Jugendhaus Erle wird für Flüchtlinge hergerichtet Jugendarbeit soll trotzdem weitergehen

Jugendhaus Erle wird Flüchtlingsunterkunft: Jugendarbeit geht weiter
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Den Ärger in Erle kann Markus Büsken, der Erste Beigeordnete Raesfelds, ein Stück weit nachvollziehen. Noch bevor am Montag (13.11.) im Rat die temporäre Umwandlung des Erler Jugendhauses zur Flüchtlingsunterkunft beschlossen wurde, stand bereits ein Container vor dem Jugendhaus. „Das ist ein Symbol“, weiß auch Büsken: „Ein unglücklicher Eindruck“ sei so für Außenstehende entstanden.

„Der Container wäre dahin gekommen - egal wie der Beschluss ausgefällt“, sagt hingegen Bürgermeister Martin Tesing. Bei einer Besichtigung des Jugendhauses sei vor einigen Wochen aufgefallen, dass längst nicht das ganze Gebäude, sondern nur etwa ein Drittel davon effektiv für die Arbeit mit Jugendlichen genutzt worden sei.

Im Container fanden sich am Donnerstagmorgen alte Sofas und andere Möbel. Tesing zieht den Vergleich mit den Flüchtlingsunterkünften der Gemeinde: „Wir belegen da vier Betten pro Zimmer und im Jugendhaus ist ungenutzter Raum. Spätestens da müssen die Glocken angehen.“

Sprunghaft ist die Zuweisung von Flüchtlingen in Raesfeld seit Oktober angestiegen.
Sprunghaft ist die Zuweisung von Flüchtlingen in Raesfeld seit Oktober angestiegen. © Gemeinde Raesfeld

Durch den sprunghaften Anstieg bei den Neuzuweisungen von Flüchtlingen seit Oktober sei für die Verwaltung extremer Zeitdruck entstanden: „Wir sind nicht vor der Lage, sondern dahinter“, sagt Tesing. Man habe mehrere Optionen geprüft, darunter auch Sporthallen. Nutzungskonflikte hätte es laut Tesing überall gegeben. Das Jugendhaus biete im Vergleich zu Turnhallen fünf separate Räume, was Rückzugsmöglichkeiten für Familien eröffne, so Norbert Altrogge, Leiter des Sozialamtes. Kommen denn Familien nach Erle? Altrogge: „Wir haben null Einfluss auf die Zuweisung.“

Das Jugendhaus Erle wurde auch deshalb priorisiert, weil laut Altrogge die Verteilung der Flüchtlinge in den Ortsteilen derzeit sehr auf Raesfeld fokussiert ist. Von 36 Unterbringungsorten seien 32 in Raesfeld, zwei in Homer und zwei in Erle. Was laut Büsken zur Folge hat, dass die Raesfelder Grundschule mittlerweile voll ist. „Die Silvesterschule kann noch Kinder aufnehmen. Auch nicht unbegrenzt, aber eine Handvoll Kinder.“

Jugendarbeit geht weiter

Wichtig ist Tesing, dass die Jugendarbeit in Erle fortgeführt wird. „Eine Tür weiter“, so Altrogge, mit demselben Personal. In die Ersatzräume in der benachbarten Sporthalle an der Silvesterstraße wurden bereits Möbel des Jugendhauses herübergeschafft. Ebenso Kicker und Billardtisch.

Der 65 Quadratmeter große Gymnastikraum, der zuvor nur drei Stunden in der Woche für Kurse genutzt wurde, bekommt noch einen Internetanschluss und eine Teeküche. Wobei auch die große Teeküche in der Sporthalle mit genutzt werden kann. Auch ein Lagerraum steht dort zur Verfügung.

Die Entrümpelung des Jugendhauses hatte bereits vor dem Ratsbeschluss begonnen.
Die Entrümpelung des Jugendhauses hatte bereits vor dem Ratsbeschluss begonnen. © Berthold Fehmer

Am Donnerstagmorgen (16.11.) habe auch die Katholische Kirchengemeinde angeboten, dass das St. Silvester Haus für Jugendveranstaltungen genutzt werden könne, sagt Büsken: „Für den offenen Heiligabend vielleicht.“

Büsken kann noch nicht abschätzen, wie lange das Jugendhaus für Flüchtlinge genutzt werden muss. „Vielleicht ein, zwei Jahre.“ Es soll auf jeden Fall aber nur eine temporäre Lösung sein. Dass die Corona-Zeit die Jugendarbeit belastet hat, ist Tesing klar. Er hofft, dass die aktuelle Situation eine Chance für die Neukonzeptionierung der Jugendarbeit und der vermehrten Zusammenarbeit mit dem Jugendhaus Raesfeld ist.

Container-Lösung

Wäre nicht auch eine Container-Lösung möglich gewesen? „Da reden wir im Moment über Lieferzeiten von vier Monaten“, sagt Tesing, der auch ganz deutlich macht: „Am Geld liegt es nicht.“ Ausgeschlossen sei nicht, dass die Gemeinde demnächst auch auf Container angewiesen sein könnte.

Tesing: „Das Schlimmste ist: Es ist kein Ende in Sicht.“ Die Verwaltung sei derzeit in Verhandlungen zu zwei weiteren Immobilien. Doch Tesings Befürchtung ist, dass man, „wenn es so weiter läuft“, demnächst alle zwei, drei Monate über unpopuläre Maßnahmen reden müsse. „Das Thema ist nicht beendet - es geht weiter.“

Auch dieser Lagerraum steht für das Team der Jugendarbeit zur Verfügung.
Auch dieser Lagerraum steht für das Team der Jugendarbeit zur Verfügung. © Berthold Fehmer

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