Es ist eines der Themen, die nicht nur auf bundespolitischer Ebene aktuell am meisten polarisieren: Migration. So bezeichnete Jens Spahn (CDU) die Grünen kürzlich sogar als „Migrationsleugner“, weil man mit ihnen nicht über die Folgen von Zuwanderung diskutieren könne. Dass es nicht ganz unmöglich ist, zeigte unsere Wahlarena mit den Direktkandidaten für den Wahlkreis Coesfeld - Steinfurt II am Dienstagabend (21. Januar).
Mit dabei waren neben Johannes Waldmann (SPD), Sebastian Loest (FDP) und Sonja Crämer-Gembalczyk (Linke) auch Marc Henrichmann (CDU) und Hanna Hüwe (Grüne). Und die sprachen tatsächlich miteinander - in freundlichem Ton -, fanden aber auch deutliche und kritische Worte.
Ein wesentliches Problem ist aus der Sicht des CDU-Politikers die Fachkräftemigration: „Menschen, die wir dringend brauchen, die als Fachkräfte unseren Arbeitsmarkt unterstützen - da läuft im Moment gar nichts. Botschaftsverfahren dauern ewig, obwohl die formellen Voraussetzungen vorliegen. Da sind alle Strukturen auf verschiedenen Ebenen komplett überlastet.“
Das ziehe sich bis in die Kommunen. „Einige haben Turnhallen belegt und kaufen jede freie Wohnung oder Immobilie an, weil sie helfen wollten. Und die Integrationsfrage stellt sich nach wie vor. Wir müssen den Kommunen, dem Integrationsdienst, dem Ehrenamt, eine Atempause verschaffen. Sonst fliegt uns das um die Ohren. Deswegen sollten wir darüber nachdenken, ob wir die Verfahren komplett neu aufstellen“, so Henrichmann.
Steinige Wege auf dem Arbeitsmarkt
Der Blick von Hanna Hüwe ist vor allem auf den Arbeitsmarkt gerichtet und - zumindest indirekt - auf Vorurteile: „Wenn wir uns anschauen, wer von den Menschen, die 2015 hierhergekommen sind, heute arbeitet, dann sind das 86 Prozent der Männer. Diejenigen, die heute im Asylverfahren sind, haben aber gar keine Chance zu arbeiten. Sie dürfen es nicht. Und gleichzeitig müssen sie sich erst integrieren. Sie müssen die deutsche Kultur kennenlernen, sie müssen die deutsche Sprache lernen. Und wenn sie das dann geschafft haben, müssen sie oft noch dafür kämpfen, dass ihre Abschlüsse überhaupt anerkannt werden. Da müssen wir definitiv mit nachbessern.“
Johannes Waldmann stellt ebenfalls den Bezug zum Arbeitsmarkt her. „Wir haben einen Arbeitskräftemangel in Deutschland und wir müssen uns im Grunde jedes Jahr darum bemühen, Menschen dafür zu begeistern, nach Deutschland zu kommen, hier zu arbeiten und ihr Leben zu bestreiten. Aber wir müssen da schon aufpassen, welches Bild Deutschland in der Welt abgibt. Das sollte aus meiner Sicht ein freundliches sein“, sagt der SPD-Kandidat.
Wenn Waldmann über das Asylrecht spricht, dann klingt das allerdings in erster Linie bestimmt und weniger freundlich: „Nicht jeder Mensch hat das Recht auf Asyl in Deutschland. Wenn wir das Individualrecht auf Asyl verteidigen wollen - also für Menschen, die vor Krieg fliehen, vor Verfolgung -, dann müssen wir unterscheiden zwischen denjenigen, auf die diese Gründe zutreffen und denjenigen, die eben andere Gründe haben, warum sie nach Deutschland möchten. Ansonsten ist es irgendwann nicht mehr leistbar.“ Man müsse zudem deutlich machen: „Wer nicht asylberechtigt ist, der braucht gar nicht erst über diesen Weg versuchen, nach Deutschland zu kommen.“

Worte, bei denen Sonja Crämer-Gembalczyk zusammenzuckt. „Ich kriege gerade einen Herzkasper, weil ich nicht möchte, dass Menschen in nützlich und unnütz für unsere Gesellschaft unterteilt werden. Jeder Mensch hat das Recht, bei uns zu leben und das Recht auf Asyl. Das Problem sind ja nicht die ausländischen Mitbürger, die zu uns kommen. Das Problem ist die soziale Ungleichheit in unserem Land und auf der Welt. Wir sollten lieber die Asylgründe bekämpfen“, so die Kandidatin der Linken.
Um die Integration zu erleichtern, hat Crämer-Gembalczyk ein simples Rezept. „Wir sollten es den Menschen ermöglichen, schneller bei uns arbeiten zu dürfen. Wenn möglich schon am ersten Tag. Warum denn nicht?“