Erst am Montagabend hatte der Raesfelder Rat gegen die Stimmen der SPD und der UWG beschlossen, das Jugendhaus Erle als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Schon während der Sitzung, die mitunter lautstark geführt wurde, waren kritische Stimmen zu hören. Da schon 18 Personen angekündigt worden sind, die in den nächsten zwei bis drei Wochen in Raesfeld untergebracht werden müssen, entschied sich der Rat für das Jugendhaus als künftige Flüchtlingsunterkunft.
Schnell formierte sich Widerstand. Kurz nach der Ratsentscheidung wurde von Andreas Booms eine Petition gegen die Umfunktionierung des Jugendhauses ins Leben gerufen an der sich bis Donnerstagnachmittag schon 1388 (Stand: 17 Uhr) Bürger und Bürgerinnen beteiligt hatten.

Nicht nur mit ihrer Unterschrift zeigten die Erler ihre Verbundenheit. Dazu nutzen sie den letzten Öffnungstag des Jugendhauses am Donnerstag, Gut 300 Erler waren zu einer stillen Mahnwache erschienen - auch um ihren Unmut über die Entscheidung zum Ausdruck zu bringen. Schließlich verbinden viele Bewohner des Raesfelder Ortsteils persönliche Erinnerungen mit der Begegnungsstätte - sei es als Jugendlicher oder als Eltern.
Mit Kerzen in den Händen drängten sie sich vor dem Eingang bis hin zur Silvesterstraße, wo die Polizei mit mehreren Einsatzfahrzeugen und fünf Einsatzkräften präsent war. Da es sich um einen friedlichen Protest handelte, achteten die Ordnungshüter lediglich darauf, dass die vorbeifahrenden Autos mit moderater Geschwindigkeit am Jugendhaus vorfuhren. „Wir hatten natürlich die Versammlung natürlich beim Ordnungsamt angemeldet“, erklärte Andreas Booms die Polizeipräsenz.
„Von der Politik hintergangen“
Die Verärgerung der Anwesenden brachte Juliane Stock in einer kurzen Ansprache zum Ausdruck: „Wir fühlen uns von der Politik hintergangen“, so die Erler Heilpraktikerin. Vor allem die Art und Weise, wie dieser Beschluss zustande kam, stieß auf harsche Kritik. „Die haben das in der Sitzung als „10c“ getarnt. Hätte mir nicht ein Insider gesagt, dass es sich um das Jugendhaus handelt, hätte ich das gar nicht mitbekommen“, so Juliane Stock.
„Auch die Besucherzahlen, die genannt wurden, stammen aus der Corona-Zeit“, wirft Andreas Booms ein, der aus eigener Erfahrung spricht. „Alternativen haben wir in Erle nicht“, fügt er nochmals hinzu. Der engagierte Vater spricht aus eigenem Erleben, denn er ist in Jugendhaus groß geworden. Und da ist noch etwas, was Andreas Booms mit dem Jugendhaus verbindet. Das verrät allerdings Mitorganisator Marcel Kruse und deutet dabei auf Svenja, die Ehefrau von Andreas Booms: „Die beiden haben sich hier kennengelernt.

Von dem einstigen Wohlfühlhort für Jugendliche war am letzten Öffnungstag allerdings nicht mehr viel übriggeblieben. Bereits vor der Ratssitzung war vor dem Jugendhaus ein Container aufgestellt worden und unmittelbar nach dem Ratsbeschluss hatten Aufräumkommandos bereits Faken geschaffen und vorhandenes Inventar in einen bereitstehenden Abfallcontainer verfrachtet. „Schauen Sie mal rein, was da alles drin ist“, äußerte einer der Organisatoren sein Unverständnis über die radikale Entrümpelung.
„Wichtig ist uns aber noch, dass wir nicht in irgendeine politische Ecke gedrängt werden“, so Juliane Stock. Hier gehe es nur um das Haus als Jugendtreff. Und das bestätigte auch Andreas Booms: „Hinter dem Protest steckten weder Parteien noch Organisationen, sondern nur Erler Bürger.“ „Die Mahnwache soll auch ein Statement sein, dass es so nicht geht“, ergänzt Juliane Stock. Nach gut einer Stunde löste sich die Mahnwache langsam auf, doch noch viele der Anwesenden diskutierten eine ganze Weile vor ihrem liebgewonnenen Jugendhaus.
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