Pro & Kontra
Darf man nach einer Niederlage gegen Bayern zufrieden sein?
"So viel Beifall und eine Ehrenrunde - das kann ich nicht verstehen." Sagt Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. Der Anlass: Der FC Schalke 04 verlor 1:3 gegen die Bayern, gab sich nach dem Abpfiff aber bestens gelaunt und zufrieden. Wir diskutieren: Darf man nach einer Niederlage gegen die Bayern zufrieden sein?
Bilder der Partie Schalke gegen München.
Pro: Ja, man darf damit zufrieden sein - Richtiges Gespür
Dass Breitenreiter, Heldt und Co. im Anschluss an das 1:3 gegen den FC Bayern voll des Lobes waren, wirkte auf manchen wie ein Dankesschreiben für die Machtdemonstration der Münchener. Falsch: Es war ein Zeichen für das Potenzial des im Umbruch steckenden Teams und den wichtigen Schulterschluss mit den Fans.
Denn der S04-Anhang war schon immer ein zuverlässiger Indikator für die Lage. Auch am Samstag haben sie den Spielern klar zu verstehen gegeben, dass man den jungen Wilden in Zukunft einiges zutraut. Vor rund acht Monaten hätten sich in der königsblauen Fanschar vor lauter Grauen kollektiv die Nackenhaare aufgestellt, wenn das Wort „Fünferkette“ fällt. Gegen die Münchener zeigte Schalke aber einen völlig anderen, engagierten Auftritt. Eigenschaften, die in der Di Matteo’schen Defensivtaktik vermisst wurden.
Klar ist: Komplimente füllen kein Punktekonto. Und auch die Zeit ist nicht endlos – erst recht nicht auf Schalke. Doch in den schweren November-Wochen ist es ein wichtiges Zeichen, sich bei den Fans für die Unterstützung zu bedanken und die guten Ansätze hervorzuheben. Denn draufgehauen wird im Schalker Alltag oft und schnell genug. Bleibt die Leidenschaft erhalten, gibt es absehbar auch wieder Punkte zu den Komplimenten.
Von Enrico Niemeyer
Kontra: Nein, man darf damit nicht zufrieden sein - Jippie, knapp verloren!?
Eins vorweg: Ich halt‘s selten mit dem Loddar, aber dieses eine Mal hat der Topf seit Ewigkeiten mal wieder einen Deckel gefunden. Eine solche Treffsicherheit bei der Gattinnen-Wahl, mein lieber Schwan, womöglich hätte es die Hochzeiten zwei, drei, vier und fünf nie gegeben.
Sei‘s drum, der Mann ist eben nicht nur Rekordnationalspieler. Mit seiner Kritik an der Schalker Selbstbeweihräucherung liegt er zumindest deutlich richtiger als im Privatleben. Jippie, wir haben nur knapp verloren! Oder auf Fußballerdeutsch: „Wir haben uns nicht abschlachten lassen“ – nicht nur wegen der traurigen Ereignisse in der Welt eine hanebüchene Floskel.
Fakt ist: Auch eine Niederlage gegen die Bayern ist eine Niederlage, bringt null Punkte und beim Blick auf die Tabelle so viel Spaß in die Backen wie gehäkelte Socken von Mama zu Weihnachten. Da darf man gerne mal den Taxofit-Koffer vor Wut bis nach Herne treten, also nicht an Weihnachten, sondern nach einer Heimpleite gegen die Bayern. Aber bitte nicht über „großartigen Kampf“ und irgendwas mit „können wir drauf aufbauen“ philosophieren. Der Sportdirektor des nächsten Gegners, Leverkusens Rudi Völler, hat für solche Fälle übrigens sein eigenes Fußballerdeutsch: „Sie haben den Fußball nie geliebt.“ Oder nicht verstanden, Rudi.
Von Tobias Jöhren