So hat sich die Steveraue in Olfen entwickelt Eine Erkenntnis sorgt besonders für Freude

Entwicklung der Steveraue: Grünland und Artenvielfalt nehmen zu
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Ein Stück Wildnis lässt sich in Olfen an der Steveraue finden. Seit über zwei Jahrzehnten wird die Natur dort weitestgehend sich selbst überlassen. Im vergangenen Jahr beauftragte die Stadtverwaltung die Überprüfung, wie gut das funktioniert – und zu messen, wie sich das Naturschutzgebiet in den vergangenen 20 Jahren entwickelt hat.

In dieser Zeit hat sich viel getan: Die ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden aufgegeben, dort fanden schließlich Konikpferde, Heckrinder und Poitou-Esel ein neues Zuhause. Mit der „Entfesselung“ der Stever und der Einrichtung eines Umgehungsgewässers an der Füchtelner Mühle vorbei entstand später zusätzlicher Lebensraum, wie sich in der jüngsten Auswertung des beauftragten Planungsbüros zeigt.

Die Ergebnisse präsentierte Geograf Dr. Uwe Koenzen vor dem jüngsten Umweltausschuss. Er attestierte dem Projekt insgesamt eine „gute bis sehr gute Entwicklung einer Kultur-Auenlandschaft“. Die errichtete Mühlen-Umflut sei hervorragend ausgeprägt, sie verfüge über zahlreiche fließgewässertypische Strukturen.

Allerdings merkt der Experte an: „Die Wasserqualität ist gut, aber nicht hervorragend.“ So fehle es an bestimmten wirbellosen Arten, die Zeichen für eine besonders gute Gewässerqualität sind. Beeinflusst werden kann die Qualität von Stoffen, die unter anderem durch die Landwirtschaft über den Boden in die Stever gelangen.

Mehr Wald, Wasser und Tiere

Bei den vorhandenen Wäldern bescheinigen die Verantwortlichen der Steveraue überwiegend Bestände mit hoher bis sehr hoher ökologischer Wertigkeit – besonders wertvoll seien die vorhandenen Altbäume sowie das Totholz. Die Fläche von Wald und Kleingehölzen südlich der Stever sei im Bereich zwischen Füchtelner Mühle und Steverstraße zwischen 2001 und 2022 von etwa 4,8 auf rund 6,2 Hektar angewachsen. Beim Grünland gab es eine Zunahme von etwa 13 auf über 43 Hektar.

Auch die Fläche der Gewässer in der südlichen Aue ist durch die Renaturierung größer geworden. Waren es vor gut 20 Jahren noch circa 6,6 Hektar, sind mittlerweile etwa 10,4 Hektar des Areals mit Wasser bedeckt. Die Experten werteten für die Beurteilung der Strukturen eigens erstellte Luftbilder aus.

Diese Entwicklungen veränderten zudem die Bewohnerschaft messbar: Während der Untersuchung konnten insgesamt 80 verschiedene Vogelarten im Gebiet entdeckt werden. Es seien „Bruthabitate zahlreicher geschützter und gefährdeter Vogelarten“ entstanden. Im Fließgewässer seien Gebirgsstelze, Eisvogel und Teichhuhn als „Leitarten“ beheimatet, im „binnenländischen Feuchtgrünland“ sind Kiebitz und Feldlerche zu finden, in den Auen leben unter anderem Teichrohrsänger, Nachtigall, Neuntöter und Steinkauz.

Gift-Kraut rückläufig

Unter Wasser konnten 17 verschiedene Fischarten ausgemacht werden, positiv dabei sei das Vorkommen von Bitterlingen sowie die Sichtung von Steinbeißer und Quappe – beide Arten sind in NRW als gefährdet eingestuft. Die künstlich errichtete Umflut stellt laut Untersuchung einen bedeutsamen Lebensraum für die Fischfauna dar. Dort wurden sechs zusätzliche Arten entdeckt, die bei der Befischung in der Stever selbst fehlten.

Im Jahr 2009 (l.) dominierte noch das gelb blühende Jakobskreuzkraut, 2022 war der Bestand deutlich zurückgegangen.
Im Jahr 2009 (l.) dominierte noch das gelb blühende Jakobskreuzkraut, 2022 war der Bestand deutlich zurückgegangen. © Planungsbüro Koenzen

Besonders erfreulich für die Mitglieder des Umweltausschusses: War das für Mensch und Tier giftige Jakobs-Kreuzkraut im Jahr 2009 noch dominant in der Steveraue vorhanden, konnte die Untersuchung nun einen stark rückläufigen Bewuchs feststellen. Den Bestand des Krautes in den „wilden Weiden“ definieren die Planer mit gering bis mäßig – zum einen durch die tierische Beweidung, zum anderen durch die im Laufe der Zeit veränderten Bodenverhältnisse, die den Bedürfnissen der Giftpflanze nicht mehr gerecht werden.

Mehrere Empfehlungen

Trotz der allgemein positiven Entwicklung der Steveraue haben die Experten noch mehrere Empfehlungen. Mithilfe neuer Flutrinnen und Blänken, einer Verbreiterung und Vertiefung der vorhandenen Flutrinnen und dem Rückbau von Entwässerungsmaßnahmen könne der Wasserhaushalt des Gebietes weiter verbessert werden. Durch Gewässermodellierung und Einbringen von Totholz in die Stever könne zudem der Strukturreichtum erhöht werden.

Die Heckrinder beeinflussen durch ihre Beweidung die Entwicklung der Steveraue.
Die Heckrinder beeinflussen durch ihre Beweidung die Entwicklung der Steveraue. © Pia Niewind (Archiv)

Die extensive Beweidung mit Pferden und Rindern sollte beibehalten werden, ebenso die vorhandenen Gehölzstrukturen, die weiter entwickelt werden sollten. Lokal sollte die Anpflanzung von Ufer- und Auengehölzen angestrebt werden, eine gezielte Besucherlenkung könnte nach Einschätzung der Planer für eine Verbesserung der großflächigen störungsarmen Bereiche sorgen.

„Da wo wir noch besser werden können, wollen wir auch besser werden“, kündigte Bürgermeister Wilhelm Sendermann an. Wie die Stadt schon jetzt dasteht, soll bald in einer Broschüre für die Öffentlichkeit zusammengefasst werden.

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