr in Amt und Würden, sein Nachfolger noch nicht präsentiert worden. Aber das Problem der zahlreichen „Mitarbeiterflucht“ ist geblieben. Immer mehr Menschen, die viele Jahre für Schalke gearbeitet haben, sind frustriert und orientieren sich beruflich anders.
Fehlende Kommunikation
Diese Entwicklung wurde auch auf der turnußmäßigen Betriebsversammlung des Vereins am vergangenen Dienstag deutlich, wo es viele kritische Anmerkungen zur Zusammenarbeit zwischen dem Vorstand und der Belegschaft gab. Die anwesenden Vorstandsmitglieder Peter Knäbel und Christina Rühl-Hamers bekamen von der Kritik allerdings nur einen kleinen Ausschnitt mit, weil beide vorzeitig die Versammlung verließen. Knäbel hatte einen so wichtigen Anruf bekommen, dass er gehen musste.
Hintergrund der schlechten Stimmung auf der Geschäftsstelle ist das Gefühl vieler Mitarbeiter, dass sie sich nicht mitgenommen fühlen von den Entscheidern. Die mangelnde Kommunikation sorgt für viel Frust, aber niemand willl sich namentlich zitieren lassen.
Sehnsucht nach Heldt
Doch das Protokoll der Betriebsversammlung, das dieser Redalktion vorliegt, ist eindeutig. „Bestandsaufnahme: Stimmung auf Schalke innerhalb der Belegschaft verbesserungswürdig“ heißt es im Protokoll vom 26. September. Es ist anzunehmen, dass diese Formulierung einem Konsens zwischen Belegschaft und Vorstand geschuldet ist, um die Lage nicht noch mehr eskalieren zu lassen. Dabei geben viele Mitarbeiter für ihren Verein alles. 111 Personen, die für den FC Schalke 04 arbeiten, haben im Jahr 2023 bis zum Stichtag 31. August nicht weniger als 4572 Überstunden geleistet. Mehr Engagement geht kaum.
Wie diese Zeitung erfuhr, gibt es eine große Sehnsucht vieler Mitarbeiter nach einer Rückkehr von Horst Heldt. Das frühere Vorstandsmitglied habe zwar auch seine Macken gehabt, aber Heldt habe selbst in den größten Krisen während seiner Amtszeit dafür gesorgt, dass das Betriebsklima auf der Geschäftsstelle keinen Schaden erlitten habe. So ist der Tenor in vielen Hintergrundgesprächen. „Ihn konnte man zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen“, so ein Schalke-Mitarbeiter im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die Stoßrichtung solcher Äußerungen zielen auf Christina Rühl-Hamers und Peter Knäbel. Letztgenannter bekam nun auch viel Kritik in einem Kicker-Interview vom ehemaligen Schalker Trainer Frank Kramer ab. „Im Tagesgeschäft sowie in der mittel- und langfristigen Strategie mangelt es an Kompetenz, sonst würde der Verein nicht immer einmal links und einmal rechts abbiegen. Und wenn Sportdirektoren und Trainer ständig gewechselt werden, wirft das kein gutes Licht auf die obersten Entscheider im Klub. Wenn Trainer und Spieler in sportlich schlechteren Phasen an den Pranger gestellt werden, muss man hinterfragen, wer sie ausgesucht hat“, kritisierte der 51-Jährige.
Laut Kramer habe Knäbel „die Mannschaft populistisch in Schutt und Asche“ geredet. „Offenbar hat die sportliche Führung die falschen Spieler ausgesucht. Oder sie kriegt es nicht hin, für die Spieler ein leistungsförderndes Umfeld zu schaffen und eine geschlossene Einheit zu bilden. Es passt nicht, bei der Verpflichtung über die Spieler voll des Lobes zu reden und dann so über sie zu richten“.
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