Wie alt die Femeiche in Erle genau ist, bleibt eine Streitfrage für Fachleute. Fest steht: Sie ist der mit Abstand älteste Baum in der Region. Mit drei Geschichtstafeln würdigt der Heimatverein Erle die Historie dieses Orts, auch der Kreis Borken informiert dort. Dabei geht es neben der Femeiche selbst – inzwischen als Nationalerbe-Baum ausgezeichnet – um das benachbarte alte Pastorat von 1790 und um die Femegerichtsbarkeit. Je nach Wetterlage wird Carlo Behler, Schriftführer des Heimatvereins Erle, ab März oder April jeweils am ersten Sonntag im Monat wieder Führungen anbieten, in denen es um die Femeiche und die historische Gerichtsbarkeit geht.
Zwischen fünf und bis zu 20 Teilnehmer seien im Vorjahr dabei gewesen. „Ich habe noch nie alleine da gestanden“, sagt der Erler über die Resonanz. Sehr interessiert seien die Zuhörer, viele hätten Vorkenntnisse. Meist über die Zeitung informiert, kämen auch spontan einige Fahrradtouristen hinzu, die sich den Touren anschließen. Auch Gruppen des Heimatvereins Wulfen und des Verkehrsvereins Dorsten waren schon dabei, so Behler.
Teilweise kämen Besucher aus Nostalgie wieder nach Erle zurück, weil sie schon als Schüler die Eiche besucht haben. In der Rolle des Freigrafen Bernd de Duiker, der nachweislich 1441 einen Mordprozess an der Femeiche geleitet hat, führt Behler seine Gruppen durch die Geschichte.
Ironischer Kommentar
Gefreut hat sich Carlo Behler über den ironischen Kommentar einer Richterin aus Hamburg, die nach einem Besuch der Eiche das mittelalterliche Strafverfahren mit heutigen juristischen Maßstäben bewertet hat. Keine Beweisaufnahme, eine geheime Verhandlung, das sei doch untragbar.
Seit einigen Jahren liegen Gästebücher an der Eiche aus. So weiß der Heimatverein, dass Besucher aus Guatemala und Kolumbien nach Erle gekommen sind. Auch die Geo-Caching-Station werde gut angenommen. Es gebe stets neue Einträge, freut sich Behler.

Zwischen 20 und 30 Minuten dauert die Führung an der Eiche. „Ich erkläre nicht jeden Fall“, sagt Behler. Auch die lange Geschichte des Baums, der nach aktuellen Schätzungen zwischen 800 und 1.100 Jahre alt ist, könne er nur grob skizzieren. Fest steht: Erstmals urkundlich erwähnt wurde dieser im Jahr 1363. Bekannt ist auch, dass die Eiche im Jahr 1750 noch einen relativ kompletten Stamm hatte. Nach und nach drang Wasser ein, Pilze zersetzten das Kernholz und es entstand allmählich eine Höhlung. In dieser sollen 1819 auf Befehl von Wilhelm IV. von Preußen 36 Soldaten Platz gefunden haben.
Auszeichnung wichtiges Signal
Die Auszeichnung des Baums als Nationalerbe im Oktober 2021 wertet der Verein als wichtiges Signal. Auch andere Bäume im Umfeld möchte der Heimatverein würdigen: die Kastanienallee am Eckhornsloh etwa. „Das Areal soll neu gestaltet werden“, sagt Carlo Behler. Dieses von der Gemeinde beabsichtigte Projekt will der Verein abwarten, bevor mit einer weiteren Tafel an die Historie der Allee erinnert werden soll.
Und: Eine Ausstellung über das Naturdenkmal ist im Heimathaus, Silvesterstraße, zu sehen. Es ist eine weitere Station der Führungen. Zudem bietet der Verein Sämlinge der Eiche mit einem Echtheits-Zertifikat an. Die würden gut angenommen, sagt Behler. Auch an der A31 soll mit zwei Hinweistafeln auf den Baum aufmerksam gemacht werden. Nachdem die Autobahn GmbH Anfang des Jahres ihre Zustimmung erteilt hat, geht es jetzt um die Erstellung eines Entwurfs für diese Tafeln.
Tafeln an A 31 sollen auf Femeiche Erle hinweisen: Zwei Standorte sind möglich
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