Rätselraten über mögliches Aus für das Hotelprojekt Nordkirchen „So geht es nicht weiter“

Steht Hotelprojekt Nordkirchen vor dem Aus? „So geht es nicht weiter“
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Dietmar Bergmanns leidenschaftliches Plädoyer für das Hotelquartier hallte am Donnerstag (31. 8.) im Bürgerhaus Nordkirchen immer noch nach. Doch wer dachte, dass Nordkirchens Bürgermeister daran eine Woche später während der Ratssitzung (1. 9.) anknüpfen würde, hat sich getäuscht. Wie es aussieht, hat das umstrittene Projekt, das die Gemeinde seit mehr als acht Jahren intensiv beschäftigt, eine einschneidende Zäsur erfahren.

Während der Sitzung des Bauausschusses eine Woche zuvor (24. 8.) hatte Bergmann (SPD) an der gleichen Stelle noch wortreich von der „Riesenchance“ für Nordkirchen gesprochen und auf die Ziele hingewiesen, die die Gemeinde dort zu verwirklichen erhofft: Hotel, Oberstufen-Gebäude, Schwimmbad, Service-Wohnungen und medizinisches Zentrum – alles Bauvorhaben, die Nordkirchen deutlich nach vorne bringen würden: unter anderem durch höhere Gewerbesteuereinnahmen und durch höhere Schlüsselzuweisungen in Folge des erhofften Bevölkerungswachstums. Eine Woche später, als der entscheidende Satzungsbeschluss fallen sollte, war der Bürgermeister in Sachen Hotelquartier dagegen wortkarg. Der Tagesordnungspunkt entfalle, sagte er nur ohne eine weitere Erklärung. Das öffnet den Raum für Spekulationen über die Zukunft des Projektes, das zuletzt wachsender Kritik ausgesetzt war.

Warum entfiel der angekündigte Tagesordnungspunkt, der den Fünf-Hektar-Acker am Schlosspark zu dem von Bergmann erhofften Multi-Funktions-Baugebiet machen sollte? „Die Politik hatte noch Gesprächsbedarf“, antwortete am Morgen nach der Abstimmung Gemeindesprecher Karim Laouari ebenfalls einsilbig. Warum? „Es gab eine Vielzahl von Anmerkungen.“ Ob es schon einen neuen Termin für die verschobene Abstimmung gibt? Dazu könne er noch nichts sagen. Und wie kommentiert die Verwaltung die Vermutung, dass das aktuelle Projekt ganz gestorben sein soll? Gar nicht. Eine solche Frage beziehe sich „auf Vertragsverhandlungen mit Dritten in nichtöffentlicher Sitzung“, so Laouari: „Die Politik hat uns noch nicht legitimiert, über die Ergebnisse dieser Gespräche öffentlich zu berichten.“

Vertrauliche Gespräche

In vertraulichen Gesprächen bestätigen Mitglieder unterschiedlicher Fraktionen durchaus: Das Projekt in der bestehenden Form und mit den aktuellen Beteiligten werde tatsächlich nicht fortgeführt. Die Gemeindeverwaltung versuche jetzt selbst, Eigentümerin des Grundstücks zu werden, das die von Hamburger Projektentwicklern gegründeten Am Gorbach Grundbesitz und Immobilien GmbH von der Arenberg Meppen GmbH gekauft hatte. Dabei könnte ihr die erst in diesem Jahr bekanntgewordene Genussscheinvereinbarung helfen.

Um nicht den Zugriff auf die Fläche unweit des historischen Schloßparks zu verlieren, hatte die Gemeinde die Genussscheinvereinbarung über vier Millionen Euro abgeschlossen: eine Summe, die sich laut Dietmar Bergmann am Wert des Grundstücks bemessen habe. Damals gingen die Vertragspartner noch davon aus, dass eine Realisierung des bereits bis ins Detail durchgeplante Projekt unmittelbar bevorstehe. Neben 120-Zimmer-Hotel, Schwimmbad und Schule ging es zu diesem Zeitpunkt noch um den Bau einer großen Fortbildungsakademie des Landes NRW für 260 Gäste. Diese Pläne wurden Makulatur, als sich das Land Anfang 2022 überraschend aus dem Projekt zurückzog. Die Vereinbarung über den Genussschein blieb aber bestehen und wurde von Mal zu Mal verlängert: ein Automatismus, gegen den sich zuletzt die CDU/FDP-Fraktion gewandt hatte.

Bürgermeister Dietmar Bergmann hat sich zu den Hintergründen für die Absetzung des Tagesordnungspunktes am Freitag nicht geäußert. Auch nicht über die Zukunft der Genussscheinvereinbarung.
Bürgermeister Dietmar Bergmann hat sich zu den Hintergründen für die Absetzung des Tagesordnungspunktes am Freitag nicht geäußert. Auch nicht über die Zukunft der Genussscheinvereinbarung. © Arndt Brede (Archiv)

Suche nach Schul-Grundstück

Sie hatte gefordert, „nicht ohne neue und ohne weitere Bedingungen“ zu verlängern: ein Thema, das in der Haupt- und Finanzausschusssitzung (29.8.) diskutiert werden sollte - im nichtöffentlichen Teil, weil es um Vertragsangelegenheiten ging. Offenbar wurden da die Weichen gestellt. Offiziell bestätigt hat die Gemeinde das aber nicht. „Zur Genussscheinvereinbarung können wir erst ab Montag ein Statement abgeben“, so der Gemeindesprecher.

Ob und wie schnell die Gemeinde tatsächlich Eigentümerin des Grundstücks wird, ist offen. Dass es vermutlich nicht schnell genug sein wird, um dort den dringend benötigten Schulbau für die Oberstufe zu errichten, erscheint wahrscheinlich. Darauf wies auch ein Tagesordnungspunkt der Ratssitzung hin, der zwar nur ganz kurz war, aber dennoch aufschlussreich, denn die Haltung der Verwaltung dazu hatte sich innerhalb einer Woche deutlich verändert: die von der CDU/FDP-Fraktion beauftragte Suche nach alternativen Standorten für den Schulbau. Im Bauausschuss hatte sich Josef Klaas von der Bauverwaltung eindeutig positioniert: „Wir wollen nicht abrücken vom Hotelquartier, das ist der beste Standort.“ Im Rat sagte Bürgermeister Dietmar Bergmann hingegen. „Wir kümmern uns“ - ohne Wenn und Aber. Markus Pieper (CDU) unterstrich, dass es gelte, „jetzt zeitnah Fleisch daran zu kriegen“.

In den vorangegangenen Sitzungen hatten alle Fraktionen deutlich gemacht, dass der Bau der Oberstufe für sie Priorität habe. Ob die Gemeinde dabei weiter auf ein Investorenmodell setzt - ein privates Unternehmen plant, baut und vermietet nach Fertigstellung an die öffentliche Hand -, ist offen. Wie wahrscheinlich es ist, dass Nordkirchen nach der Schließung des Hallenbades 2015 in absehbarer Zeit ein neues Schwimmbad bekommt, lässt sich zurzeit nicht sagen.

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